Der Fluch Des Bierzauberers
imponierten ihr; sein Handicap, seine Versehrtheit weckte in ihr den Samariter. Aus diesen unterschiedlichen, widersprüchlichen Empfindungen entstand im Laufe der Zeit, während sich der Sommer des Jahres 1660 in Stockholm dahinzog, ein Gefühl, das sie Liebe nannte.
Ob der Prinz von Homburg ähnliche Empfindungen hegte, ist nicht überliefert. Zwei Dinge zogen ihn mit Sicherheit zu der älteren, wiewohl noch äußerst ansehnlichen Witwe hin: zum einen das Geld, denn ihm drohte, bedingt durch die katastrophale Lage der schwedischen Finanzen, die Streichung seiner Offizierspension, zum anderen der gesellschaftliche Rang von Margarethe Brahe wie auch ihre Nähe zur Weltpolitik. Ihr zweiter Gatte war schließlich Reichsmarschall Johann Axel Oxenstierna gewesen, Sohn jenes, bereits zu Lebzeiten legendären Reichskanzlers, der nach dem Tod des ›Löwen aus Mitternacht‹ dafür gesorgt hatte, dass Schweden den großen Krieg nicht als Verlierer beendet hatte. Auch Brahes erster Gatte Bengt war bereits ein Oxenstierna gewesen und beide Gatten hatten der Witwe bei ihrem Tod jeweils ein immenses Vermögen hinterlassen. Kurz gesagt: Margarethe Brahe war reich, gutaussehend und kinderlos. Und wirkte auf den Hessenprinzen unwiderstehlich.
Während sie in den Jahren zuvor andere, durchaus nicht schlechter situierte Bewerber brüsk abgelehnt hatte, fiel die Entscheidung für Prinz Friedrich von Homburg schnell. Bereits im Mai 1661 wurde im königlichen Schloss in Stockholm die Vermählung gefeiert. Ebenso schnell machten böse, verleumderische Gerüchte die Runde: »Der abgetakelte Krüppel nimmt die reiche Alte aus.« Und dergleichen mehr. Friedrich begegnete diesen Gerüchten, indem er seine frisch Angetraute mit nach Deutschland nahm. Einer der vorher von der reichen Schwedin Abgewiesenen, Fürst Ludwig Heinrich von Nassau-Dillenburg, setzte die verbale Fehde jedoch fort. Er ließ Schmähschriften drucken über die ›untreue Gräfin Margaretha und ihren ehebrecherischen Prinzen‹. Der Hessenprinz konterte in bester barocker Manier mit einem eigenen Pamphlet über den ›unverschämten und schandlosen, fuchsschwänzigen dillenburgischen Pasquillanten‹ und dessen ›Schmähschrift, die nur von einem Sauhirten zu vermuten gewesen wäre.‹ Nur der Tod seines Kontrahenten verhinderte wohl, dass sich die beiden im Duell gegenüberstanden.
Prinz Friedrich von Homburg nutzte die Mittel seiner Frau sofort, um nun, als Privatier, wohlhabend und sesshaft zu werden. Gleich nach der Hochzeit trat er in Verhandlungen mit dem Feldmarschall in schwedischen Diensten, Hans Christoffer von Königsmarck. Der hatte sich im Krieg ungeheuren Landbesitz in Deutschland unter den Nagel gerissen. Für gutes Geld verkaufte er dem Prinzen zuerst drei mehr oder weniger ansehnliche Güter in Norddeutschland: das Amt Hötensleben, das Amt Winningen sowie das Amt Neustadt an der Dosse. Mit dem Wissen, dass von Königsmarck alles verkaufen würde, was sich zu Geld machen ließ, da dieser keinerlei Interesse daran hatte, seinen Grundbesitz zu behalten oder zu vermehren, reiste Friedrich gezielt alle Königsmarck-Güter der Region ab, während Margarethe in Neustadt saß und seine Rückkehr abwartete. Ein Amt fand er dann noch, das sein Interesse weckte und über das er in Verhandlungen mit von Königsmarck trat. Die stellten sich als zäher heraus, als erwartet. Das Resultat war aber hoffentlich all die Mühen wert.
Obwohl das Schloss arg vernachlässigt war.
Obwohl die Äcker der Umgebung verwüstet waren.
Obwohl er viel Geld würde investieren müssen, um alles wieder instand zu setzen.
Denn das Bier dort war einfach unwiderstehlich gut. Er würde jedoch den Teufel tun und Königsmarck davon erzählen, der selbst Bier soff wie ein Schlauch. Das würde den Preis nur unnötig in die Höhe treiben.
Und so genehmigte der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm I. am 11. Januar 1662, gegen Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von einunddreißigtausenddreihundertundfünfzig Talern, mit dem der Pfandbesitz Königsmarcks ausgelöst wurde, den Übergang des Amtes Weferlingen in den Privatbesitz des hessischen Prinzen Friedrich von Homburg.
»Wollen wir hoffen, dass der hessische Prinz uns eines Tages diesen Gefallen mit treuen Diensten vergelten wird«, machte der Kurfürst kein Hehl daraus, was er in Zukunft vom Prinzen von Homburg erwartete.
Alle vier Güter hatten ihn nun stattliche zweihundertvierzigtausend Reichstaler
Weitere Kostenlose Bücher