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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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als Sklaven in den Lagerhäusern schufteten; die Rechte der Händler konnten nicht gewahrt werden ohne die Duldung der Kopfjäger und ihres Abschlachtens unter den Clans in den Wäldern.
    Wessen Bedürfnisse sollten nun Vorrang haben? In dieser Welt entzweiter Kulturen und zerstörter Loyalitäten gab es kein einzelnes Fundament der Gerechtigkeit.
    Die Bruderschaftszauberer enthielten sich einer Meinung. Sie waren bereit, ihre ungeheure Macht zu nutzen, um einen Prinzen auf den Thron zu heben, und doch würden sie keine Gesetze erlassen und kein Recht sprechen; sie führten nicht, und sie erwarteten nichts, sie ermutigten lediglich die von ihnen gewählten königlichen Nachfahren, durch ihre ererbten Gaben und mit Hilfe ihres Gewissen zu regieren.
    Das Ausmaß an Verantwortung wurde allmählich erdrückend. Lysaer legte seinen Kopf an den Stein, der auch seine Schultern stützte und rang mit einer Gerechtigkeit, die nun nicht länger offen erkennbar war. Prinzipien waren nur das wert, was ein Mann aus ihnen machte. Von Geburt an durch die Fürsorge eines geradlinigen Königshauses behütet, fühlte er sich nun, da er selbst gefordert war, Gesetze zu formulieren, furchtbar verloren. Etarra peinigte ihn, weil es Zweifel und Fragen aufwühlte: Sein eigenes verlorenes Reich, Tysan, mochte ein ähnliches Maß mühseligen und unauflösbaren Leidens bereithalten. Er aber hatte die Pflichten eines Staatsmannes anderenorts erlernt und vermutlich niemals über die Mauern seines Palastes hinausgesehen.
    »Daelion, Herr des Schicksals, was für ein Durcheinander!« explodierte die angestaute Frustration.
    Er glaubte sich allein. Als ihm von dem Gittertor aus eine Frauenstimme antwortete, schrak er auf und schlug mit der Schulter an den verschnörkelten Bart der Statue.
    Vor lauter Überraschung nahm er ihre Worte gar nicht wahr. »Was? Wer ist da?« Er sah sich um, doch er konnte in der nebligen Dunkelheit zwischen den Pflanzen niemanden entdecken.
    »Kein Feind.« Ihre Stimme war kühl und angenehm, und ihr Akzent stammte nicht aus Etarra. Sie bewegte sich, aus dem Nebel über dem Weg auf; noch jung, nach ihren anmutigen Bewegungen zu schließen, doch war ihr Alter nicht einzuschätzen.
    »Wer seid Ihr?« Vage bekannt kam sie ihm vor, doch Lysaer kam nicht an den frischen Erinnerungen an Talith vorbei, um in seinem Gedächtnis nachzuforschen, wo er ihr begegnet sein könnte.
    »Wir haben einander schon einmal getroffen, doch nur flüchtig, weshalb Ihr Euch vielleicht nicht erinnert. Es war im Hause Enithen Tuers.« Sie konnte besser in der Dunkelheit sehen als er, zumindest setzte sie sich ohne jede Unsicherheit auf eine Bank, die für ihn in der Lücke zwischen den Hecken vollends unsichtbar war. Die Lampe eines vorbeifahrenden Fuhrwerks verbreitete verschwommene Diamanten des Lichts durch das Gittertor. Verirrte Lichtstrahlen zeichneten kupfernen Glanz auf das Haar, das unter ihrer Kapuze hervorlugte.
    »Die Zauberin«, sagte Lysaer, als er sie erkannte. Anklagend fügte er hinzu: »Aber Arithon kannte Euch besser als ich.«
    Unausgesprochen hing ein nächtlicher Besuch auf dem Heuboden der Taverne zu den Vier Raben zwischen ihnen. Elaira schob ihre Hände unter ihren Mantel, damit Lysaer nicht sehen konnte, daß ihre Nerven sie zum Zittern brachten. »Ihr heißt den mitternächtlichen Ausflug Eures Halbbruders nicht gut.«
    Ihre Vermutung war korrekt; und sie war gefährlich nahe an der Substanz seiner jüngsten Verunsicherung. Da er nicht wußte, ob sie mit ihm spielte, löste er sich von dem Podest und überquerte den Kiesweg, um einen besseren Blick auf ihre Züge zu erhaschen. Die vielen Lagen ihrer Kapuzen verbargen ihr Antlitz jedoch weiterhin vor ihm. Er beschloß, ihr eine ehrliche Antwort zu liefern. »Ich bin nicht sicher. Arithon geht unvernünftige Risiken ein, wenn er unter den Bettlern nach Perlen sucht. Ich ziehe einen einfacheren Weg vor, und das heißt, daß die Mittel, den Benachteiligten zu helfen, sich besser von der Ratsversammlung aus kontrollieren lassen. Ein Mann kann sein ganzes Leben lang den Hungrigen zu essen geben und die Bettler kleiden, und doch wird er die Bedingungen nicht ändern, die sie erst in Not gebracht haben.«
    Die Frau dachte kurz nach und sagte dann: »Eure Visionen und die von Arithon sind weit voneinander entfernt. Als ein Geist, der in den Künsten der Magie geschult ist, entspringt seine Wahrnehmung einem unerschütterlichen Grundsatz. Universelle Harmonie beginnt mit der

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