Der Fluch des Koenigs
und die Decke und ganz obenauf Joesins Wildlederjacke.
Moa schob eine Hand vor ihr Gesicht, schloss die Augen und horchte in sich hinein. Ihr war warm, sie fühlte sich schwach, doch nicht mehr zutiefst ausgelaugt wie zuvor.
„Du bist wach.“
Moa nahm die Hand vom Gesicht und setzte sich auf. Ihr Zopf hatte sich gelöst und das Haar fiel ihr wild über Schultern und Rücken.
Joesin hatte sich vom Stuhl erhoben und füllte eine dampfende Flüssigkeit in eine hölzerne Schale. Vorsichtig trug er sie zu ihr hinüber. Seine Züge waren verschlossen, dennoch wirkten sie milder, weicher als sonst. Er hockte sich neben sie ans Strohlager und reichte ihr die Schüssel.
Moa schob sich die Haare hinter die Ohren und schnupperte den herrlichen Duft von Haseneintopf. Ihr Magen fühlte sich an, als habe er bereits begonnen sich selbst zu verspeisen. Wann hatte sie das letzte Mal etwas gegessen? Es fiel ihr nicht ein.
Sie versuchte zu lächeln und nahm die Schüssel aus Joesins Händen entgegen. Ein scharfer Schmerz schoss durch ihre Wange, ihre Hände zuckten. Die Holzschale rutschte aus ihren Fingern, doch Joesin fing sie auf und nahm sie zurück in seine Hände.
„Ich mache das“, sagte er und hielt die Schale so, dass Moa daraus trinken konnte. Die Brühe war warm, dick und köstlich.
Nach einer Weile nahm Moa ihm die Schale ab und Joesin zog seine Hände zurück. Doch er blieb, wo er war, und beobachtete sie wachsam, bis sie den letzten Schluck ausgetrunken hatte, jederzeit bereit zuzugreifen, sollte ihr die Schale erneut entgleiten.
Das blutverschmierte Hemd hatte er gegen ein sauberes, dunkelbraunes gewechselt. Vergeblich suchte Moa nach Hinweisen auf seine Narben, doch sie waren gut unter dem groben Stoff verborgen.
„Ich habe etwas für dich.“
Überrascht stellte Moa die leere Schale ab und sah Joesin an.
Er hielt ihr eine Hand entgegen. Darauf lag eine silberne Kette.
„Was ist - Ihr Flüsse!“ Moa schlug die Hände vor den Mund und betrachtete den funkelnden Stein, der an der daran hing. „Ein Staubdiamant!“
Joesin hielt ihr die schlichte gearbeitete Kette entgegen, an der einer der wertvollsten Edelsteine der drei Reiche baumelte, grau und ungeschliffen. Es gab sie nur in den Bergen jenseits des Tals. Die Herbststürme wuschen die Staubdiamanten aus dem Gebirge und trugen sie ins Tal, wo sie von Männern und Frauen mit Sieben und Tüchern erwartet wurden. Ein solcher Stein, wie Joesin ihn ihr darreichte, würde einen Bauern reich machen und ihm die Sorgen für sein restliches Leben und das seiner Kinder und Kindeskinder nehmen.
Bevor Moa etwas sagen konnte, beugte Joesin sich vor und legte ihr die Kette um den Hals. Der Staubdiamant kam auf ihrer Brust zum liegen.
„Wenn du in Gefahr bist“, sagte er leise und sah sie ernst an, „dann nimm den Stein und rufe nach mir oder Rach. Hast du verstanden?“
Moa war vollkommen überrumpelt. Sie verstand kein Wort von dem, was Joesin da sagte. „Wie ...?“ Kopfschüttelnd nahm sie den Staubdiamanten in eine Hand und betrachtete ihn zweifelnd. Es war ein Edelstein wie jeder andere, wertvoller zwar, doch davon abgesehen nichts Besonderes.
„Greifen spüren die Staubdiamanten“, sagte Joesin und umschloss ihr Finger mit seinen.
Moa starrte ihn entgeistert an. Joesins Hände lagen warm und fest um ihre.
„Er kann deine Gedanken sehen, wenn du den Stein hältst“, fuhr er fort.
„Wie ist das möglich?“, flüsterte Moa.
Joesins Gesichtsausdruck war von feierlichem Ernst. „Ruf ihn“, sagte er.
Moa stutzte. Was meinte er? Hatte der Mann von den Klippen den Verstand verloren? Seine Nähe brachte sie durcheinander und sie hätte am liebsten ihre Hand zurückgezogen, doch der eindringliche Ausdruck in seinen Augen hielt sie zurück.
„Schließ die Augen und rufe nach ihm“, sagte Joesin erneut.
Zögerlich kam Moa seiner Forderung nach. In Gedanken stellte sie sich den Greifen vor. Plötzlich hatte sie ein Bild vor Augen: Die Wipfel eines Tannenwaldes, Nebelschwaden stiegen wie Geister zwischen den Bäumen hervor, das Pfeifen des Windes in ihren Ohren. Rach, dachte sie unvermittelt. Ein schriller Ruf hallte durch ihren Kopf.
Moa riss die Augen auf. Der Staubdiamant in ihrer Hand glühte und pulsierte wie ein lebendiges Wesen. „Was war das?“, stieß sie hervor.
Ein unverbindliches Lächeln spielte um Joesins Lippen. „Rach hat dir geantwortet.“ Er zog seine Hände zurück.
Moa blickte wie gebannt auf den Staubdiamanten in ihren
Weitere Kostenlose Bücher