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Der Fluch des Lono (German Edition)

Der Fluch des Lono (German Edition)

Titel: Der Fluch des Lono (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Schrei.
    Zwei Personen hielten sich dort drinnen auf, und der schaurig schrille Schrei verriet mir, dass eine von ihnen bereits den Verstand verloren hatte  – während die Bombe immer weiter bombte  –, und der Gedanke daran versetzte mich in Angst und Schrecken. Ich kauerte in der Auffahrt, so nahe am Rand des Feuerballs, dass ich wusste, ich würde erblinden, wenn ich weiter die Augen aufließ  – aber ich konnte sie auch nicht schließen: Ich war gelähmt vor panischem Schrecken angesichts der Freveltat, die ich begangen hatte.
    Das war doch nicht meine Absicht gewesen, dachte ich. Wirklich nicht. Es sollte ein Scherz sein, sozusagen eine symbolische Geste … ich hielt die Zeit für gekommen, das uralte hawaiianische »Gesetz des zersplitterten Ruders« wieder in Kraft zu setzen.
    Der Einfall war mir aus heiterem Himmel gekommen, wie bei guten Einfällen so üblich, und ich eilte sofort ans Telefon. Es war 23 Uhr am Weihnachtsabend, an unserem vierzehnten vernebelten und von der Brandung gepeitschten Tag auf dem Felsen. Aber seit drei oder vier Stunden hatte mich niemand mehr belogen und ich befand mich gerade in der zweiten Phase meiner Tiefenentspannungsübungen, als der betrunkene Hausmeister auf mich zuschlingerte und eine hinterfotzige Tirade anstimmte, die dem alleinigen Zweck galt, mir ein Metallboot anzudrehen, das er in irgendeiner Bucht in Alaska liegen hatte. 12 000 Dollar wollte er dafür haben, und ich könne damit den Ozean nach Heringen abfischen und glatt 50 000 Dollar am Tag verdienen.

Das Gesetz des gesplitterten Ruders
    Zu jener Zeit  – bevor Hawaii vereinigt wurde  – herrschte zwischen den rivalisierenden Häuptlingen einzelner Inseln eine Reihe von Kriegen. Auch König Kamehameha I. verübte zerstörerische und widersinnige Überfälle auf friedliche Küsten und Menschen. Bei einem dieser Überfälle griff er einige Fischer an, und einer der Männer wehrte sich, indem er Kamehameha mit einem Ruder auf den Kopf schlug. Die Wucht war so groß, dass ein zweiter Hieb tödlich gewesen wäre. Später, als der Fischer gefangen genommen und vor Kamehameha gebracht wurde, tötete der König den Mann nicht, sondern gestand ein, dass sein eigener Überfall falsch gewesen war und dass alle mutwilligen Angriffe dieser Art nicht rechtens seien. Aus diesem Anlass wurde das »Gesetz des gesplitterten Ruders« ins Leben gerufen, das friedfertige Bürger vor Überfällen und willkürlichen Plünderungen durch rivalisierende Häuptlinge schützt.
     
    MAXINE MRANTZ
Hawaiian Monarchy: The Romantic Years
    Sobald sich das Boot in meinem Besitz befände (einschließlich einer »Genehmigung«  – weitere 60 Dollar im Voraus), könne ich mit der Fangflotte rausfahren und zusammen mit den anderen meine Netze auslegen. Genau. Und während der folgenden drei Wochen würden wir dann rund um die Uhr wach bleiben, einander mit handvollweise Speed zwangsernähren und unentwegt die Netze einholen.
    »Klar, während so ’ner Fangtour drehen alle ziemlich am Rad«, bestätigte er. »Aber es lohnt sich. 50 000 am Tag!«
    Ich nickte und blickte hinaus übers Meer. Ich spürte, dass mir gleich der Kragen platzen würde. Verdammt, dachte ich, diese Leute kennen einfach kein Schamgefühl . Zuerst die Kona-Küste und jetzt der Schwindel mit den Heringen in Alaska. Am Weihnachtsabend, für 12 000 in bar …
    Ich stand abrupt auf. »Okay«, sagte ich. »Genug der Scherze. Es ist Zeit für die Bombe.«
    »Was?«, sagte er. »Sie wollen eine Bombe?«
    »Ich habe eine Bombe«, sagte ich. »Ich habe sogar sechs Bomben und einen langen weißen Bart, und diese Lügen machen mich wahnsinnig . Wo ist das Telefon?«
    Er zeigte es mir, und ich wählte die erste Nummer, die mir in den Kopf kam. Es war die von Captain Steve, der uns am Tag zuvor auf seinem Boot mit hinausgenommen
hatte. Fische hatten wir nicht gefangen  – keinen einzigen, was mich nicht überraschte. Ralph hingegen hatte es hart getroffen. Im Morgengrauen war er in den Fighting Chair geschnallt worden, mit dem Blick nach Achtern aufs Kielwasser und in einen dichten Nebel aus Dieseldämpfen gehüllt; dann hatten sie ihm eine Riesenrute mit Angelrolle auf den Schoß gepackt und ihm eingeschärft, ständig auf der Hut zu sein, weil der Köder, den er schleppte, jeden Moment von einem Fisch geschluckt werden konnte, der so groß war wie ein Elchbulle und sich aus dem Meer katapultieren würde wie ein Rakete, um dann »mit 70 Meilen die Stunde über

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