Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
die Stufen zu seinen nicht minder unordentlichen Wohnräumen hinab. Dort tauschte er seine abgetragene Robe gegen eine andere aus, die kaum weniger tintenbefleckt war. Draußen hellte sich der Himmel zu einem dämmerigen Perlmutt auf, während Sethvir, obgleich er tagelang nicht geruht hatte, mit strahlenden Augen die Treppe weiter hinunterstieg.
    Keine einzige Fackel brannte in den schwarzen Eisenhaltern an den Wänden. Die Statuen zum Gedenken an die verschwundenen Paravianer standen in tiefer Dunkelheit auf ihren Sockeln. Nur dann und wann spielte ein Lichtstrahl, der durch die Schießscharten hereinfiel, auf ihren goldenen Verzierungen.
    Sethvir benötigte keine Fackel, um seinen Weg zu finden, vorbei an marmornen Einhörnern, majestätischen, hochaufragenden Zentauren und hüfthohen Podesten, die die zierlichen Bronzen der Sonnenkinder stützten. So schwer auch die Sorge um die Zukunft auf ihm lastete, war doch die Bürde der verlorenen Vergangenheit nicht minder bedrückend. Mit seinen magischen Sinnen erfaßte Sethvir den vibrierenden Nachhall der Schritte längst vergessener Besucher. Gleich dem Spiel von Licht und Schatten konnte er in den schwingenden Luftströmungen die Spuren vergangener Magie fühlen, die einst von den Paravianern mit ihrer unterschwelligen Harmonie gewirkt worden war; und da war noch mehr, jüngere Echos der Energien der Bruderschaft, die sich wie ein besänftigendes Tonikum federleicht auf die Haut legten. Und über all dem lag jener Schutzbann, der, so zeitlos wie Felsgestein, den Althainturm gegen die Welt und ihre Tücken versiegelte.
    Der Zauberer ging an goldverzierten Täfelungen vorbei, errichtet, um die schwere Konstruktion aus Ketten und Winden zu verdecken, die dazu dienten, das große Tor des Turmes zu bedienen. Wie einen Tornister hatte er sich die Tasche übergeworfen, als er neben einer Falltür niederkniete und innehielt, scheinbar ganz in Träumereien versunken. Tatsächlich jedoch war sein Geist hellwach, und seine Sinne zogen hinaus, ließen die Wolken über Athera hinter sich und tauchten in das tiefe Vakuum ein, in dem die Sterne wie strahlende Laternen schwebten.
    Doch der weit entfernte Geist jenes Bruders, der ausgezogen war, die Ursprünge des Nebelgeistes zu erforschen, antwortete ihm nicht; so wenig, wie er das während des beunruhigend langen Zeitraums von nunmehr sechs Monaten getan hatte.
    Nun, da Lysaer seinen Einfluß auf Tysan ausweitete, konnte der Friede kaum weiter bestehen. Ihnen blieb nur noch besorgniserregend wenig Zeit, die verfluchten Prinzen aus den magischen Fesseln des Nebelgeistes zurückzuholen.
    Schaudernd schüttelte Sethvir diese Gedanken ab und wandte sich den Problemen zu, die es nun anzugehen galt. Ein Zugring hob sich unter seiner Berührung; Schutzbanne lösten sich, und die schweren Gesteinsplatten bewegten sich unter dem Einfluß der wohlausgewogenen Gegengewichte. Die Ausdünstungen von gealtertem Zedernholz und Wolle, die diesen Raum stets erfüllten, schwanden unter dem Einfluß einer hereinwehenden Brise, die, gleich einem Gewitterwind, den scharfen Geruch von Ozon mit sich trug. Ein Treppenschacht wand sich in die kalte Finsternis hinab, dessen Kanten wie Staub auf Ebenholz im silberblauen Glimmen des Energiekreises leuchteten, der tief unten in das Gewölbe eingelassen worden war.
    Sethvir trat auf die Stufen, sicherte die Falltür hinter sich und stieg hinab. Der Tag war nahe, und sein Gesang erklang unüberhörbar innerhalb der sanften, statischen Entladungen der magnetischen Signaturen der Erdenkräfte. Er überquerte eine runde Vertiefung, die mit schwarzen Onyxplatten ausgelegt war, ehe er den Kraftkreis selbst betrat, der aus konzentrischen Kreisen und paravianischen Runen bestand, die in perlmuttfarbenem, phosphoreszierendem Licht leuchteten. Während die elementaren Kräfte auf seinem ungeschützten Leib spielten und ein heftiges Kribbeln erzeugten, betrat er den Mittelpunkt des Kraftkreises und stellte sich genau in der Mitte eines verschlungenen Sternenbildnisses auf, dessen einzelne Verflechtungen am Schnittpunkt fünf verschiedener Linien zusammenliefen.
    Er schloß die Augen, hielt seine Tasche fest und wartete.
    Außerhalb des Turmes durchdrangen die ersten Sonnenstrahlen den morgendlichen Nebel.
    Ein Aufflackern wilder Energien zuckte über die Linien. Der Energiekreis am Boden reagierte, knisterte in blendendem, weißem Licht, und der Augenblick selbst tönte in schwebender Spannung, durchdrungen von

Weitere Kostenlose Bücher