Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
Sturm erwischte Strakewald von Süden her. Wie mit riesigen Fäuste schüttelte der Wind die Bäume, und der Regen prasselte mit solcher Heftigkeit auf das geölte Leder der Zelte, daß das Donnergrollen des Gewitters in dem Lärm kaum noch vernehmbar war.
    Steiven hatte einem Kundschafter geholfen, die Pferdegatter zu sichern, und kam nun vollkommen durchnäßt herein. »Sonderbar«, sinnierte er, während er sich aus seinem aufgeweichten Wams schälte und sich eine tropfnasse Haarsträhne aus der unversehrten Seite seines Gesichtes strich. »Wir haben hier nur selten Südwind. Normalerweise kommt er nicht über die Mathornberge, sondern lädt seinen Sturm über den Villen von Etarra ab.«
    »Auf uns kommen größere Veränderungen als nur ein Wetterwechsel zu, jetzt, da das Sonnenlicht zurückgekehrt ist.« Halliron verhakte die letzten Schnüre des wollgefütterten Koffers, in dem er seine Lyranthe verwahrte, und nahm Wein aus der Hand von Steivens Gemahlin entgegen. »Ihr seid zu freundlich«, dankte er ihr und hob den Krug, um auf die Gastfreundschaft des Clans zu trinken.
    Herausgeputzt wie selten, das schwere, rostbraune Haar mit Paillettenschnüren gebunden, die sich beim Tanz gelöst hatten, strahlte sie den Barden an. »Wir haben zu danken. Euer Gesang ist eine unvergleichliche Gabe.«
    Ihre Wärme erinnerte den Barden an seine Sorgen, und plötzlich schien er gänzlich im Geschmack des Weines aufzugehen.
    »Noch kein Nachfolger?« erkundigte sich die Frau mitfühlend und mit einem Einfühlungsvermögen, das gestandene Männer immer wieder zu verwirren pflegte. Kurz tauschte sie einen Blick mit ihrem Gatten aus, der vor einer Truhe an der Wand kniete und ein frisches Hemd heraussuchte.
    Halliron seufzte. »Trotz all meiner Bemühungen, gnädige Frau. Ich habe mir Kandidaten angehört, Tausende. Viele hatten Talent. Dennoch war ich nie wirklich zufrieden. Etwas Unerklärliches schien ihnen zu fehlen.« Vergeblich bemühte er sich, die Verbitterung abzuschütteln, die sich gelegentlich vor seine von den Jahren gemilderte Natur schob. »Ich habe mir den Ruf eines arroganten alten Spinners eingehandelt. Möglicherweise zu Recht.«
    Doch das Gesicht des Barden zeigte im Lichtschein der Kerzen nur einen Ausdruck tieftraurigen Bedauerns. Hallirons Tragödie war, wie Dania dachte, daß es ihm nicht gelungen war, einen Erben für seinen Titel zu finden, und das mochte der schlimmste Schmerz sein, den er in seinem langen Leben hatte erleiden müssen.
    »Dania«, sagte Steiven sanft. »Bring den Telirbranntwein und schenke dem Barden nach.«
    Behutsam, wie es nur die im Wald Aufgewachsenen vermögen, bewegte sich die Dame des Hauses, um die Kristallkaraffe zu holen, während des Barden Aufmerksamkeit sich auf die Schatten richtete, die den hinteren Teil des Zeltes verdunkelten. Herzog und Herzogin folgten seinem Blick und sahen, daß Jieret, dessen schweres Haar, das dem seiner Mutter so sehr glich, noch ganz zerzaust war, aus seinem Bett gekrochen war.
    »Angst vor dem Gewitter, was?« sagte Halliron mit einem Anflug wohlmeinenden Spottes.
    »Bei Dharkaron, die hat er.« Steiven richtete sich verärgert auf. Gedämpft von dem dicken Leinen des frischen Hemdes, das er nun endlich über den Kopf zog, sagte er: »Jieret, hast du für eine Nacht nicht schon genug Unsinn angestellt?«
    Der Knabe leckte sich die Lippen. Als er zögernd einen Schritt nähertrat, fiel das Licht auf sein Gesicht und offenbarte seine erschreckende Blässe. Zitternd verkündete er: »Vater, ich hatte einen Traum.«
    »Ath, es ist das zweite Gesicht«, rief Dania aus. Wie windgepeitschte Tropfen funkelten die Pailletten in ihrem Haar, als sie eilends über den Teppich hastete und ihren kleinen Sohn in die Arme schloß. »Steiven, er ist ganz kalt, hol eine Decke!«
    Behende, wie man es einem Mann seines Alters kaum zutrauen wollte, sprang der Barde auf die Füße. Er warf der Herzogin seinen seidengefütterten Umhang zu und trat dann beiseite, als Steiven mit einem Haufen unverschnürten Stoffes zurückkehrte. Er nahm seiner Frau den Knaben ab und vergrub ihn bis zum Kinn in seidengefütterter, dicker schwarzer Wolle.
    Halliron half der zitternden Mutter, zwischen den verstreuten Kissen einen Sitzplatz zu finden. »Die Vorsehung ist Euer Bluterbe, gnädige Frau?«
    Die Frau, die an Schrecken gewöhnt war, ja, die sogar selbst Narben vom Schwertkampf vergangener Überfälle trug, zitterte nun nicht minder als ihr Sohn, als sie keuchend

Weitere Kostenlose Bücher