Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Koenigs

Der Fluch des Koenigs

Titel: Der Fluch des Koenigs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
Vom Netzwerk:
traten.
    Kurze Zeit später kam sie mit einem vollen Topf und frischem Regen im Haar zurück. Sie musste den Topf mit beiden Händen anheben, um den Großteil des Wassers in den Kessel umzufüllen. Danach stellte sie ihn auf den Tisch, wo Joesin noch immer mit dem Kräuterpäckchen beschäftigt war.
    Moa rückte mit ausgestreckten Händen an die Flammen heran und lauschte auf die Geräusche des Regens, der unablässig wie ein Trommelwirbel auf das Dach der Hütte prasselte und sich mit dem Knacken der Flammen vermischte.
    Joesin trat neben sie. In der Hand hielt er getrocknete Kräuter, die er zwischen den Fingern zerrieb und in den Kessel fallen ließ. Er bückte sich und legte zwei weitere Scheite auf das Feuer. Den Mund zu einer dünnen Linie zusammengepresst, schleppte er sich zurück zum Stuhl und ließ sich vorsichtig darauf nieder.
    Dann hob er mit der rechten Hand sein Hemd an, so selbstverständlich, als befände sich niemand sonst im Raum. Moa konnte nicht anders - sie starrte ihn an. Wie eingefroren stand sie da, Hände und Körper dem Feuer zugewandt, die Augen einzig auf Joesin gerichtet.
    Ein feiner Schweißfilm glitzerte auf seiner Haut, als er den linken Arm unendlich langsam und vorsichtig aus dem Ärmel des Hemdes zog. Mit einem verbissenen Gesichtsausdruck schob er das Hemd über den Kopf und legte es auf den Tisch. Ein leiser Seufzer löste sich von seinen Lippen. Er schloss die Augen und lehnte den Kopf zurück.
    Schockiert sog Moa die Luft ein.
    Joesin war gezeichnet. Entstellt.
    Wulstige, rote Linien erstreckten sich über seinen Oberkörper sowie die Oberarme und den Rücken. Es war ein wahres Spinnennetz von Rissen, zerfetzter Haut und Brandnarben, die sich in einem grausamen Muster über seinen Körper zogen. Es war deutlich zu erkennen, wo seine Knochen zerschmettert worden waren, scharfe Klingen in sein Fleisch getrieben, oder glühendes Eisen ihm die Haut versengt hatte.
    Entsetzen rollte über Moa hinweg wie eine Sturmwelle und erschütterte sie bis in den Kern ihres Wesens. Nur unter größter Anstrengung hielt sie ihr Tränen zurück. Wie konnte ein Mensch solch eine Misshandlung überleben?
    Sie wollte gerade ihre Augen von dem schrecklichen Anblick abwenden, da flackerte das Feuer wild auf und warf seinen orangenen Schein auf Joesins Haut. Die Narbenlinien auf seinem Körper verwandelten sich vor Moas geistigem Auge in tausende ineinander verschlungene Flüsse und die Brandwunden zu kleinen Seen, die glutrot in den Strahlen der untergehenden Sonne aufleuchteten. Ein Bild das ihr vertraut war. Sie hatte es schon so häufig von ihrer Terrasse aus betrachtet.
    „Wunderschön“, flüsterte sie.
    Joesin schlug die Augen auf. Für die Dauer eines Herzschlags wirkte er erschrocken, doch dann veränderte sich sein Blick und wurde zu etwas anderem.
    Moas Wangen brannten, sie musste schmerzhaft schlucken, doch sie rührte sich nicht. Tief in sich spürte sie wie ein Feuer funkensprühend zum Leben erwachte. Es war ein seltsamer Schmerz; ein Ziehen und Glühen, wohltuend und schrecklich zugleich. Sie glaubte zu fallen und es gab nichts, woran sie sich festhalten konnte, außer Joesins Augen.
    Doch dann riss er seinen Blick von ihrem los. Moa taumelte. Sie schüttelte den Kopf, als erwache sie aus einem tiefen Traum. Was war nur mit ihr los?
    Joesin griff nach dem Dolch, der auf dem Tisch lag, und hielt ihn ihr auf offener Handfläche entgegen. Seine Hand zitterte leicht. „Bitte“, sagte er mit rauer Stimme.
    Noch immer leicht betäubt und durcheinander, nahm Moa den Dolch entgegen ohne zu fragen. Er war so lang wie ihre Hand und schlicht gearbeitet, ohne jegliche Verzierungen an Heft oder Klinge.
    Joesin wies auf seine Schulter. „Du musst die Pfeilspitze herausschneiden.“
    Der Dolch fiel zu Boden. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Moa den Mann von den Klippen an. Sie brachte kein Wort über die Lippen.
    Joesin beugte sich ungeschickt vor und hob den Dolch vom Boden auf. „Ich kann es nicht selbst tun“, sagte er unter Schmerzen und richtete sich auf. „Die Spitze herauszureißen würde zu viel Schaden anrichten.“
    Moa betrachtete die silberne Klinge in seiner Hand mit wachsendem Entsetzen. „Ich kann nicht.“
    Joesin legte den Dolch auf den Tisch. Sein Blick wurde hart. „Du musst.“
     
    Moa wusste genau, was Joesin gemeint hatte. Durch sie hatte er die Verletzung erhalten, es war nur recht, wenn sie die Pfeilspitze entfernte. Doch schon allein der Anblick der Wunde

Weitere Kostenlose Bücher