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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Kerze verbreiteten Lichtkegels verzog der Richter seine Lippen zu einem affektierten Grinsen, das an einen zuschnappenden Hai erinnerte. »Legen wir das fest.« Kurz streifte seine Aufmerksamkeit den Meisterbarden, ehe er sich dem Ratsherrn zuwandte, der seine unübersehbare Freude offensichtlich teilte. »Dies ist eine zweckdienliche Vereinbarung, da der Missetäter so für beinahe ebenso lange Zeit Zwangsarbeit wird ableisten müssen.« Dann wandte er sich in freundlichem Ton an den Barden. »Natürlich könnt Ihr diese Möglichkeit ablehnen. Dann wird Euer Freund hier im Gefängnis schmachten, bis entweder er tot oder seine Schuld gegenüber Jaelot bezahlt ist.«
    Auf dem Podest flammte in der von blauen Venen überzogenen Hand eines Schreiberlings ein Feuerholz auf, und der Geruch von heißem Wachs legte sich über das Aroma der Rosen, den schalen Zitronenduft und den beißenden Gestank der Verzweiflung, der von den Gefangen ausging, die furchtsam darauf warteten, daß sie an die Reihe kamen, vor das Gericht zu treten. Die Sekretäre nahmen scharfe Messer zur Hand und waren eifrig beschäftigt, ihre Federn neu zu schärfen, während der Ratsherr das Siegel ergriff und den Löwen Jaelots auf vier Dokumente preßte.
    »Der Fall ist abgeschlossen«, verkündete der Richter.
    Der Fuhrmann drängte sich voran, um dem Gericht seine Liste der Schäden zu präsentieren, während die Soldaten vor dem Podest Dakar an seinen Handfesseln auf die Füße rissen und seinen massigen Leib aus dem Saal hinauszerrten. Als er so wortlos hinausstolperte, haftete ihm nichts mehr von der übermütigen Sorglosigkeit des Vortages an, dennoch wandte er nicht einmal den Kopf zu einer stummen Bitte. Indessen verließen Halliron und Medlir das Gebäude rasch über die gewundene Treppe, die sie wieder hinauf ins Tageslicht führte.
     
    Später, in einer schäbigen Dachstube, über der der Winterwind an losen Schindeln rüttelte, während eisige Zugluft durch die Ritzen in den verzogenen Fensterläden hereinwehte, saß Medlir vor einer Tasse mit Glühwein und trommelte mit den Fingern einen Tanzrhythmus auf dem beschädigten und ebenfalls schäbigen Porzellan. »Wirst du ihn auslösen?«
    »Hat das je zur Frage gestanden?« Vierhundertsechzig Royals waren bereits zum Zwecke der Wiedergutmachung in den Schatztruhen der Holzmühle und des Wagners gelandet. Halliron, fest in Bett- und Wagendecken aus ihrem Ponykarren gewickelt, saß Medlir gegenüber auf einer Pritsche. Die Bettwäsche des Gasthofes war entfernt worden, um sie der Wäscherin zur Pflege zu überlassen, vorausgesetzt, es gab in diesem Etablissement jemanden, der diesen Posten ausfüllte. Während er träge mit einem Fingernagel über den Schmutz auf dem hölzernen Bettrahmen kratzte, war Halliron jedoch eher geneigt, anzunehmen, daß dies nicht der Fall sein dürfte. »Deine Verpflichtung gegenüber Asandir genießt Vorrangstellung.«
    Medlir reckte das Kinn vor. »Das tut sie nicht«, widersprach er. Nur schwach erhellte der flackernde Schein der Talgkerze sein Gesicht, und die Düsternis verlieh seinem Ärger eine unheilvolle Note. »Die Zauberer der Bruderschaft würden mir sicher zustimmen. Deine Bestimmung ist es, Shand zu erreichen, nicht für die Exzesse des Wahnsinnigen Propheten geradezustehen.«
    Halliron verzog die Lippen langsam zu einem Grinsen, hinter dem weit auseinanderstehende Vorderzähne zum Vorschein kamen. »Ich kann dich hier ebensogut unterrichten wie im Süden. Shand kann warten.«
    »Falls sechs Monate in Jaelot nicht vollkommen ausreichen, uns beide zu zerstören.« Medlir gab seine Zornesmiene auf, als er sich erhob, um Holzscheite in den schlecht belüfteten Kamin nachzulegen, wo sie auf ihrem Bett aus widerspenstig glühender Kohle niederbrannten und mit jedem Windhauch ihren Rauch in dem Raum verteilten. Als das frische Holz entflammte, seufzte er: »Derartige Sorgen haben mein Leben stets begleitet, bevor ich das Angebot, dein Schüler zu werden, angenommen habe. Ich wünschte, du müßtest nun nicht ebenfalls unter dieser Last leiden.«
    »Für mich bist du mehr als nur ein Schüler.« Flammen flackerten auf und überzogen die Falten des Barden mit einer bronzenen Patina. Golden leuchtete in ihrem Schein das vom Alter gezeichnete Gesicht des Mannes, dessen Wangen noch immer gerötet waren. »Außerdem steckst du in viel ärgeren Schwierigkeiten. Ich möchte jedenfalls nicht in deiner Haut stecken, wenn der Wahnsinnige Prophet herausfindet, daß du

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