Der Fluch Des Bierzauberers
Dieser jedoch reagierte beinahe freundlich und ließ sie zum Tor hinein. Vom Hof aus, dessen Mitte ein prächtiger Springbrunnen zierte, sahen sie eine Kapelle, ein Badehaus, Stallungen und auch das Brauhaus. Sie grinsten sich zu. Der Soldat führte sie in einen prächtigen, vollkommen quadratischen Rittersaal, dessen Wände mit bunten Wandfresken bemalt waren, die das Kriegshandwerk thematisierten. Dicke, türkische, aber bereits angestaubte und von Mäusen angenagte Teppiche lagen auf den steinernen Fußböden, von den Decken hingen glänzende Lüster. Die Wappen der Vorbesitzer, der Puchbergs und der Schwarzenbergs, waren als Stuckatur in die Wände eingearbeitet. Ansonsten war von Schmuck, Gold und Silber nichts mehr zu sehen. An einigen Stellen blätterte der Putz bereits von der Decke. Und auch sonst wirkte alles etwas vernachlässigt. Das Schloss war vom letzten Besitzer, Wolf Jakob von Schwarzenberg, so lange herunter gewirtschaftet worden, bis er sich Anfang des Jahrhunderts gezwungen gesehen hatte, die gesamte Herrschaft Winzer an den bayerischen Herzog zu verkaufen. Nun wohnte der landesfürstliche Pfleger hier, der sich wenig um Prunk und Glanz scherte. Sein Name war Baron von Schönhub und er war ein missmutiger, mürrischer Mann, dessen Erscheinung genauso angestaubt wirkte wie der Rest des Schlosses.
Zuerst schickte er den Soldaten zurück zum Tor. »Was schert mich das Brauhaus?«, murrte er anschließend die beiden Brauer an. »Ich kümmere mich um die Gärten des Schlosses, für den Weißbräu und Volk wie euch sind andere zuständig.«
»Aber Herr Baron, dort im Brauhaus ist aber niemand«, zeigte Ulrich dem Pfleger, und machte ihm klar, dass sie dort bereits nach dem Braumeister gesucht hatten.
»Ihr Dummköpfe, seht ihr nicht, dass dieses Brauhaus längst außer Betrieb ist. Und zwar seit über vierzig Jahren!«
Die Brauergesellen tauschten verwunderte Blicke aus.
»Schaut, da unten, am Fuß des Schlossbergs, da ist alles zu finden, was ihr benötigt. Fragt entweder im Amtmannhaus nach dem Thomas Wasmair, der ist Bräugegenschreiber, oder im Brauhaus selbst und sucht den Bräuverwalter Edelweckh.« Fast spie er die Namen aus, und Johann wie Ulrich sollten schnell erfahren, dass alle drei einander in herzlichster Abneigung zugetan waren. »Und jetzt lasst mir meine Ruhe! Oder geht am besten ganz fort. Wir brauchen hier keine Bierbrauer von auswärts.«
Der Baron drehte sich um und ließ sie grußlos stehen. Sie gingen wieder den Schlossberg hinunter. Am Fuß des Hügels waren vier Gebäude, die so neu aussahen, als wären sie eben erst der Anlage hinzugefügt worden. Dass dies zutraf, bestätigte ihnen der Bräuverwalter, der bei ihrer Ankunft inmitten des kleinen, neuen Sudhauses stand, in dem noch der köstliche Duft soeben gekochter Bierwürze hing. Im derbsten bayerischen Dialekt gab er Kommandos. Nur sahen die beiden niemanden, dem diese Zurufe galten, bis ein hochroter, verschwitzter Kopf aus dem Sudkessel auftauchte.
»Ist’s sauber, Georg?«, rief der Braumeister dem Kopf zu. Der nickte ergeben. »Dann gehst Brotzeit machen.«
Der kleine, stämmige Mann in den Mittvierzigern, der dunkelbraune Lederhosen trug und sich eine viel zu große Lederschürze um seinen Bierbauch gebunden hatte, stellte sich als Georg Adam Edelweckh zu Schönau vor. Er wirkte resolut, aber durchaus nicht ungemütlich. »Sagts halt Edi zu mir, oder Schorsch.« Die tägliche Ration guten Weizenbiers hatte seine Backen gerötet und seine dicke Nase tiefrot geädert. »Was führt euch hierher nach Winzer?«
Ulrich erzählte von ihrer Wanderschaft und dass sie als Brauergesellen das Weißbier brauen lernen wollten.
»Zuerst einmal heißt das bei uns nicht Geselle, sondern Brauknecht. Und zweitens könnte ich ein paar tüchtige Brauknechte gut gebrauchen. Der Tölpel Georg Scharrer, den ihr hier gerade kurz gesehen habt, der ist zum Studium hier aus dem Brauhaus Mattighofen. Und der ist so blöd, der kann noch nicht mal den bemessenen Hopfen allein in den Kessel werfen.«
Ulrich und Johann nickten verständnisvoll.
Edi, oder Schorsch, packte die Gelegenheit beim Schopf, einmal Dampf abzulassen und fuhr fort: »Weil wir, was die Größe und Güte der herzoglichen Weißbräuhäuser angeht, im oberen Drittel liegen, schicken sie uns oft Brauknechte aus anderen Häusern. Von den schlechteren wie Vilshofen, Cham, Furth, Zwiesel oder«, er wies unbestimmt in Richtung Scharrer, »Mattighofen, schicken
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