Der Fluch des Lono (German Edition)
davon – von Captain Steve, dem einheimischen Fischer und Charterbootbesitzer, mit dem wir bereits bei der Ankunft auf dem Kailua-Kona-Airport Bekanntschaft geschlossen hatten, und der in der Folge unser Freund und Helfer auf der Insel wurde. Captain Steve besaß ein fürs Hochseeangeln voll ausgestattetes Motorboot und war entschlossen, uns mit hinauszunehmen, damit wir einen Marlin fingen – eine Geste wohlmeinender Gastfreundschaft, die versprach, unseren Aufenthalt in Kona noch befriedigender und aufregender zu machen, als ohnehin vorgesehen. Wilbur hatte ebenfalls einen Angelausflug für uns arrangiert, und Stan Dzura, ein alter Freund aus Colorado, besaß ein Motorboot und hatte uns angeboten, es jederzeit zu benutzen, wenn es uns danach war.
Bis zu diesem Punkt hatte es den Anschein, als sei alles so weit in bester Ordnung; und als die Wintersonnenwende nahte, war ich optimistisch genug, meinen Sohn Juan nach Hawaii einzuladen, damit er ungefähr eine Woche lang diese wundervolle Art des Wassersports genießen konnte. Die Kona-Küste ist einer der reichsten Fischgründe für Sportfischer und wird von
Kennern in einem Atemzug mit allem genannt, was um die Bahamas oder das Great Barrier Reef in Australien zu finden ist.
Ralph und ich waren gleichermaßen begeistert von unserem unerwarteten Glück. Nicht nur konnten wir über unseren eigenen Pool verfügen und hatten direkt vor der Anlage unseren Privatstrand zum Schwimmen und Tauchen, jetzt hatten wir auch noch eigene Motorboote, um auf den Ozean hinauszufahren und uns auf die Pirsch nach dem mächtigen Marlin zu machen. Über Geld bräuchten wir uns keine Sorgen zu machen, erklärte Captain Steve. In Kona kosten Charterboote normalerweise 500 Dollar am Tag, aber uns würde er die Mietgebühr erlassen; wir bräuchten nur eigene Speisen und Getränke mitzubringen …
Nun ja. Allein schon der Anblick dieser Wörter auf Papier jagt mir jetzt noch kalte Schauer über den Rücken, lange nachdem wir um Haaresbreite mit heiler Haut entkommen waren, um gleich darauf neuen Torturen entgegenzuziehen. Zu den Einzelheiten kommen wir später, aber die wesentlichen Angelpunkte der Story, deren Kenntnis vorläufig ausreicht, sind folgende: 1. Anfang Dezember bezogen wir eine Art Strandanwesen mit einem Pool, bestehend aus drei Holzhäusern – eins für den Hausmeister, eins für Ralph und seine Familie und ein weiteres für mich, Laila und Juan. 2. Captain Steve, der nicht weit von uns ebenfalls am Strand wohnte, zeigte sich mehr und mehr besessen davon, uns hinaus auf See zu schippern, um Fische zu fangen. 3. Im Dezember
jenes Jahres wurde die Kona-Küste von einer Serie schrecklicher Stürme heimgesucht, die uns das Leben zur Hölle auf Erden machten. Und 4. wurde unser Sozialverhalten derart mies und rüde, dass die Einheimischen uns schnitten und wir uns schließlich nur noch auf exzessives Abbrennen von Feuerwerkskörpern, Konsum von Whisky und die Pflege bösen Wahnwitzes in der Ferienanlage verlegten.
Die Fischereiflotte von Kona blieb während dieser ganzen Zeit im sicheren Hafen, so dass Captain Steve und die anderen Bootskapitäne eine Menge Freizeit hatten – die sie vorzugsweise auf Barhockern verbrachten, wo sie endlos über das Wetter, den Mangel an zahlenden Touristen auf der Insel und die ersten schlimmen Anzeichen eines kurz bevorstehenden Zusammenbruchs des Immobilienmarktes räsonierten. Hawaii war der einzige amerikanische Staat gewesen, der Reagan nicht gewählt hatte, und daher hingen jede Menge Leute untätig in den Bars herum und beteten jedem, der es hören wollte, ihr »Ich hab’s euch doch gesagt« vor.
Mit einem Wort, wir steckten im Schlamassel, und der einzige Ausweg – wenigstens für mich – bestand darin, Football im Fernsehen zu verfolgen, was ich mit einer Inbrunst tat, die Ralph mehr und mehr auf die Nerven ging. Sein lebenslanger Hass auf alles, was mit Sport zu tun hatte, machte es ihm unmöglich, meine Wettleidenschaft zu teilen, und langsam drifteten wir auseinander – er verkroch sich in sein verqueres Brüten, und ich zog mich vor den Fernseher zurück, gewöhnlich weit
oben auf dem Berg in Stan Dzuras Haus. Bei den wenigen Gelegenheiten, zu denen wir alle gemeinsam in die Stadt fuhren, brüskierte Ralphs exzentrisches Benehmen die Einheimischen derart, dass manche ihn »die Schwuchtel« und andere ihn »Wolfman« nannten. Nach zwei Wochen wurde er überall, wo wir auftauchten, »Die
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