Der Fluch des Khan
zeigen, also wende dich bitte der Projektionswand zu.«
Auf einer großen weißen Leinwand hinter Max erschien eine farbige Weltkarte. Zwei rote Punkte, die die Epizentren der jüngsten Beben markierten, blinkten am Persischen Golf auf.
Sekunden später leuchteten weitere Punkte auf, dicht an dicht gedrängt und auf ein Gebiet in Nordostasien konzentriert, gefolgt von einem weiteren Punkt etwas weiter nördlich.
McCammon legte seine Papiere ab und trat vor die Karte.
»Vom nationalen Erdbebeninformationscenter wurden insgesamt vierunddreißig seismische Vorkommnisse mit ähnlichen Merkmalen wie bei den beiden Beben am Golf erfasst. Das jüngste ereignete sich vor über einer Woche in Sibirien«, sagte Max und deutete auf den einsamen roten Punkt.
Yeager riss erschrocken die Augen auf. »Und wo fanden diese Erschütterungen statt?«, fragte er.
»Hauptsächlich in der Mongolei. Fünfzehn Vorkommnisse in den Bergen östlich der Hauptstadt Ulan-Bator, zehn in der südmongolischen Provinz Dornogow und weitere neun in einem unmittelbar jenseits der Grenze zu China gelegenen Gebiet.
Außerdem gab es ein Beben in Sibirien, am Baikalsee.«
»In der Mongolei«, murmelte Yeager und schüttelte ungläubig den Kopf. Langsam stand er auf, rieb sich die müden Augen und wandte sich dann an McCammon.
»Phil«, sagte er, »ich glaube, du, Max und ich, wir brauchen ein paar Tassen Kaffee.«
43
S ummer hörte sich auf ihrem MP3-Player die neueste CD von Nils Lofgren an und summte fröhlich mit, während sie die Luftschläuche im Auge behielt, die sich über die Bordwand schlängelten. Allmählich aber langweilte sie sich und freute sich schon darauf, ins Wasser zu steigen und ebenfalls zu arbeiten.
Sie stand auf und reckte sich, warf dann einen Blick auf die See und sah, wie das schwarze Schiff, das ihr zuvor schon aufgefallen war, Kahakahakea Point umrundete. Irgendetwas ließ ihr keine Ruhe, als sie verfolgte, wie es beidrehte und genau auf den Prahm der NUMA zuhielt.
»Bitte nicht noch mehr Mediengeier«, sagte sie laut und hoffte, dass ihr nicht noch eine weitere Reporterschar auf den Leib rückte. Doch ihr Argwohn nahm noch zu, und als sie das Schiff genauer betrachtete, wurde ihr klar, woran es lag.
Es war ein Bohrschiff, mit rund fünfzig Meter Länge jedoch verhältnismäßig klein. Außerdem war es mindestens dreißig Jahre alt und hatte schon bessere Zeiten erlebt. Rostschlieren zogen sich vom Speigatt aus über den Rumpf, Deck und Aufbauten waren voller Schmutz- und Schmierflecken. Doch es war weniger das Aussehen des Schiffes, das Summer beunruhigte. Was hatte ein Bohrschiff in hawaiianischen Gewässern verloren? Vor den Hawaii-Inseln gab es keine nennenswerten Ölvorkommen, und der Meeresboden fiel rasch auf über dreitausend Meter ab, sodass Offshore-Bohrungen ausgesprochen kostspielig waren.
Summer sah den weißen Schaum, den der verwitterte Bug durchschnitt, während das Schiff direkt auf sie zukam. Es war nur noch knapp eine Meile entfernt und machte keinerlei Anstalten, die Maschinen zu drosseln. Als es bis auf eine Viertelmeile heran war und noch immer mit voller Fahrt lief, warf Summer einen kurzen Blick zu dem behelfsmäßigen Mast, den sie auf der Wellblechhütte aufgestellt hatten. Eine rote Taucherflagge mit weißem Schrägstreifen flatterte in der Morgenbrise.
»Ich habe Taucher im Wasser, du Idiot«, fluchte sie, als das Schiff weiter schnurgerade auf sie zuhielt. Es war jetzt so nahe, dass sie zwei Gestalten auf der Brücke erkennen konnte. Sie ging rasch zur Reling, winkte und deutete auf die Taucherflagge.
Das Schiff wurde langsamer, doch es näherte sich noch immer ziemlich unvorsichtig. Inzwischen war ihr klar, dass das Bohrschiff längsseits gehen wollte.
Summer stürmte in die Hütte, an deren Wand ein Seefunkgerät hing, stellte auf VHF Kanal 16 ein und griff zum Mikrofon.
»Nahendes Bohrschiff, hier NUMA-Prahm. Wir haben Taucher im Wasser. Ich wiederhole, wir haben Taucher im Wasser.
Bitte Abstand halten, over.«
Ungeduldig wartete sie auf eine Antwort, doch nichts tat sich.
Sie schlug einen etwas drängenderen Tonfall an und wiederholte die Durchsage. Wieder meldete sich niemand.
Inzwischen war das Bohrschiff nur noch wenige Meter entfernt. Summer rannte zurück zur Reling, brüllte zu dem Schiff hinüber und deutete auf die Taucherflagge. Das Schiff drehte bei, aber Summer erkannte sofort, dass es nicht wenden, sondern längsseits gehen wollte. Sie rechnete fast damit, eine
Weitere Kostenlose Bücher