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Der Fluch des Khan

Der Fluch des Khan

Titel: Der Fluch des Khan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Dirk Cussler
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Das Laufen fiel ihnen merklich schwerer, obwohl sie nur im Schneckentempo vorankamen, so als wäre jeder von ihnen im Schlaf um vierzig Jahre gealtert. Pitt nahm mit Hilfe seiner Uhr eine weitere Peilung vor und führte sie wieder in Richtung Westen, ohne auch nur einen Gedanken darauf zu verschwenden, die unterirdische Pipeline zu verfolgen. Wortlos marschierten sie nebeneinander her, mussten sich zu jedem Schritt zwingen und gleichzeitig die Trugbilder bannen, die ihnen allmählich den Verstand trübten.
    Der Wind hatte wieder aufgefrischt und erfasste sie hin und wieder mit fauchenden Böen, wie ein Vorspiel auf die Naturgewalten, die noch kommen sollten. Außerdem war es empfindlich kalt geworden. Sie hatten ein dünnes Filzstück von dem Tank mitgenommen, das sie sich jetzt wie einen Poncho um Kopf und Oberkörper hängten. Bei Sonnenuntergang suchte sich Pitt einen S-förmigen Höhenzug in der Ferne als nächsten Orientierungspunkt aus und bemühte sich darum, einen möglichst geraden Kurs zu halten. Doch als der Wind weiter zulegte, wurde ihm klar, dass der Polarstern in dieser Nacht nicht zu sehen sein würde. Im Kreis zu laufen aber war das Allerletzte, was ihnen in ihrem Zustand passieren durfte.
    »Lauf oder stirb« – immer wieder gingen ihm diese Worte durch den Kopf, wie ein nervtötendes Mantra, das ihn vorantrieb. Pitt spürte, dass sein ausgedörrter Schlund regelrecht angeschwollen war, versuchte aber jeden Gedanken an den unentwegten Durst zu verdrängen. Er warf einen Blick zu Giordino, der mit teilnahmslosem Blick vorantrottete. Beide mussten jetzt ihre ganze Kraft und Konzentration aufbieten, um einen Fuß vor den anderen zu setzen.
    Pitt verlor jedes Zeitgefühl und beinahe auch das Bewusstsein.
    Er dämmerte vor sich hin, spürte dann, wie er die Augen aufriss, und wusste nicht genau, ob er im Laufen geschlafen hatte. Er hatte keine Ahnung, wie lange er weggewesen war, aber wenigstens war Giordino noch da, der unverwandt neben ihm her trottete. Seine Gedanken schweiften ab, zu Loren, seiner Frau, die im Kongress zu Hause in Washington saß. Sie waren zwar seit vielen Jahren ein Paar, hatten aber erst kürzlich geheiratet, als Pitt einsah, dass die Zeit, da er rund um die Welt zu immer neuen Abenteuern aufbrach, ein für alle Mal vorüber war. Sie hatte gewusst, dass ihn das Fernweh nie loslassen würde, auch wenn er sich selbst nicht darüber im Klaren gewesen war. Innerhalb weniger Monate nach seiner Ernennung zum Leiter der NUMA war er zusehends rastloser geworden, während er in der Zentrale in Washington hockte und Verwaltungsarbeit erledigte. Loren war es, die ihn schließlich dazu drängte, wieder in den Außendienst zu gehen, wusste sie doch, dass er am glücklichsten war, wenn er mit seiner allerersten Geliebten arbeiten konnte, der See. Durch die zeitweilige Trennung würde ihre Liebe zueinander nur noch stärker werden, sagte sie. Doch er bezweifelte, dass sie das ernst meinte. Da er ihr bei ihrer parlamentarischen Arbeit aber nicht im Weg stehen wollte, hielt er sich an ihren Vorschlag. Jetzt fragte er sich, ob er sie damit zur Witwe gemacht hatte.
    Eine Stunde später, vielleicht waren es auch zwei, frischte der Wind, der jetzt heftig aus Nordwest wehte, ernsthaft auf. Binnen kurzer Zeit verschwanden die Sterne am Himmel hinter dichten Wolken, die sich wie wattiger Dunst über sie legten und Pitt die Sicht auf seinen Orientierungspunkt raubten. Es spielte aber keine Rolle, da er ohnehin nur stumpf und teilnahmslos auf seine Füße starrte.
    Sie bewegten sich wie Zombies, so als wären sie längst nicht mehr am Leben, wollten aber nicht aufhören zu laufen. Wie ein Roboter marschierte Giordino neben Pitt her, als wären die beiden Männer durch einen unsichtbaren Strick miteinander verbunden. Der Wind wurde stärker, brannte ihnen im Gesicht und trieb ihnen den Sand in die Augen, sodass sie kaum noch etwas sehen konnten. Dennoch trotteten sie weiter, wenn auch weitab von ihrer Route gen Westen. Die erschöpften Männer, die unwillkürlich dem beißenden Wind entrinnen wollten, bewegten sich allmählich im Zickzack gen Süden.
    Endlos stolperten sie benommen dahin, bis Pitt bemerkte, dass Giordino über irgendwelche Steine gestolpert und hingefallen war. Er blieb stehen und wollte ihm gerade aufhelfen, als ihn plötzlich eine kräftige Hand packte und in die andere Richtung zerrte. Pitt verlor das Gleichgewicht, stürzte über Giordino und landete in einem Bett aus weichem Sand. Als

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