Der Fluch Des Bierzauberers
reisten, nach dem Mörder Ausschau zu halten. Ab und zu wurde in Bitburg bei seiner Tochter nachgefragt, ob er sich gemeldet hätte. Man wollte nur nicht den Verdacht erwecken, dass man Bescheid wusste. Sonst würde der schlaue, wenngleich alte Fuchs schnell wieder verschwinden. Und diesmal sicher alle Spuren verwischen.
8.
Der Gesuchte erlebte in Weferlingen einige ruhige, weitgehend ereignislose Jahre. Wohltuend ereignislos. Gelegentliche Familienfeste im Weferlinger Schloss waren die Höhepunkte des Geschehens. Der Kurfürst von Brandenburg hatte dem Prinzen von Homburg mittlerweile für Weferlingen die Stadtrechte zugesichert. Das förderte den Zuzug von Kolonialisten. Das Amt Weferlingen florierte, ebenso die Brauerei.
Der große Erfolg der Brauerei führte Knoll zu immer neuen Überlegungen. Wenngleich Ulrich die Verantwortung für die Bierproduktion zufiel, war sein Vater immer die treibende Kraft hinter allen Neuerungen im Braubetrieb gewesen. Ulrich fehlte sowohl die Neugier als auch das Talent, sich artfremde Erfindungen in der Praxis der Brauerei vorzustellen. Nach der Zeit des Krieges schien nun für Knoll eine Zeit der Wunder anzubrechen. In den mittlerweile überall publizierten Flugschriften las man von Neuerungen, die zu fantastisch waren, um sie zu glauben. Ein Niederländer namens Baker hatte angeblich eine Schiffshebemaschine erfunden. Der dänische Mathematiker Walgenstein eine Vorrichtung namens ›Laterna Magica‹, mit der man die unglaublichsten Dinge an die Wand projizieren konnte, und die sofort von den Jesuiten für ihre Theaterinszenierungen eingesetzt worden, mittlerweile aber auch für Normalsterbliche erschwinglich war. Aber all das brachte keinen Fortschritt ins Brauhaus, und so grübelte Knoll weiter.
Seit Ulrich ihm vom bayerischen Bier, dem Sommerbier, erzählt hatte, nagte dieser Gedanke an ihm. Hätte er nur in Weferlingen so einen Stollen wie einst in Magdeburg. Jetzt besaß er die Rohstoffe dazu, ebenso das passende Rezept, um ein prächtiges Sommerbier zu brauen. Er sprach beim Prinzen vor, erklärte seine Ideen und rannte damit offene Türen ein.
»Ein wunderbarer Gedanke, mein lieber Knoll!«, konnte Friedrich seine Begeisterung nicht verhehlen. »Ich lasse mir einen Geometer kommen. Der soll Vorschläge machen, wie wir hier einen Eiskeller oder einen Stollen errichten können.«
Knoll, zufrieden mit der Zustimmung, wartete ab.
Aber auch der hessische Landgraf war immer wieder für eine Überraschung gut, obwohl sich die Experimente mit der Alchemie nicht als Erfolg erwiesen hatten. Auf Jahrmärkten wurde neuerdings eine eigenartige Substanz vorgeführt, die im Dunkeln leuchtete. Prinz Friedrich kaufte dem Vorführer Daniel Kraft, der behauptete, das Patent dafür zu besitzen, einige Unzen ab und führte den Effekt zuerst Knoll, dann seinen anderen Gästen vor. Dazu erzählte er die Geschichte des Hamburger Kaufmanns Hennig Brand, der dieses Zeug, welches Phosphor genannt wurde, auf ungewöhnliche Art und Weise entdeckt, seine scheinbar nutzlose Entdeckung aber frustriert an Kraft verkauft hatte.
»Das kommt davon, wenn man versucht, aus Pisse Gold zu machen«, rief der Prinz launig seinen Gästen zu, wobei er die Lacher auf seiner Seite hatte. »In meinem Urin steckt jedenfalls keine Urmaterie.«
Urplötzlich jedoch wurden alle Pläne des Prinzen – und auch Knolls – über den Haufen geworfen: Margarethe Brahe starb. Acht Jahre lang hatten sie eine überraschend glückliche, wenngleich kinderlose Ehe geführt; die Weferlinger Prinzessin war beliebt gewesen und stets mit Respekt behandelt worden. Der mittlerweile sechsunddreißigjährige Witwer war nun Universalerbe eines riesigen Vermögens. Margarethe wurde mit allem Prunk in Homburg auf der Höhe beigesetzt, das war der Prinz seiner geliebten Gattin schuldig.
Und als wäre mit dem Tod der reichen Schwedin ein Lebensabschnitt zu Ende gegangen, wurde nun alles anders. Im Oktober 1670 heiratete Friedrich erneut. Diesmal eine preußische Prinzessin. Luise Elisabeth war die Tochter des Herzogs von Kurland und mit dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm verwandt. Mitgift und Aussteuer waren wieder recht üppig und entsprachen dem hohen Stand der Braut. Nur zu einem Wechsel der Konfession konnte ihr Bräutigam sie nicht bewegen. Also wechselte er kurzerhand vom lutherischen zum reformierten Bekenntnis. Zudem überschrieb er seiner
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