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Der Fluch Des Bierzauberers

Der Fluch Des Bierzauberers

Titel: Der Fluch Des Bierzauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Thoemmes
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mit einem Rosenkranz. Der Priester versprengte Weihwasser über die Leiche. Um ganz sicherzugehen, wurden Arme und Beine zusätzlich mit Steinen beschwert. Dann wurde der Sarg nicht in Ost-West-Richtung, sondern andersherum, in den Boden eingelassen. Und Erde darauf gehäuft.

    »Nun müssen wir uns nicht mehr vor dem Schmatzen der Toten fürchten.«

    Ruhe kehrte ein in der Menge, die sich bald darauf verstreute. Der Wind flaute ab, durch den mittlerweile aufgezogenen Nebel schimmerte ein feuchtes, trübes Mondlicht. Es war inzwischen kurz vor Mitternacht. Ulrich kehrte zurück in die Vorburg, fand aber keinen Schlaf. Er war beileibe kein Hasenfuß, aber eine unbändige Furcht hielt sein Gemüt umklammert.

    Furcht vor Vampiren.

    Furcht vor den Menschen, die Angst vor Vampiren hatten.

    Furcht vor dem, was hier noch alles geschehen könnte in Böhmisch-Steinisch.

    In den Briefen, die er in den nächsten Wochen an Sophia, aber auch an seinen Vater schrieb, konnte er seine Ängste ein wenig abladen. Dennoch, am Ende der Brausaison, im April 1649, bat er seinen neuen Herrn, den Sohn Theodoras, Johann Nepomuk Thaddäus Fürst zu Silberstein, um seine Entlassung aus dessen Diensten.

    Er wollte den Teil des Reiches sehen, aus dem sein Vater einst im Krieg geflüchtet war.  

     

     

     

     

7.
    Zwei ganze Monate nahm Ulrich sich Zeit für die rund fünfhundert Kilometer von Böhmen nach Magdeburg. Den ganzen Weg über freute er sich, obwohl er nicht genau wusste, was ihn dort erwarten würde. Seit der Zerstörung hatte er nichts mehr von seiner Heimatstadt gehört, und die lag mittlerweile achtzehn Jahre zurück. Sicher war alles wieder aufgebaut, repariert und erneut besiedelt worden. Schließlich war Magdeburg eine bedeutende Stadt gewesen. Vielleicht gab es sogar wieder ein Brauhaus, vielleicht sogar in ihrem ehemaligen Haus? Er selbst hatte keinerlei Erinnerung mehr an das Brauhaus in der Krockentorgasse, nur mehr ein diffuses Gefühl des Elends stellte sich ein, wenn er an die Jahre ihrer Flucht dachte. In Bitburg hatte ihr Vater Magdeburg so gut wie nie angesprochen, aber wenn er seine Heimatstadt doch einmal erwähnte, leuchteten seine großen, gütigen Augen.

    An den zunehmenden Schwierigkeiten, sich etwas zu essen zu beschaffen, merkte er, dass er sich aus dem wohlhabenderen Böhmen entfernt hatte und sich wieder in einer Region befand, die weit mehr unter den Folgen des Krieges zu leiden hatte. Dennoch, er war genügsam, hatte seine Spargroschen gut versteckt dabei und musste keinen Hunger leiden, notfalls stibitzte er bisweilen ein Huhn oder ein Karnickel. Er schloss sich, wann immer möglich, anderen Reisenden an und erreichte so Thüringen. Im kleinen Ort Lichtenhain, in der Nähe von Jena, trank er zum ersten Mal, seit er Steinisch verlassen hatte, wieder ein Bier, das diesen Namen auch verdiente. Die kleine Brauerei gehörte aber leider der Kirche, hatte einen guten, erfahrenen Braumeister und deshalb gab es hier keine Arbeit für ihn.

    Lichtenhain war jedoch anderweitig weithin berühmt: Es gab eine eigene Zunft, die ›Kännchenmacher, die, zumindest nach Ulrichs Meinung, die schönsten Bierkrüge herstellten, die er je gesehen hatte. Und das aus Holz. Er ließ sich, während er sich drei Tage in Lichtenhain ausruhte, einen wundervollen, zwei Köpfln fassenden Krug aus Zwetschgenbaum- und Ahornholz mit seinem eingravierten Namen und seiner Berufsbezeichnung anfertigen. Stolz ließ er sich ab da in jeder Schenke, die er betrat, seinen eigenen Krug füllen.

    Als er in Zerbst eintraf, wusste er, dass es nur noch etwa vierzig Kilometer bis Magdeburg waren. Die Lektionen seines Vaters über die berühmten Biere, darunter auch das Zerbster, hatte er nicht vergessen, und so war er gespannt, ob er unter Umständen bereits hier Arbeit finden könnte. Die Enttäuschung war indes groß. Es gab nicht nur kein Bitterbier, nein, die ganze Bierbrauerei in der alten Braustadt lag brach. Und wie sehr die Stadt unter dem langen Krieg gelitten hatte, konnte man nach wie vor überall erkennen. Im Jahr 1626 hatte Ernst von Mansfeld mit seinen Truppen die bereits durch eine Pestwelle dezimierte Stadt erstürmt, im gleichen Jahr jedoch war er von Wallenstein wieder zum Tor hinausgeprügelt worden. Zwei weitere Pestepidemien während des Krieges hatten dann noch über zweitausendfünfhundert Todesopfer gefordert.

    In der beinahe menschenleeren Stadt begegnete man seinen Fragen nach Bier oder einem Brauhaus mit Hohn.

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