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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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zu lassen.
    Das sonderbare Paar ging gemeinsam weiter, der stämmige ergraute Krieger erfüllt von schmerzlicher, mißtrauischer Verbitterung und der schlanke Musiker, dessen hübsche Stiefel und höfische Kleidung nicht für das unebene Gelände geeignet waren, dessen Würde jedoch unter dem unpassenden Rahmen keineswegs gelitten hatte.
    Sie fanden einen toten etarranischen Pikenier. Der Mann lag nicht, wie er gefallen war. Jemand hatte seine Waffe zur Seite gelegt, seinen Helm abgenommen und sein Gesicht gen Himmel gerichtet. Mit geschlossenen Augen ruhte er nun in gerader Haltung, die Hände über der Brust gefaltet.
    »Sonderbar.« Caolle hustete, als der Gestank der Asche ihn peinigte. »Von uns würde sich keiner die Mühe machen. Der Bursche muß einen Kameraden gehabt haben.«
    Halliron schwieg und starrte mit hocherhobenem Kopf in die Finsternis über der Schlucht.
    »Ihr wißt doch etwas«, beschuldigte ihn Caolle.
    »Vielleicht.« Halliron drängte voran.
    Nach dem fünften derartigen Leichnam, diesmal der eines Clankriegers, wurde die Unstimmigkeit allmählich lästig. Caolle blieb breitbeinig in dem Moos stehen, in dem der tote Kundschafter sorgsam hergerichtet worden war.
    »Ihr habt noch nie von der Ballade von Falmuir gehört, nehme ich an«, sagte Halliron milde. »Ich glaube, das ist es, was wir hier sehen.«
    »Ballade?« Caolle rieb sich das Gesicht mit den Handrücken, als könnte er so seine Müdigkeit vertreiben. »Ihr habt Euch eine verdammt merkwürdige Zeit ausgesucht, um über Musik zu sprechen.«
    Halliron war ebenfalls stehengeblieben. Warm glühte ein herausfordernder Funke in seinen Augen. »Und Ihr beurteilt jeden Mann, der Euch begegnet, ganz selbstverständlich nach seinem kriegerischen Potential?«
    »Das ist etwas anderes.« Caolle seufzte. »Vielleicht auch nicht.« Er überprüfte den Sitz seines Schwertes und seiner Messer, ehe er vom Fluß weg in den Schatten schritt. »Was sollte ich also über Falmuir wissen?«
    »Daß dort zwei Städte zu den Waffen gegriffen haben, im Streit um das Vorrecht, eine Prinzessin zu ehelichen.« Halliron verlangsamte seine Schritte, als er eine Anhäufung getrockneter Flußkiesel hinter sich bringen mußte, auf denen ein Fehltritt leicht zu gebrochenen Knochen führen konnte. »Das Mädchen«, fuhr er dann fort, »hatte das Zweite Gesicht. Sei bat ihren Vormund, er möge sie mit einem unbeteiligten Freier verheiraten, um den Frieden zu wahren, auch wenn sie damit ihren Erbanspruch verwirkte. Aus Selbstsucht und Machtgier wurde ihr Wunsch abgelehnt, und es kam zu einem Krieg, so verlustreich wie dieser.«
    Caolle drang tiefer in den Hohlweg ein, auf dem sie sich befanden, und in der Dunkelheit konnte sich sein Mißfallen nur in Worten Ausdruck verschaffen. »Diese Etarraner hätten sich lediglich benehmen und daheimbleiben müssen. Ihre Stadt ist schließlich nicht angegriffen worden.«
    Wahr, und dennoch streitbar, ging man von der Sichtweise der Stadtbevölkerung aus, die von Schatten terrorisiert worden war und kaum Grund zur Annahme hatte, daß diese niemandem etwas tun würden. Halliron, der in seiner Erzählung unterbrochen worden war, sann über die Gründe für Caolles Unduldsamkeit nach. »Ihr vermutet, daß wir in einen Hinterhalt laufen?«
    »Was sonst?« Der Hohlweg verengte sich. Mit kraftvollen Bewegungen, doch so geschmeidig wie ein Raubtier, zog Caolle sein Messer. Je weiter sie den Fluß hinter sich ließen, desto leiser wurde auch das Rauschen des Wassers. In der vor ihnen liegenden Finsternis lagen die Gefallenen dicht gedrängt auf dem taufeuchten Boden. Clankrieger und ihre Gegner waren in schweigenden Reihen angeordnet, die Köpfe nach Norden, die Füße nach Süden gewandt, die Waffen den gefalteten Händen entwunden.
    Caolle überprüfte dennoch jeden einzelnen von ihnen, um sich zu vergewissern, daß keiner der Männer noch atmete.
    Leise raschelten die Sohlen ihrer Stiefel über den Boden, als Halliron sagte: »Ihr werdet nicht finden, was Ihr erwartet.«
    »Das werden wir ja sehen.« Gereizt wie ein Wolf, der in seinem Bau aufgescheucht wurde, klammerte sich Caolle an seine Wachsamkeit.
    Durch die Haltung des Kriegerhauptmanns gewarnt, wandte sich Halliron vorerst von Balladen und Gespräch ab. Der Boden des Hohlweges war gefährlich schlüpfrig. Dort, wo Rehe ihre Tränken zurücklassen sollten, erklang nun nur das einsame Zirpen der Grillen. Lediglich Fledermäuse schwirrten noch in ziellosen Kreisen zwischen den

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