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Der Fluch des Florentiners

Der Fluch des Florentiners

Titel: Der Fluch des Florentiners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ackermann
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Windböen. Nur noch einige wenige Blätter hingen an den Platanen. Er schaute auf die Uhr. Es war bereits nach neun. Er war etwas spät dran.
    » Bonsoir «, grüßte er den Portier und bat ihn, sein Gepäck direkt auf sein reserviertes Zimmer zu bringen, denn er war im Restaurant Les Trois Domes verabredet. Entgegen seiner Erwartung saß Bernhard Kleimann nicht im Restaurant in der achten Etage. Der modern-luxuriöse Speiseraum war auffallend leer. Durch die riesigen Fensterwände hindurch genoss Francis Roundell einen kurzen Blick über die Stadt. Die vier Türme des nahen Doms erstrahlten im Scheinwerferlicht. In den dunklen Fluten der Rhône spiegelten sich die Häuser der gegenüberliegenden Vergnügungsmeile der Stadt.
    Seinen ehemaligen Kollege und langjährigen Freund Bernhard fand Francis in der Cocktailbar Le-Melhor direkt neben dem Restaurant. Er war der einzige Gast. Gedankenversunken saß der korpulente Mann mit dem Rücken zur Bar und stierte aus dem Fenster. In der Hand hielt er ein Glas Rotwein. Er war froh, seinen ehemaligen Kollegen wieder einmal zu sehen. Über die Jahre hinweg hatte sich ihre Freundschaft aus alten Zeiten als sehr hilfreich erwiesen. Bernie saß be i I nterpol in exponierter Position. Er hatte Zugang zu allen Computern und Informationssystemen und konnte ihm damit manchmal sensible Polizeiinformationen zukommen lassen. Als Gegenleistung hatte er Bernie dafür auch hin und wieder über seine Kontakte zum internationalen Kunstmarkt bei polizeilichen Ermittlungen helfen können. Dieses Eine-Hand-wäscht-die-andere-Prinzip funktionierte hervorragend. Als Freunde vertrauten sie sich und gingen entsprechend vorsichtig mit den oftmals brisanten Daten um.
    » Bernie, du alter Terrorist! Was schaust du denn so trübsinnig drein? «, begrüßte er den Interpol-Beamten lachend. Bernhard Kleimann zuckte zusammen, rutschte ungelenk vom Barhocker und umarmte Francis Roundell geradezu stürmisch.
    » Mensch, Alter, ist das schön, dich mal wieder zu sehen. Gut schaust du aus! Scheinst den großen Stich gemacht zu haben mit deinem Auktionshaus. Ist ja ein richtiger edler Zwirn, den du da anhast! Wohl kein Anzug von der Stange, was? «
    Der Blick des korpulenten Deutschen heftete sich auf die Schuhe seines ehemaligen Kollegen. » Na, sauber! Sehe ich da Maßschuhe an den Füßen des edlen Herrn? «
    Francis Roundell blickte verunsichert hinüber zu dem Barkeeper, der die Begrüßungszeremonie seiner beiden einzigen Gäste lächelnd beobachtete.
    » Komm, hör auf, mich hier zu blamieren! Lass uns lieber rüber in die Ecke am Fenster gehen und unser Wiedersehen feiern. Mensch, Bernie, ich freue mich so, dich zu sehen! Sind viele Jahre vergangen, seit wir das letzte Mal hier an der Bar saßen … «
    Beide Männer setzten sich an das große Fenster und bestellten eine Flasche Rotwein. Die guten Freunde redeten über ihr e g emeinsamen schönen Zeiten bei Interpol in Paris, besonders aber über die enormen Veränderungen innerhalb der Organisation nach dem Umzug im Jahre 1989 nach Lyon.
    » Weiß du, Francis «, resümierte Bernhard Kleimann nach gut einer halben Stunde, » nichts ist mehr so, wie es einst war! Ich kann dir nur sagen, dass es sehr klug war, dir einen Job in der Privatwirtschaft zu suchen. Aus dem alten Interpol ist eine grauenhaft bürokratisierte, lahme Ente geworden! Mit Verbrechensbekämpfung hat meine Tätigkeit kaum mehr was zu tun. Ich schiebe Akten hin und her, mehr nicht! Seit Europa so rasant wächst, gewinnt Europol eine immer größere Bedeutung. Die sind einfach effizienter und leiden nicht unter diesen wahnwitzigen politischen Rücksichtnahmen, die seit jeher Interpol zu einem Adler mit gestutzten Flügeln machen. Den großen polizeilichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, dem Rauschgifthandel und dem Terrorismus, hat Interpol nichts entgegenzusetzen. Solange diese unrühmliche Resolution aus alten Zeiten vorschreibt, dass der politische Charakter von Straftaten im nationalstaatlichen Ermessen liegt, bleibt Interpol eine reine Verwaltungsbehörde. Du weißt ja, die Interpol-Statuten verbieten jede Hilfestellung bei politisch motivierten Delikten, bei militärischen und religiösen Angelegenheiten. Und da gibt es nun einmal zwischen den Mitgliedsstaaten höchst unterschiedliche Interpretationen. Wir sagen, der Typ ist ein Terrorist, und die anderen sagen, er ist ein Freiheitskämpfer, ein Held, dem höchste Ehre gebührt. Das kann ja nichts werden! Ist zwar schön,

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