Der Fluch Des Bierzauberers
einem kleinen Paket wiedergekommen.
Als er die schmutzigen, Staub bedeckten Ölbilder seiner Ahnen ausgerollt hatte, hatte ein verklärtes Lächeln Cords Gesicht erhellt. Er war aufgestanden, hatte seinen Sohn gedrückt, so fest er konnte und gemurmelt: ›Danke. Ich wusste, dass du ein guter Junge bist.‹
Danach hatte es kein Halten mehr gegeben, was das Trinken anging. Die Tatsache, dass jeder von ihnen einen Mord auf dem Gewissen hatte, war von beiden unerwähnt geblieben.
Sichtlich angeschlagen, ein kühlendes, feuchtes Tuch auf dem Kopf, aber voller Stolz, führte Ulrich nun am Morgen seinen Vater, der das Gelage des Vorabends besser überstanden hatte als der Sohn, durch die am Vortag nicht fertig gereinigte Brauerei. Diese bestand aus Malzhaus und Brauhaus. Das Malzhaus war einfach gehalten und besaß zwei große Malzböden nebst einem Darr-Rost und einer Darre. Im Brauhaus stand, wie fast überall, eine kupferne Sudpfanne auf einem eisernen Gestell, in dem sich der Ofen befand. Darum zog sich eine halbhohe, gemauerte Ziegelwand, damit der Brauer so nah wie nötig am Ofen und an der Pfanne stehen konnte, ohne sich zu verbrennen. Die Pfanne wie auch der Ofen hatten sogar schon rohrförmige Schlote, sodass der Rauch des Feuers und der Dampf der kochenden Würze nicht mehr durch das Brauhaus waberten. In der Pfanne wurde gemaischt und gekocht. Zwei weitere Gefäße standen etwas abseits: ein älterer, hölzerner Maischbottich, der nur mehr selten verwendet wurde, sowie ein Weichbottich, in dem die Gerste zum Mälzen eingeweicht wurde, bevor sie zum Keimen auf dem Malzboden ausgebreitet wurde. Die Maische lief in den tiefer liegenden Läuterbottich, dort wurde die flüssige Würze von den Trebern getrennt und zurück in die Pfanne gepumpt. Neben der Pfanne befand sich das Kühlschiff, eine Erfindung des dreizehnten Jahrhunderts, von da an ging die Würze zur Gärung in die drei großen, offenen Gärbottiche aus Eichenholz. Zur weiteren Ausstattung der Brauerei gehörten ein Hopfenkorb, mehrere Biertröge und Bierzuber, Abschöpfer, Rührstäbe, transportable Laufrinnen, Bierkannen sowie ein Stapel Holzfässer.
Sehr bald, um nicht zu sagen sofort, hatte Cord Heinrich Knoll sich in den Tagesablauf eingefügt. Die Einstellung seines Vaters war für Ulrich nur eine Formsache. In einem kurzen Gespräch mit dem darüber hocherfreuten Anton war bereits alles geklärt. Es war auch von Anfang an keine Frage, wer das Sagen hatte. Ulrich ordnete sich ohne Murren seinem Vater unter, der aber schnell das enorme, auf der Walz erlernte Können seinen Sohnes erkannte und gar nicht erst versuchte, ihm herablassend oder belehrend zu begegnen. Lediglich über die Qualität der zukünftigen Biere aus Weferlingen gab es lange Diskussionen zwischen dem jungen Brauer und seinem Vater, obwohl beide das Beste wollten.
»Nicht, dass das Bier hier grundsätzlich schlecht ist. Das hast du gut hinbekommen mit den bescheidenen Mitteln, die dir zur Verfügung stehen. Dir fehlen jedoch anscheinend helfende Hände, die sich wirklich auskennen, besonders beim Saubermachen«, mäkelte sein Vater nun doch herum. Ulrich war anderer Meinung, schließlich setzte Cord Heinrich jedoch durch, dass sie das ganze Brauhaus erst einmal kräftig durchputzten. »Siehst du nicht, wie dreckig hier alles ist?« Der Vater zeigte seinem Sohn wieder einmal, dass man für gutes Bier um Reinlichkeit nicht herumkam.
»Glaubt Ihr, mein lieber Vater, wir hätten auf unseren Reisen nur Dreckbier gebraut? Natürlich wird unsere erste gemeinsame Arbeit das Durchputzen des Brauhauses sein.« Dazu ließen sie zuberweise heißes Wasser aufkochen und Wacholderbrühe heranschaffen. Mit einem blitzblanken Brauhaus ließ sich auch wieder besser über die Bierqualität debattieren.
Ulrich wollte dabei mit einfachen Bieren Geld verdienen. »Schaut einfach mal, wie viel Salz und Gewürze die Leute sich mittlerweile ins Essen tun, da steigt der Durst und sie trinken alles, was diesen löscht. Egal, wie stark das Bier ist. Hauptsache es ist billig und flüssig. Und je mehr die Leut saufen, desto mehr Geld kommt herein!«
»Den Durst zu löschen ist sekundär«, war Cord Heinrich gegensätzlicher Meinung. »Kräftig soll es schmecken, gehaltvoll sein und so gut, dass ich noch eines trinken möchte. Dann kommt auch genug Geld zusammen. Denn viele leben mehr vom Bier als vom Essen. Die wollen wir doch nicht verhungern lassen?«
Einig waren sich beide wieder
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