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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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bindenden Beschränkungen des umfassenden Wissens oder den Möglichkeiten der Staatsmacht zu fügen. Ergriffen von furchtbarem Mitgefühl atmete Asandir tief durch. Die Rolle eines Königs würde auch Athera diesem Prinzen nicht ersparen können.
    Als Abkömmling königlicher Geschlechter, die älter als alle Schriften in den Archiven Dascen Elurs waren, war Arithon der letzte lebende Erbe des Titels eines Hohekönigs von Rathain, dem Land, in dem Krieg und Streit regierten, seit der Nebelgeist den Himmel verhangen hatte. Wenn auch Arithons Leid Gnade verdiente, so kannte Asandir doch auch die vielen Sorgen der Generationen, deren Hoffnungen auf dem Tage geruht hatten, an dem ihr Herrscher durch das Westtor zurückkehren würde. Daß nun dieser Prinz aus der Linie der s’Ffalenns, der durch das Tor gekommen war, die Krone als furchtbare Zumutung empfinden mußte, war wahrhaft tragisch.
    Asandir löste die Verbindung und hockte sich ermattet auf den Boden. Die Jahre und das Wissen lasteten schwer auf seinem Herzen, während er den dunklen Haarschopf im Feuerschein betrachtete. Arithons Freiheit mußte unwiderruflich der Balance eines Zeitalters geopfert werden. Seine persönliche Erfahrung warnte den Zauberer vor der Schwere der Bürde, die eine zweite Krone mit sich bringen konnte, doch er wußte nur zu gut, daß die Herrschaft über die Schatten in Verbindung mit der Disziplin eines Zauberers Arithon machtvolle Möglichkeiten einräumten, sich den Beschränkungen seines Geburtsrechtes zu entziehen. Athera aber konnte die Konsequenzen nicht tragen, wenn der Nebelgeist, der diese Welt heimsuchte, auf ewig das Sonnenlicht abschirmen würde.
    Asandir unterdrückte sein Mitgefühl, während er die schmalen Musikantenhände betrachtete, die sogar jetzt um Saiten zu betteln schienen. Arithons Fesselmale berührten ihn nicht mehr, nun, da er um die unsäglichen Qualen wußte, die dieser Mann in einem Sandloch namens Karthan erlitten hatte. Asandir seufzte. Wenn er auch den Prinzen nicht von der Regentschaft befreien konnte, so wollte er doch wenigstens seinem Geist zum Frieden verhelfen und ihm später die Chance zu einer verständigen Einwilligung verschaffen.
    »Aths Gnade möge dich führen, mein Prinz«, murmelte er. Widerstrebend führte er den notwendigen Kontakt mit Arithons Geist erneut herbei. Schnell berührte der Zauberer die Vorstellungsgebilde, die Zauberei und Regentschaft für unvereinbar erklärten und blockierte diese Erinnerungen. Sein Werk war umfassend, doch nicht dauerhaft. Das Gesetz der Großen Balance, auf dem seine Macht beruhte, verlangte ihm für den direkten Eingriff in das Leben eines Sterblichen einen hohen Preis ab. Also kontrollierte Asandir nur die Erkenntnisfähigkeit Arithons, auf daß ihm ein Schicksal, das er als unerträglich empfinden würde, so lange nicht voll bewußt würde, bis er von der Bruderschaft der Sieben angeleitet werden konnte, seine Gaben sinnvoll zu nutzen.
    Als der Zauberer fertig war, spielte das graue Licht des Nachmittags um die Fensterläden. Das Feuer war bis auf einige ascheüberzogene, verkohlte Scheite heruntergebrannt, und Dakar hatte sich irgendwann von seinem Stuhl erhoben und auf einer Decke auf dem Boden ausgestreckt. Sein Schnarchen vermischte sich mit den Geräuschen des Wassers, das von der Traufe niedertropfte.
    Geschmeidig erhob sich Asandir. Dann hob er Arithon auf seine Arme und trug ihn in den Nebenraum, in dem ihn ein freies Bett erwartete. Schlaf würde die Erschöpfung lindern, die die Magie von Mearth hinterlassen hatte. Asandir selbst jedoch durfte sich keinen Schlaf gönnen. Er folgte dem Leuchten des goldgelben Schopfes und kniete neben dem s’Ilessid-Prinzen nieder, dessen Schicksal ebenfalls vorherbestimmt war.
     
    Dakar erwachte in tiefer Dunkelheit. Hungrig und frierend stellte er fest, daß Asandir das Feuer hatte erlöschen lassen. »Zauberer«, schimpfte der Wahnsinnige Prophet und fügte ein passendes Attribut hinzu. Er erhob sich und schlug sich die Schienbeine an dem fremden Mobiliar wund, ehe er endlich Feuerstein und Zündholz gefunden hatte. Ohne seinen Zorn zu vernachlässigen, kniete er sich auf die Decke und machte sich an die Arbeit. Funken blitzten zwischen seinen Händen auf und sprühten in einem schmalen orangefarbenen Streifen auf das Holz.
    Hastig eilte der Wahnsinnige Prophet gleich darauf in die Vorratskammer des Holzfällers, aus der er beladen wie eine Bauersfrau zurückkehrte; das zufriedene Pfeifen aber

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