Der Fluch des Denver Kristoff
du meinst: Du glaubst, bei Sonnenaufgang werden die Skelette wieder zu Lebewesen wie die Fledermaus. Und wie Penelope.«
»Genau!«
»Ach und wer soll die Mistkerle töten, wenn sie wieder zu Menschen geworden sind?«, fragte Will. »Du etwa?«
»Äh … na klar«, sagte Brendan und wich einem weiteren Messer aus, das sich durch die Matratze bohrte.
»Glaubst du wirklich, du schaffst das?«, fragte Cordelia.
Brendan zögerte. Er wollte endlich vor den anderen seinen Mut beweisen. »Nicht jeder hat die Chance, in einem Krieg zu kämpfen, der den Lauf der Geschichte verändert, so wie Will. Wenn ich an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit auf die Welt gekommen wäre, hätte ich wahrscheinlich auch schon einen Haufen Abenteuer erlebt, ich hätte gegen Nazis gekämpft oder wilde Tiere gejagt … wie ein Mann! Sollen sich diese Klappergestelle ruhig in ausgewachsene Piraten verwandeln … ich werde der Erste sein, der sich durch das Loch da oben schwingt und ihnen in den schwabbeligen Hintern tritt! Also was ist jetzt, macht ihr mit oder nicht?«
Die anderen schwiegen. Dass draußen mittlerweile die Sonne aufgegangen war, hatten sie nicht mitbekommen.
»Was ist los?«, fragte Brendan.
»Entweder sind die Skelette vollkommen gefesselt von deiner mitreißenden Rede oder da oben ist etwas anderes passiert. Da rührt sich plötzlich nichts mehr«, sagte Cordelia.
Sie hatte recht: Von oben war kein Knochengeklapper mehr zu hören und es wurden auch keine spitzen Waffen mehr durch die Matratze gestoßen.
»Heißt das, es hat funktioniert?«, fragte Eleanor.
»Das wurde aber auch Zeit«, stöhnte Will und spuckte Salzwasser. »Ich habe kaum noch Kraft in meinem Arm. Außerdem weiß ich nicht mehr, was schlimmer ist, der fischige Geschmack des Wassers oder der Geruch, den ihr drei ausströmt.«
»Dass ich nicht lache«, gab Cordelia zurück. »Ein Engländer, der sich über mangelnde Hygiene beschwert! Seid ihr nicht die, die immer nur sonntags baden?«
»Und mittwochs!«, protestierte Will.
Brendan schob die Matratze beiseite und machte den Durchgang zur Dachkammer frei. »Ich sehe jetzt nach, was da oben los ist«, sagte er.
»Nein, das übernehme ich«, widersprach Will. »Auch wenn du dich für einen Killer hältst, ich glaube nicht, dass du das Zeug dazu hast. Du hast ja noch nicht mal eine einzige Waffe.«
Anstelle einer Antwort entriss Brendan Will das Entermesser, klemmte den tropfnassen Säbel zwischen die Zähne und zog sich durch das Loch in der Decke hoch. Cordelia befürchtete schon das Schlimmste …
»Kommt hoch, Leute«, rief Brendan im nächsten Moment. »Das müsst ihr euch ansehen!«
57
C ordelia, Eleanor und Will kletterten durch das Loch hinter Brendan her.
Vor ihnen standen zwei Dutzend splitternackte Menschen, die verwirrt und wütend durcheinanderschrien und versuchten, ihre Blöße zu bedecken.
»Was soll der Unsinn?«, fragte ein blasser, fülliger Mann.
»Wo ist mein Kleid! Mein Petticoat!«, kreischte eine schwarzhaarige Frau hysterisch. »Ich bin vor aller Welt bloßgestellt!«
Der Großteil – die meisten von ihnen Männer – schien aus allen Teilen der Welt zu stammen. Einige der etwas raubeinigeren Gestalten hatten bereits wieder nach einer Waffe gegriffen.
»He, Junge, was ist hier los?«, schnauzte einer von ihnen Brendan an. Dem Aussehen nach stammte er von einer der polynesischen Inseln, er war am ganzen Körper tätowiert. In der einen Hand hielt er ein Schwert, mit der anderen versuchte er, seine Nacktheit zu verbergen.
»Ihr … ihr seid alle von den Toten auferstanden«, stammelte Brendan.
»Wie im Himmel sieht es hier aber nicht aus!«, sagte der blasse Dicke lachend. Seine Nacktheit schien ihn nicht zu kümmern, das meiste verschwand ohnehin hinter seiner riesigen Wampe.
»All diese abscheulichen, verwilderten Gestalten!«, jammerte die schwarzhaarige Frau. »So etwas kann es nur im dritten Kreis der Hölle geben!«
»Nein, ihr seid immer noch auf der Erde«, sagte Brendan, »na ja, nicht wirklich auf der Erde, sondern …«
»Maul halten!«, fauchte der Tätowierte. »Hier ist irgendeine miese Zauberei im Spiel. Captain Sangray hatte mich in seiner Kajüte auf einen Tisch gekettet und wollte mich bei lebendigem Leib aufschlitzen. Das ist jedenfalls das Letzte, woran ich mich erinnern kann.«
»Mir ist es genauso ergangen!«, sagte die Frau.
»Mir auch!«, meldete sich der blasse Mann zu Wort. »Ich lag allerdings auf dem Boden; er sagte, ich sei zu
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