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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Augen an.
    Arithon atmete vorsichtig ein. Dann lächelte er ebenfalls und sagte: »Die Hörner, die meine Mutter dir hinterlassen hat, machen dich wütend, habe ich gehört. Bist du gekommen, dich an meinem Anblick zu weiden, oder willst du mich mit deinen Hörnern aufspießen?«
    Der König schlug den hilflosen Mann so heftig, daß sogar die Wachen auf dem Gang zusammenzuckten.
    Über alle Maßen erschreckt, vergaß der Heiler seine Zurückhaltung und griff nach dem königlichen Ärmel. »Der Gefangene ist zu krank, um seine Handlungen zu kontrollieren. Habt Erbarmen.«
    Der König schüttelte ihn ab. »Das ist ein s’Ffalenn, und du bist anmaßend.«
    Dennoch mißhandelte der oberste Herrscher von Amroth den Gefangenen nicht weiter. Als hätte er seine ganze Kraft auf die kurze Eröffnung verwandt, wusch die Droge bald Arithons Widerstand fort. Der König beobachtete, wie er um sich schlug, den Abdruck der königlichen Faust auf der blutleeren Haut. Die Sehnen über den Handgelenken des Gefangenen entspannten sich. Schmale Finger, die mit einer so verblüffenden Geschicklichkeit den Schatten befohlen hatten, verkrümmten sich nun zu Fäusten. Grüne Augen verloren ihre Distanziertheit und weiteten sich unter Qualen.
    Begierig wie ein eifersüchtiger Liebhaber beobachtete der König, wie das Zittern begann, und er verweilte, bis Arithon rasselnd einatmete und seine extremen Schmerzen hinausbrüllte. Doch seine Worte gehörten einer alten Sprache an, einer vergessenen Sprache, die nur noch in Rauven bekannt war. Um seine Befriedigung gebracht, ließ der König die Decke wieder los. Wolle senkte sich in einem dichten Haufen herab und verschleierte das irrsinnige Elend seines Feindes.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte seine Majestät, als der Heiler die Hand ausstreckte, um die Decke zu ordnen. »Ich werde Arithon nicht vernichten, ehe er nicht gesund genug ist, zu wissen, wer ihm das antut.«
    In dem Moment, in dem der König den Raum verließ, befahl der Heiler einem Helfer, mehr Milch mit Wein anzurühren. Er hatte zwar schon weit mehr als geplant erhalten, doch der Zustand des Patienten ließ dem Heiler keine Wahl.
    »Ich glaube, ich komme ohne das zurecht.« Die Worte entrangen sich rasselnd Arithons Kehle, doch seine Augen zeigten plötzlich eine erstaunliche Klarheit.
    Der Heiler erschrak und staunte. »War das nur Theater?«
    Kurz trat ein übermütiges Funkeln in die Augen des Gefangenen, ehe er die verwundeten Lider schloß. »Ich habe seiner Majestät eine Zeile aus einem sehr schlechten Stück zum Besten gegeben«, entgegnete er geschwächt, aber sardonisch. Danach lag Arithon lange Zeit still, als ob er schliefe.
    Der königliche Heiler allerdings vermutete etwas anderes, also schickte er nach einem Stuhl und bereitete sich auf eine lange, unerfreuliche Wache vor. Er hatte die Wachen auf einen weiteren Ausbruch der Schmerzen, bedingt durch die Qual des weiteren Zurückweichens der Droge aus Arithons Körper, vorbereitet. Not war den Männern nicht fremd, sie waren körperlich in guter Form, wußten sich zu beherrschen und waren hart im Nehmen. Wie Arithon selbst bekämpften sie die rastlosen Klagen von Nerven und Geist durch totale Ruhe. Eines Zauberers geübte Mühen vermochten vielleicht, die Zersetzung durch die Drogen hinauszuzögern, doch so wie die Halluzinationen die Vernunft davonspülten, würde schließlich auch die stärkste Selbstdisziplin geschlagen sein. Der Atem des Gefangenen würde sich beschleunigen. Nach und nach würden sich seine Muskeln spannen, bis der ganze Körper sich in spastischen Zuckungen verfangen müßte. Reglos verkrampfte Hände und ein wild zuckender Kopf, dann schließlich, wenn das Bewußtsein der Pein erliegen und der Geist sich in einen Alptraum verstricken würde, dann endlich würde die Seele ihre Stimme um der Qualen Willen erheben.
    Bereit, als sich die zusammengepreßte Linie von Arithons Lippen öffnete und er wie von Sinnen die Luft in seine Lungen sog, dämpfte der Heiler die heiseren, durchdringenden Schreie mit dem Linnen des Bettzeugs, so sanft, wie er es für einen eigenen Sohn hätte tun können. Ein Helfer beeilte sich, neue Milch anzurühren. Für einen Augenblick zeigte sich in Arithons Augen endlose, schmerzerfüllte Dankbarkeit, ehe er erneut das Bewußtsein verlor.
    Der Heiler glättete das feuchte, zerknitterte Leinen und massierte die verspannten Muskeln seines Patienten, bis sie zu zittern aufhörten und zur Ruhe kamen. Dann, zu Tode erschöpft,

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