Der Fluch des Lono (German Edition)
wiederkommen, das ist klar. Und wenn es die Cops waren, bringen sie den Haftbefehl nächstes Mal gleich mit. Ich muss das Zeug sofort wegschaffen. Wir reden von ungefähr 200 000 Dollar.«
Dann war da noch das Problem mit Mr. Heem, dem Immobilienmakler, der die Miete für die Ferienhäuser wollte – mindestens 2000 Doller in bar; und natürlich würde unvermeidlich die Frage aufkommen, woher der rote Schmutzrand stammte, der sich überall abgesetzt hatte. Wenn dieser erst einmal ausgehärtet war, würden ihn nur Profis mit einem Sandstrahler beseitigen können.
Ich für meine Person mochte die Farbe. Sie weckte Erinnerungen an den Orient. In den Nachmittagsstunden lag ein eigenartig roter Schimmer über der gesamten Anlage. Ich fuhr einige Male daran vorbei und hatte den Eindruck, dass sogar die Grashalme des Rasens glitzerten. An manchen Tagen wirkte der Pool wie mit Blut gefüllt, und das dichte grüne Blattwerk der Zitronenbäume schien in Flammen zu stehen. Der Ort hatte sein Aussehen verändert, und es herrschte eine geheimnisvolle, fast magische Atmosphäre. Seltsame Dinge von großer Tragweite waren dort geschehen. Und vielleicht würden sie sich wiederholen. All das besaß eine eigenartige Schönheit, die in ihrer Wirkung jedoch verstörend war; und ich konnte mir vorstellen, dass Mr. Heem eventuell Schwierigkeiten haben würde, die Anlage an anständige Menschen zu vermieten.
»Gib ihm das Geld und lass dich auf keine Diskussion ein«, riet mir Ackerman. »2000 ist noch billig, wenn du dir damit einen Fiesling wie Heem vom Hals schaffst. Er kann dir jede Menge Ärger bescheren. Ein Prozess könnte sich über Jahre hinziehen.«
Heem war in der Lokalpolitik ein mächtiger Mann. Er war Präsident des Kona Real Estate Board gewesen, musste aber wegen eines Skandals das Amt niederlegen. »Er hat Eigentumswohnungen, die noch gar nicht existierten, an Pensionsfonds verkauft«, klärte Ackerman mich auf. »Hat Verträge dreifach kopiert und alte Leute bestohlen. Ich sag dir, die Hälfte aller stillgelegten Bauprojekte auf dieser Insel hat Heem zu verantworten. Ein krummer Hund, aber er ist reich und beschäftigt Gangs von Anwälten, die dafür sorgen,
dass Leute wie du das Gefängnis in Hilo von innen sehen.«
Ich teilte seine Meinung, dass es viel klüger wäre, Mr. Heem auszuzahlen. Aber ich hatte das Geld nicht. Ich hatte ihm 2000 im Voraus gegeben, und Ralph schuldete ihm den Rest.
»Viel Glück«, sagte Ackerman. »Jetzt stecken wir beide in der Tinte. Unsere einzige Hoffnung ist die Ernte. Ich muss sie nur in Müllsäcke packen und zum Flughafen bringen.«
»Tja, warum nicht?«, erwiderte ich.
Auch wenn es alles andere als ungefährlich war, war ich innerlich langsam zu allem bereit. Meine Verlobte war für ein paar Wochen nach China gereist und hatte mich in einer misslichen Situation alleingelassen. Ich entspannte mich auf Ackermans Sonnenterrasse mit einer Thermoskanne Margaritas und heckte, während er die letzten paar Stunden der Ernte überwachte, einen narrensicheren Plan aus. Er sprach inzwischen von viel mehr als 200 000 Dollar. Es klang eher nach einer Million. Wir würden die gesamte Ernte verpacken und sie an ein Postfach im ländlichen Texas schicken, wo ein Mann, der mich früher mal betrogen hatte, eine verlassene Ranch besaß. Ich dachte mir, dass eine derartige Ladung entweder eine Menge Aufmerksamkeit erregen würde oder nicht die geringste. Mit beiden Varianten konnte ich leben. Wenn wir in zwei Wochen dort eintrafen und überall Leute an den Telefonmasten hängen sahen, würden wir vermutlich besser nicht im Postamt auftauchen. Doch wenn die Luft rein war, wären wir reich. Ich kannte Leute in Houston, die allein schon
100 000 dafür auf den Tisch legen würden, das Zeug abholen zu dürfen. Es gibt Menschen, die ihr Leben lang auf die Chance warten, einmal etwas zu sagen wie:
»Howdy. Ich bin DeLorean, neuer Vormann auf der Triple Six. Irgendwelche Post für mich gekommen?«
Die auf diesen Satz folgenden Sekunden sind diejenigen, wofür manche Leute zahlen – eine rasende Attacke auf alle Nervenenden, dein ganzes Leben hängt am seidenen Faden. Was immer als Nächstes geschieht, wird den Ausschlag geben. Man sagt, es gibt nichts in Vegas und auch keine einzige Droge, die dir ein solches High verschafft. Es gibt nur zwei Arten ein Postamt in Osttexas zu verlassen, nachdem du den Erhalt von hundert Kästen Primo-Bier quittiert hast, die vollgestopft sind mit Marihuana aus
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