Der Fluch des Lono (German Edition)
überzogen und mit Farbe bestäubt war; dann der besonders kräftige und mächtig wirkende Häuptling Kalimu; außerdem ein weiteres muskulöses Individuum namens Häuptling Ku’a sowie diverse andere. Eine ebenso außergewöhnliche wie bizarre Parade.
King beobachtete, wie Cook geduldig auf den Beginn der Zeremonie wartete, mit einem müden Ausdruck im Gesicht. Trotz seiner gedrungenen und vom Alter leicht gebeugten Gestalt überragte er die gesamten Inselbewohner um Haupteslänge. Dann trat der König vor, ohne Hilfe aufrecht stehend, dabei jedoch ebenso heftig zitternd wie der Hohepriester Koa.
Erst in diesem Moment, als der König seinen Umhang abnahm, um ihn über Cooks Schultern zu hängen, und anschließend seinen Federhut hob, um ihn auf Cooks Kopf zu platzieren, konnte man das Gesicht
des hawaiianischen Oberhaupts erkennen. Ebenso wie bei dem Priester schälte sich seine Gesichtshaut, war mit wunden Stellen übersät und seine Augen waren rot und wässrig; doch trotz dieser entstellenden Folgen exzessiven Kavagenusses war sein Ausdruck freundlich und huldvoll.
Zum großen Erstaunen des Lieutenants handelte es sich bei dem König von Hawaii um niemand anderen als Terreeoboo, den sie bereits auf Maui getroffen hatten: es war König Terreeoboo persönlich, der den großen Gott Lono willkommen hieß.
RICHARD HOUGH
The Last Voyage of Captain James Cook
SOUTH POINT
Seit fast einer Woche hatten wir versucht, mit seinem Boot rauszufahren, aber die See war so rau, dass es keinen Sinn machte, auch nur den Hafen zu verlassen. »Wir kämen wahrscheinlich raus«, sagte er, »aber niemals wieder rein.«
Nach einer Woche heftigen Trinkens und Grübelns präsentierte Captain Steve endlich einen Plan. Wenn es stimmte, dass sich das Wetter tatsächlich gedreht hatte, dann war es logisch, dass die normalerweise wilden Wasser auf der anderen Inselseite jetzt still daliegen mussten wie ein See.
»Kein Problem«, versicherte er mir. »South Point heißt die Devise, Großer Meister. Machen wir das Boot bereit …«
Was wir auch taten. Aber die Brandung verschlimmerte sich immer mehr, und nach fünf oder sechs weiteren Tagen trostlosen Wartens wurde ich langsam meschugge. Wir kletterten hoch hinauf auf Vulkane, wir tranken haltlos und wir jagten eine Menge Chinabomben in die Luft … Neue Stürme kamen auf, die Rechnungen schwollen an und die Tage schleppten sich dahin wie waidwundes Wild.
Als sich der Neujahrsabend näherte, war klar, dass wir einen verzweifelten Versuch unternehmen mussten, aufs Wasser zu kommen. Anstelle von Tauchen, Fischen oder auch nur Schwimmen hatten Juan und ich uns gezwungenermaßen auf Golf verlegt, eine Sportart, die ich seit 20 Jahren nicht mehr betrieben hatte – nicht seit jenen Tagen, als ich und Bill Smith in Louisville die Stützen des Highschool-Golf-Teams der Männer gewesen waren und sämtliche Spiele verloren hatten. Wir alle haben unsere Winterträume, und schlecht Golf zu spielen ist einer von meinen … aber als letzten Ausweg auf der Flucht vor den Wellen möchte ich diesen Sport dann doch nicht betreiben müssen.
Am Abend, bevor Juan in seinen Heimatstall in Colorado zurückfliegen sollte, veranstalteten wir für ihn eine Art Familienauseinanderführungsdinner im Kona Inn. Captain Steve hatte unter Tags angerufen, um uns mitzuteilen, die Dünung habe endlich so weit abgenommen, dass wir morgen wahrscheinlich riskieren könnten, den Hafen zu verlassen. Aber inzwischen glaubte niemand mehr ein Wort von dem, was er sagte, und der Ausflug nach South Point würde ohnehin zwei Tage in Anspruch nehmen … sollte es also tatsächlich dazu kommen, müssten wir ihn allein machen.
Ralph hatte sich für alle Zeiten vom Wasser verabschiedet. Sein erster und einziger Bootsausflug war ein solcher Alptraum gewesen, dass er seine gesamten Restenergien auf das richten wollte, was sich an Land finden ließ. Sein Ausflug zum Volcano House hatte nicht viel gebracht, und daher war er jetzt fest entschlossen, sich gleichzeitig dem Geist von Captain Cook und der
Legende von König Kamehameha zu stellen. Seit ich ihm erzählt hatte, dass es sich bei dem offiziellen »Captain Cook Monument« auf der anderen Seite der Kealakekua-Bucht um ein urkundlich übertragenes Stück England auf U.S.-Boden handelte, war in ihm der Entschluss gereift, sich dorthin zu begeben und zu tun, was Engländer eben tun, wenn sie ein fernes Eckchen England finden, an das sie sich klammern können, selbst
Weitere Kostenlose Bücher