Der Fluch Des Bierzauberers
alle Gerichtskosten übernehmen musste. Es wurde sogar erneute Haft angedroht, sollte Knoll sich weigern zu zahlen.
So reiste Knoll im Herbst häufig erneut zwischen Bitburg und Mechelen hin und her, um den Großen Rat für sich zu gewinnen. Er klagte gegen das Vorgehen des Propstes in Bitburg, über die Verleumdungen und warf diesem Amtsmissbrauch vor.
Er besuchte von der Horst in dessen Kanzlei in der Bitburger Propstei, schaute ihm in die Augen und brüllte ihn wutentbrannt an: »Ihr seid intriganter als ein Jesuit und grausamer als ein Türke!«
Höhnisches Gelächter war die Antwort sowie die überraschende Offenbarung: »Ihr seid allein im Kampf. Sogar der Stadtrichter von Esch hat Euch verlassen und sich auf meine Seite geschlagen.«
»Schweigt, Ihr Lügenmaul von Hamm! Ihr seid nichts als eine bösartige Tarantel und führt Gift in jedem Wort, das Ihr hinausspuckt.«
Dennoch, das Misstrauen war gesät. Und wuchs mit jedem Tag. Knoll war rat- und fassungslos. Sollte einer der Männer, die er für seine Freunde hielt, tatsächlich ein verräterischer Judas sein? Wie auch immer, bald musste er sich eingestehen, dass man in Mechelen auf der Seite des Propstes stand. Woche um Woche zog sich in Ungewissheit hin. Dann wurde das endgültige, demütigende Urteil verkündet: Cord Heinrich Knoll musste in Unterwäsche, barfuß und ohne Kopfbedeckung, vor dem Gericht, dem Großen Rat, erscheinen, auf dessen Bank diesmal auch ein triumphierend grinsender Lothar von der Horst saß. Der Brauer musste sich niederknien, mit einer brennenden Kerze in der Hand, und lauthals erklären, er habe dem Propst zu Bitburg unrecht getan. Dazu vor Gott und den Erzherzögen um Gnade bitten. Danach wurde er vor ein Schafott beim Schöffenhaus geführt, wo er diese Erklärung noch einmal kundtun musste. Zum Schluss hatte er seine Klageschrift gegen Lothar von der Horst eigenhändig und öffentlich zu zerreißen.
Das Verfahren war beendet, Knolls Leben gerettet. Nach dieser öffentlichen Demütigung jedoch war auch Knoll ein gebrochener Mann. Zum Kummer und der Melancholie, die ihn seit Magdalenas Tod plagten, kam diese Niederlage hinzu und machte sein Elend vollkommen.
23.
Knoll fühlte sich allein . Aber nicht so wie in früheren Tagen, als er allein im Brauhaus getüftelt und gegrübelt und an neuen Rezepturen oder Verbesserungen der Technik gefeilt hatte. Nun beherrschte ihn eine kalte, wilde Einsamkeit, aus der er im Moment nicht herausfand – und herausfinden wollte. Er zog zurück nach Bitburg, verkaufte den Hopfengarten in Holsthum an Flügel und zog sich Stück für Stück aus dem öffentlichen Leben zurück. Am liebsten saß er im Brauhaus und wenn er überhaupt Gesellschaft suchte, dann diskutierte er mit Flügel, der neben Oetz der einzige ihm verbliebene Freund war. Immer wieder kamen sie ernüchtert auf die Feststellung zurück, dass sie keine Möglichkeiten hatten, das Übel in ihrem Leben wirklich zu bekämpfen. Nur Schimpfen und Fluchen konnten sie in ihrer Hilflosigkeit. Und das war wenig genug …
Mit dem ehemaligen Stadtrichter teilte er so auch die Mischung aus berechtigtem Misstrauen und bitterbösem Spott, den sie kübelweise über den amtierenden Bürgermeister ausgossen. Ein einziges Mal traf er von Esch auf der Straße, stellte ihn zur Rede und warf ihm seine Treulosigkeit vor.
Der Bürgermeister hob entschuldigend die Hände und sagte nur lakonisch: »Was soll’s? Mir ist der Rock näher als die Hose und auf einen Krieg mit unserem Propst kann und will ich mich nicht einlassen.«
Knoll brüllte ihn an, beschimpfte ihn als meineidigen Judas und ballte die Hände vor Zorn, während er ihn verfluchte. Die Verachtung des Brauers auf Lebenszeit war von Esch sicher.
Dann begann er, als Maßnahme gegen die Einsamkeit, aber auch, um den Geist der toten Magdalena zu vertreiben, sich geradezu rührend um seine Tochter, die schüchterne, scheue Lisbeth Magdalena zu kümmern, die bis dahin fast mehr Zeit bei Flügels als in seinem Haus zugebracht hatte. Immer noch trauerte sie den beiden Brauergesellen auf Wanderschaft nach und hatte jeden der wenigen Briefe, die die beiden geschrieben hatten, sorgfältig aufbewahrt. Eines schönen Tages würden sie zurückkehren, dann würde sie Johann Flügel ihre Liebe gestehen und ihn hoffentlich heiraten dürfen. All dies und mehr erzählte sie in der Folgezeit ihrem bis dahin völlig ahnungslosen Vater, der erst jetzt, da Lisbeth dabei war, zu
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