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Der Fluch Des Bierzauberers

Der Fluch Des Bierzauberers

Titel: Der Fluch Des Bierzauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Thoemmes
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Heilsbringer.

     
    Am vierten Tag band man sie auf die Folterbank. Nun wurde Magdalenas Stärke auf das Äußerste gefordert. Die nächsten drei Tage wurden die längsten und schmerzhaftesten ihres nicht eben entbehrungsarmen Lebens. Trotzdem blieb sie standhaft und trieb Jakobus und seinen Adlatus zur Verzweiflung.

    Am Ende dieser drei Tage konstatierten diese voller Enttäuschung: »Sie ist eine Hexe, die, obgleich mager und zart gebaut, die Folter bestanden hat, ohne sich schuldig zu bekennen oder zu sterben.«

    Niemand hätte das für möglich gehalten. Tatsächlich hatte Magdalena die Qualen nur überstanden, weil ihre Gedanken sich fortwährend um ihre Familie gedreht hatten. Mit dem Schweiß der Todesangst im wächsernen Gesicht hatte sie an Cord Heinrich gedacht, an ihre Tochter Lisbeth, die sie beide liebte wie sonst nichts auf der Welt. Auch ihres Stiefsohns Ulrich, der jetzt irgendwo im zerstörten Land unterwegs war, hatte sie in ungewohnter Zärtlichkeit gedacht. Während ihr die spanischen Stiefel die Füße einquetschten und deformierten, während die Daumenschrauben erbarmungslos den Druck erhöhten, hatte sie auf die Zähne gebissen und sich einen schönen Sommertag vorgestellt, einen Tag, an dem sie draußen mit ihrer Familie im Hof saß. Während ihr vor Schmerz die Tränen die Wangen hinunterliefen, hatte sie sich an die guten Tage erinnert, an denen sie Nüsse, Äpfel und Pflaumen geerntet hatten oder den reifen Hopfen. Kein Wort eines Bekenntnisses, nicht das kleinste Schuldeingeständnis kam über ihre Lippen. Die Hoffnung, ihre Familie wiederzusehen, ließ sie über sich hinauswachsen.

    Irgendwann ließen ihre Peiniger von ihr ab. Sie wurde von allen Vorwürfen freigesprochen und blieb noch eine weitere Woche in der Hospizstation der Jesuiten, um die schlimmsten Verletzungen zu kurieren. Man nahm ihr den Eid ›De non vindicando carcere‹ ab, auf dass sie sich wegen der im Kerker erlittenen Drangsal nicht rächen wolle, und entließ sie in die Freiheit.

     
    Ein ähnlich unbequemer Karren, der sie schon nach Trier gebracht hatte, führte sie zurück nach Bitburg. Diesmal war nur der junge Mönch als Aufpasser dabei, der, wie sie mittlerweile wusste, Bruder Martin hieß. Magdalena hockte stumm auf der unbequemen Sitzbank, ihrem Elend überlassen, die Augen geschlossen.

    Bruder Martin, ein kleiner, kräftiger Mann mit frischer Tonsur, unterstrich seine jugendliche Begeisterung für die Ideen seiner Oberen mit hämischen, provozierenden Spitzen gegen seine Begleiterin. Jakobus hatte angeordnet, die Frau, die er immer noch für eine Hexe hielt, vor dem Stadttor aussteigen zu lassen.

    Zuerst hielten die Stadtwachen die ihnen eigentlich wohlbekannte Hopfengärtnerin für eine hungernde Bettlerin, genauso wie Knoll seine Frau auf den ersten Blick nicht wiedererkannte, nachdem er sie schließlich, zusammengekauert, in einer Ecke ihres Gartens gefunden hatte. Sie hatte in der Haft krumme, deformierte Glieder bekommen sowie die letzten Zähne verloren. Die Augen lagen tief in ihren Höhlen, die gelbe Haut spannte sich wie altes, rissiges Pergament über die Wangen und über ihrem Gesicht lag ein aschfarbener Schleier vorzeitigen Alterns. Nun, da sie unter Folter bewiesen hatte, dass sie keine Hexe war, glich sie dem typischen Bild einer Hexe. Aber, was am Schlimmsten war, neben ihrem guten Aussehen hatte sie ihren Lebensmut verloren. Ihre Gestalt erregte nicht nur Argwohn, sondern forderte nun Beschimpfungen geradezu heraus. Vergessen war die Achtung, die ihr die Bitburger für ihre Leistung entgegengebracht hatten, die Hopfengärten wieder aufzubauen. Vergessen das Mitleid und die Hilfe, die die Familie Knoll nach ihrer elenden Ankunft dort erhalten hatten. Jetzt war sie nichts als eine alte Vettel, die von den Kindern auf der Straße ausgelacht und als Vogelscheuche beschimpft wurde. So verbrachte sie die Tage im Haus, vernachlässigte ihren Garten wie auch den Haushalt. Stopfte sich ab und zu eine Pfeife und setzte sich dazu in einen stillen Winkel des Hofes, wo sie sich unbeobachtet glaubte. Knoll sah ihr Elend und versuchte immer aufs Neue, sie aufzuheitern oder wieder ins Leben zurückzuholen. Magdalena ließ diese Versuche stoisch über sich ergehen, änderte sich aber nicht. Mit der Folter war ihr Innerstes zerbrochen. Nicht nur ihr Glaube an Gott, sondern an das Gute im Menschen und das Leben im Allgemeinen war unter den Händen der jesuitischen Folterknechte dahingegangen.

    Wenn Knoll

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