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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Universum durch einen Blick durchs Schlüsselloch zu analysieren.«
    »Sind wir wieder bei Analogien angelangt?« Kalte Luft wirbelte Schneeflocken durch den Raum; noch in seinem Körper hatte Kharadmon dazu geneigt, auf und ab zu gehen, und auch als Geist war er ruhelos geblieben. »Was für ein Schlüsselloch meinst du? Erklär mir deine Theorie!«
    Seine hochgezogenen Augenbrauen wiesen Sethvir als deutlich verstimmt aus.
    »Nur ein Gefühl«, korrigierte er. Überaus vorsichtig stellte er die Teetasse ab; als könnten die feuchten Blätter nach Belieben die Natur der Dinge verändern und würden Gefahr laufen, spröde zu werden und zu brechen. »Mein Schlüsselloch ist die Gegenwart, und Traithes mißliche Lage bestätigt meine Vermutung.« Seine tintenverschmierten Finger wölbten sich in der Luft. So deutlich wie die Ramme einer frisch entzündeten Kerze erschien ein Bild über ihnen. Die dargestellte Szene war nicht neu. Zeit um zermürbende Zeit, in Netzen und Feuern hatten die Bruderschaftszauberer immer wieder den Augenblick der Versiegelung des Südtores und das Schicksal ihres Freundes geschaut, der sich ganz allein dem Übel entgegengestellt hatte …
     
    Weiß hoben sich die Porphyrpfeiler des Südtores von dem statischen Aufblitzen der gemarterten Energien ab. Die das Wetter kontrollierende Kräfte waren aus dem Gleichgewicht geraten, und Blitze bohrten sich aus dem Sturmhimmel in die Erde. Unter grollendem Donner fiel der Regen gleich silbernen Nadeln durch das höllische Spiel des Lichts. Selbst nach fünf Jahrhunderten war der Anblick des Desh-Thiere, der sich durch das Portal zwischen den Welten drängte, noch immer grauenerregend. Vom Sturm getragen drangen die Nebelmassen herein wie der Dunst über dem brodelnden Gebräu in einem Hexenkessel. Gegen den steten Zustrom aus dem Tor stemmte sich eine einzelne Gestalt: Traithe kämpfte gegen einen Zyklon verwehter Luft, der seine Robe aufwirbelte und ihn quälte und peinigte, bis er nicht mehr weiterkonnte …
     
    Nun blieb das Bild stehen, und Traithes Gesicht lag verborgen hinter seinem windgebeutelten Ärmel. Eine Hand ragte hervor, um etwas abzuwehren, das wie ganz gewöhnliche Luft aussah, vielleicht aber auch eine tastende Ranke des Nebels war.
    Trotz der Bewegungslosigkeit des Bildes wurde dieser Moment, der aus der Vergangenheit zurückgerufen worden war, noch immer von den extremen Gewalten des Lichtes verzerrt.
    »Wir haben diese Turbulenzen für Effekte des Windes gehalten«, murmelte Sethvir, »hervorgerufen durch den Strom, der durch das Tor hereindrang. Jetzt denke ich anders darüber.«
    »Ein Angriff von Desh-Thiere?« Kharadmons Ruhe war vielsagend. »Der Wirbel kreist um Traithe, soviel steht fest, aber er enthält weiter nichts als Nebel. Es ist nirgends eine Spur von empfindungsfähiger Lebenskraft zu erkennen.«
    »Scheinbar nicht.« Sethvir löste den Bann, und die Vision schritt weiter fort.
    Die nun folgende Sequenz war nicht minder schmerzhaft, und doch war sie den Zauberern zur Selbstverständlichkeit geworden …
     
    Der die Sicht verschleiernde Ärmel fegte davon, als Traithe die Arme erhob. Sein Gesicht spiegelte nicht länger die Ruhe eines Zauberers im Vollbesitz seiner Kräfte wider, sondern offenbarte einen Mann, der größten Qualen ausgesetzt war. Donner hallte durch die Luft, durchdrang den Sturm gleich einem Aufschrei, und der Nebel verdichtete sich zu einem Wirbelwind, der den Zauberer in die Knie zwang. Unter unglaublichen Mühen raffte er sich wieder auf. Macht antwortete ihm. Roh, weiß und wild wie ein elementarer Blitz, ging sie auf seinen Ruf hin hernieder und legte sich wie ein lichtberauschter Draht um seine Handgelenke und Arme. Ungehindert ging sie in eine Umklammerung über, erblühte zu einer schwindelerregenden Helligkeit, die sich gleich einer Nova auf die Augen legte, blendend, unerbittlich und fest entschlossen zu zerstören. Der Nebelgeist entfaltete sich, strahlend in der Nachglut niedergerungenen Lebens. Die Schwaden rollten zurück, teilten sich und gaben den Blick auf den perlenden, strahlenden Bogen des Südtores frei. Während dieses Augenblicks, als das Vorwärtsströmen unterbrochen war, wurde eine kohlschwarze Gestalt sichtbar, über deren Robe Funken sprühten. Mühsam stemmte sie sich aus dem Staub empor, erhob ihre von Verbrennungen gezeichneten Hände und zeichnete ein Siegel magischer Bindung in die Luft. Gebrochen vor Schmerz krächzte Traithe den Namen, der den Gesang des Endes

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