Der Fluch des Denver Kristoff
Widerstandskämpfern. Über dem Geschehen ragte der Riese empor, den Eleanor Dick Jagger getauft hatte. Knurrend und ächzend wehrte er eine eisige Windhose ab, welche die Windfurie ihm ins Gesicht blies. Wie eine Harpyie verteidigte sie ihre Stellung und versuchte, ihn in die tiefe Schlucht direkt neben der Burg zu stoßen.
Eleanor stand im Schatten des Riesen und sah die Angst in seinen Augen. »Jagger!«, rief sie laut und zeigte auf den Turm hinter ihr. Der Riese nickte kaum merklich zu ihr hinunter, er hatte verstanden. Im nächsten Moment bohrte sich ein Eiszapfen in seinen Knöchel. Gleich mehrere dieser messerscharfen Geschosse der Windfurie gruben sich in seine Haut, der Riese schrie vor Schmerz auf und riss den Fuß hoch. Beinahe wäre er in die Schlucht gestürzt. Gerade noch rechtzeitig fand er sein Gleichgewicht wieder und holte zum Gegenschlag aus.
»Kommt schnell! Er weiß, wo wir hingehen!«, sagte Eleanor.
Brendan und Cordelia folgten ihr zum Turm und hielten sich mit ihren Waffen jeden vom Leib, der ihnen zu nahe kommen wollte. An aufgeschreckten Pferden und Hühnern und panisch durcheinanderrennenden Bediensteten vorbei, hetzten sie die Treppen hoch, durch Schlafkammern, an Stapeln von Eichenfässern vorbei, durch eine Schreckenskammer, in der mysteriöse gepökelte Fleischstücke an Haken von der Decke hingen … In wilder Jagd folgten sie der Treppe, die sich im Turm nach oben schraubte, bis ihnen von den vielen Drehungen und Windungen ganz schwindelig wurde. Dann kam ein Absatz, an dem sich die Treppe in vier noch schmalere Aufgänge teilte.
»Hier muss die Stelle sein, wo die vier kleinen Türme abzweigen«, sagte Brendan. »Welchen sollen wir nehmen?«
Am Fuß einer der Treppen lag ein toter Wachposten. »Seht ihr das? Seine Rüstung ist total verbeult«, sagte Cordelia. »Vielleicht ist er oben getötet worden und dann die Treppe runtergerollt.«
»Was heißt das?«, fragte Brendan.
»Dass da oben vielleicht Widerstandskämpfer sind.«
»Gut kombiniert.« Sie stürmten die Stufen in dem engen Turm hoch, der nach oben hin immer schmaler wurde. Die Außenwand des Treppenaufgangs war mit kleinen Schießscharten für Bogenschützen gespickt. Die Öffnungen gingen immer zur gleichen Seite raus, sodass sie jeweils von noch weiter oben einen kurzen Ausblick auf den Riesen hatten und verfolgen konnten, wie hoch sie schon waren.
»Seht ihr, dass die Stufen gegen den Uhrzeigersinn verlaufen?«, schnaufte Brendan unterwegs. »Sie sind so gebaut, damit jemand, der dich mit seinem Schwert angreifen will, im Nachteil ist.«
»Wieso?«, keuchte Eleanor.
»Weil die meisten Soldaten Rechtshänder sind. Die Verteidiger der Burg können ihre Schwerter mit Rechts schwingen, aber wenn die Angreifer das Gleiche versuchen, treffen sie gegen die Wand. Wikipedia.«
Die Geschwister hatten die Turmspitze fast erreicht. Sie waren jetzt auf gleicher Höhe mit Jaggers Gesicht. Er hatte überall schlimme Brandwunden und blutete an mehreren Stellen.
»Gleich sind wir oben, Jagger!«, rief Eleanor und winkte ihm durch eine der Schießscharten zu.
Der Koloss nickte – doch die Walkers hörten plötzlich direkt über ihnen lautes Gebrüll. Sie bleiben wie angewurzelt stehen, als Slayne, der Anführer der Wilden Horden, sich auch schon auf sie stürzte. Wie eine rasende Achterbahn bei der ersten steilen Abfahrt kam er von oben auf sie zu.
Zischend durchschnitt sein Schwert die Luft, die schwarzen Augen blitzten kampflustig auf und die furchtbaren Narben in seinem Gesicht schienen vor Zorn auf das Doppelte anzuschwellen. »Habt ihr Rotznasen immer noch nicht genug?«
Instinktiv riss Brendan seine Streitaxt hoch und Slaynes Schwert prallte mit einem metallischen Klingen ab. Leider flog Brendan die Axt dabei aus der Hand und landete auf den Treppenstufen.
»Kroms Streitaxt!«, rief Slayne verblüfft.
»Warum hast du dich hier oben verkrochen?«, fragte Cordelia.
»Ich verkrieche mich nicht!«, brüllte Slayne und holte mit seinem Schwert aus. Um seinem Hieb zu entgehen, musste Cordelia mit einem Satz ein paar Stufen hinunterhüpfen. »Ich warte nur auf den richtigen Moment, um zuzuschlagen!«
»Lügner!«, gab Eleanor zurück. »Ein Feigling bist du, nur vor kleinen Kindern hast du keine Angst!«
»Stirb!«
Slaynes Schwert zerteilte die Luft. Eleanor brachte sich ein paar Stufen tiefer hinter Cordelia in Sicherheit. Brendan schluckte. Jetzt stand er ohne Waffe allein zwischen Slayne und seinen Schwestern.
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