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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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gelüstete es ihn, um die Flasche mit dem Telirbranntwein zu bitten, denn all seine gute Stimmung war verschwunden. Am Ende scheiterte er jedoch an seiner eigenen Courage, denn er mußte noch eine Frage stellen. »Und s’Ilessid? Welches Erbe meiner Vorfahren trage ich in mir?«
    Mürrisch sagte Dakar: »Ihr werdet stets Gerechtigkeit suchen, auch, wenn keine gefunden werden kann.«
    Einen Moment später fühlte Lysaer, wie die Flasche in seine dick verbundenen Hände zurückgelegt wurde. Vorsichtig, um ihn mit den Bandagen nicht zu verschütten, trank er in großen Schlucken. Ganz abrupt war seine Euphorie über die Niederlage Desh-Thieres vergangen. Nun wollte er sich betrinken, sich der Vergessenheit überantworten, ehe sein geschäftiger Geist sich in einem ebenso perversen wie nutzlosen Rückblick auf vergangene Ereignisse erschöpfen konnte. Er könnte sein Leben dem Studium widmen, doch würde er vermutlich nie unterscheiden können, welche Taten er aus eigenem Antrieb vollbrachte und welche aus diesen Tugenden gespeist wurden, die durch Magie an sein Blut gebunden waren.
    »Arithon war weise, zu Bett zu gehen«, sagte der Prinz schließlich. »Ich bin entschieden zu müde für so etwas.«
    Großzügig überließ er Dakar den Rest des Branntweins und stellte die Flasche unbeholfen auf dem Pflaster ab, ehe er sich erhob und davonging.
    Dakar blieb allein zurück. Der nächtliche Wind zerzauste sein ungekämmtes Haar, während er nachdenklich an der makellosen Wolle von Asandirs Umhang herumzupfte. Bis sein Herz zerspringen wollte, wünschte sich der Wahnsinnige Prophet, die Flasche neben seinem Ellbogen wäre noch immer voll oder er würde einen Zauber kennen, mit dessen Hilfe er irgendeinen Fusel aus der Luft herbeibeschwören konnte. Jeder miese Alkohol wäre ihm recht gewesen, sich weit genug zu betrinken, um jenen Nerv zum Schweigen zu bringen, der dauernd über die Verbrennungen an den Händen Lysaers von Tysan nachgrübelte. Vielleicht würde er dann mit dem Wissen schlafen können, das Asandir in der Stunde vor seiner Abreise enthüllt hatte.
    Dakar schloß die Augen, ehe die Sterne, die er in seiner Prophezeiung vorausgesehen hatte, hinter einem Schleier aus Tränen verschwimmen konnten. »Daelion, Herr des Schicksals, hab Erbarmen! Warum, Lysaer, mein Freund, warum mußtest du derjenige sein, der gebraucht wurde, um den Angriff des Nebelgeistes mit bloßen Händen abzuwehren?«
    Doch Asandir hatte sich zu diesem Punkt mit unzweideutiger Klarheit geäußert: In der Stunde des letzten Kampfes, als Desh-Thiere auszubrechen drohte, hatte Kharadmon Lysaer als Opfer auserwählt. Noch immer schmerzte ihn Asandirs herzloses Urteil über dieses nicht wiedergutzumachende Ereignis: »Dharkaron, Aths Engel der Rache, mag uns für diese Tat verdammen, aber Dakar, was hätten wir anderes tun sollen? Von uns allen ist Lysaer mit den Mysterien am wenigsten vertraut. Wenn der Kontakt mit dem Fleisch Desh-Thieres Geistern Zugang zum menschlichen Geist verschaffen kann, welch ein schreckliches Übel hätten wir dann zulassen sollen? Diesen Wesen das Wissen um die wahre Macht verfügbar zu machen, hätte sie zu einer Bedrohung für das ganze Universum werden lassen können. So traurig es auch ist, so tragisch die Zukunft verlaufen muß, bleibt doch die Preisgabe Lysaers das kleinere Risiko. Weine gemeinsam mit uns, denn diese Entscheidung ist nicht ohne Bedauern gefällt worden.«
    »Ohne Bedauern, bei Ath, das ist nicht genug!« Allein auf der zugigen Terrasse griff Dakar in plötzlichem Zorn nach der Flasche und schleuderte sie samt ihrem unbezahlbaren Inhalt von sich. Sie prallte gegen die Wand, und eine Explosion umherfliegender Scherben sauste durch die Luft, ehe sie am Boden wenig zufriedenstellend zur Ruhe kamen. Den Ereignissen um den Sieg über den Nebelgeist würde niemals ein Gedächtnis gesetzt werden können, das sie unblutig und still in Ithamon enden ließ. Getadelt von dem süßlichen Duft des Telirbranntweins, der sich langsam im Wind verflüchtigte, barg Dakar sein Gesicht in der dunklen Wolle und weinte, bis seine Brust schmerzte. »Du hartherziger, gewissenloser Bastard!« schrie er schließlich in der lasterhaften Hoffnung, Sethvir würde ihn hören und all seinen Zorn auf direktem Wege zu seinem Meister aus der Bruderschaft weiterleiten.
    Denn die Saat des Bösen war ausgebracht, gut und tief. All der Telirbranntwein in Athera würde nicht reichen, das Chaos zu mildern, das sie bei der von bösen

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