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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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niedergestochen worden waren, war ein kostspieliges, ermüdendes Unterfangen, das ihm mehr abverlangte als alles, was er zuvor vollbracht hatte.
    Denn diese Toten hießen seine Einmischung nicht willkommen, sie wichen voller Angst vor Arithon zurück. Er war mehr als nur ihr Mörder; er war der Meister, der sie auf einer Ebene geschlagen hatte, die ihr eigenes Bewußtsein nicht hatte schützen können. Sie lange genug an sich zu binden, um ihnen die Erlösung zu schenken, verlangte von ihm, sich ihnen in seinem ganzen Wesen zu offenbaren. Er mußte seine Abwehr sinken lassen, mußte zulassen, daß sie ihm Schmerzen zufügten, bis seine passive Haltung sie ruhig und friedlich werden ließ.
    Und als der paravianische Segen sie in die Erlösung entschweben ließ, konnte er nicht an ihrem Frieden teilhaben. Arithon sah betrübt und verfolgt aus, und seine kummervolle Reue hatte ihm nicht einmal Tränen gelassen.
    Lange, bevor er fertig war, mußte Halliron sich eingestehen, daß er nicht länger zusehen konnte.
    Caolle, der nicht die Gabe hatte, das Ausmaß der Vorgänge zu erkennen, sah nur, daß Arithon litt. »Warum tut er das? Warum denn nur?«
    Doch die Antwort, die ihm der Barde gab, konnte dem Hauptmann nicht weiterhelfen, lautete sie doch, daß sein Prinz nicht nur ein König, sondern auch ein Musiker sei. Caolle verstand lediglich, daß der Kern dieses Mysteriums sich seinem Zugriff entzog.
    Als der Hauptmann, der geglaubt hatte, alle Formen menschlichen Leidens zu kennen, die schreckliche Stille nicht länger ertragen konnte, sprach er die größte Anerkennung aus, derer er fähig war: »Arithon ist ein größerer Herrscher als Steiven.«
    »Du kannst das erkennen«, sagte der Meisterbarde. »Du bist privilegiert, denn viele werden das nicht tun, und die meisten werden Verbündete sein.«
    Inzwischen waren die toten Städter und die meisten gefallenen Clankrieger gezählt. Nur Madreigh fehlte noch, der mit offenen Augen, entspannten leeren Händen und einem klaffenden Loch in der Brust ausgestreckt am Boden lag. Mit schmerzendem Leib und tobendem Geist hielt Arithon für einen Moment mit angehaltenem Atem inne. Er blickte auf das Gesicht dieses einen Kameraden herab, das nicht zu einer Maske erstarrt war, sondern den ewigen Frieden des Wechsels der Jahreszeiten widerspiegelte.
    Dieser Mann hatte ihm den Rücken freigehalten, als er, für Jieret, Verderben herbeiführende Beschwörungen formuliert hatte. Ein Schrei entglitt Arithons Kehle, noch ehe seine schwerfälligen Gedanken ihn aufhalten konnten. »Dharkaron, der Racheengel, ist mein Zeuge, du hättest Besseres verdient als dieses Schicksal!«
    Von Krämpfen geschüttelt, schob er das graue Haar des Mannes zurück und umfaßte Madreighs Gesicht mit seinen Händen. Blind gegenüber dem Licht des neuen Tages, taub vor Kummer, schloß er die Augen und sprach einen Namen, und er traf nicht auf Leere und Verwirrung, sondern auf den fortdauernden Niedergang eines Frühlingsregens, auf Schnee und auf wärmendes Sonnenlicht. Er begegnete dem Frieden der Bäume.
    Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schock. Der Zauber, der mehr als fünfzig Männer umgarnt hatte, um einen zu verschonen, hatte ganz ohne Absicht ein weiteres Leben bewahrt.
    Rathains Prinz legte den Kopf in den Nacken. Halliron und Caolle beugten sich über ihn. Sein Gleichgewichtssinn geriet ins Schwanken, und vor seinen Augen zog tiefe Finsternis herauf gleich dem Tadel des Dharkaron. »Diesen Mann habe ich auch noch retten können«, sagte er, als würde er um Vergebung flehen. »Behandelt ihn sorgsam. Ich werde um sein Leben beten.«
    »Herr«, sagte Caolle. Rasch kniete er nieder; und als das Bewußtsein den Prinzen verließ, war er dort, um Arithon in seinen Armen zu bergen.

 
Erster Beschluß
     
    Als bei Sonnenaufgang der Wind über die felsige Ebene von Araithe fegte, hing über den Tälern wie schon in der vorangegangenen Dämmerstunde noch dichter Nebel. Nur das leise Plätschern der Tautropfen auf den Felsen durchbrach das Stöhnen der verwundeten Soldaten. Eingehüllt in die Fetzen seines Wappenrocks kniete Lysaer, der seine Decke längst hingegeben hatte, um Ersatz für fehlendes Verbandsmaterial zu liefern, neben einem zitternden Lanzenreiter, und er hielt seine Hand, während der Mann in irrsinnigem Schmerz um sich zu schlagen versuchte.
    »Delirium«, sagte der Heiler. Dieses Opfer litt unter Wundfieber, nicht wie viele andere unter dem Wahnsinn, den Zauberei und Schatten über sie

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