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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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und die rasiermesserscharfen Felsvorsprünge des Mathorngebirges mit strahlendem Sonnenschein. Unterhalb der bedrohlichen Überhänge erfüllte der Geruch von Pinienharz die Luft im schattigen Unterholz. Zaubernußsträucher wucherten wild am Rande der Hohlwege, gebettet in üppiges Moos und junges Gras, während Mücken in Schwärmen wie silbrig schimmernde Wolken den Rinnsalen folgten, die sich aus Quellen hoch oben am Berg in die Tiefe ergossen.
    Dort aber, wo die Garnisonen aus Rathains verbündeten Städten hindurchmarschierten, um einen Vernichtungsfeldzug gegen den Herrn der Schatten zu führen, trug das ganze Land eine zerfurchte, braune Narbe.
    Zum Sonnenuntergang schien die Sonne, durch den Staub, der von den Kriegerlagern aufwirbelte, wie ein glanzloses rotes Auge über die Ziegelmauern Etarras. Lysaer und sein Heer aus Avenor waren bereits seit vierzehn Tagen überfällig. In der Enge der Lager, überdies entnervt ob der Verzögerungen, strapazierten die Massen untätiger Soldaten und ihre besorgten Kommandeure die Bande der Loyalität und Diplomatie.
    Die Männer begannen, das Zirpen der Grillen in den Sträuchern zu hassen, während sie die Berghänge hinaufstiegen, um den unersättlichen Holzbedarf ihrer Kochfeuer zu befriedigen. Außerhalb der hohen Mauern hing die Hitze des ausklingenden Tages über Grasstoppeln, die entweder durch Wassermangel verdorrt oder von den Hufen des nahrungssuchenden Viehs zertrampelt waren. Bei Einbruch der Dunkelheit legte sich die sanfte Brise und ließ einen unsäglichen Morast zurück: der Gestank uringetränkten Dungs aus der Nähe der Zäune; die Ausdünstungen offen herumliegender Abfälle und ungeschützter Latrinen; und der Geruch der Heufelder, die unter der Last der Feldmessen und Provisionszelte erdrückt wurden. Jeden Tag kamen weitere Männer an, deren Ochsengespanne an ihrem Joch ächzende Ausrüstungswagen durch die Viehherden und das Gewirr der Kutschen zerrten, welche den Händlern mit der Macht des Kriegsrechts entzogen worden waren.
    Zuletzt trafen die Kompanien Avenors in dem Durcheinander im Wind flatternder Wappenbanner und dem Lärm der Hornsignale der Offiziere ein. Ermattet wie alle anderen Soldaten, die Wappenröcke schweißdurchtränkt, zeigten sie doch eine eiserne Disziplin. Mit mörderischer Präzision errichteten sie ihr Lager auf dem Landstrich, der unter dem endlosen Dunst aufwehenden Staubes in einen Nebel von eintönigem Grau getaucht war.
    Der Prinz des Westens hielt seinen Einzug durch die Stadttore im Zwielicht unter dem donnernden Applaus der Bevölkerung. Im fahlen, kupferfarbenen Licht von einem Dutzend Fackeln funkelten seine Juwelen wie gefallene Sterne inmitten seiner Eskorte berittener Gardisten. Neben ihm machte Lordkommandant Diegan in seiner prachtvollen Seide, dem Schmuck klarer Diamanten und dem zerzausten schwarzen Haar unter den Fransen der königlichen Standarte eine glänzende Figur. Arme Menschen ebenso wie Handwerksleute bevölkerten die Straßenränder, um Rosen zu werfen und dem Prinzen ihre Anerkennung auszudrücken. Die Reichen, die Gildehändler und ihre Familien, jubelten und winkten auf ihren Balkonen mit seidenen Schals, was die Pferde zu allerlei Sprüngen und scheuendem Tänzeln veranlaßte. Die in den Stadtmauern gefangene Hitze stieg drückend vom Pflaster auf, und selbst der Duft der Blumen, die unter den Hufen der Schlachtrösser zertrampelt wurden, war mit dem alkalischen Dunst verdorrter Erde angereichert.
    Diegan bedachte seinen obersten Herrscher mit einem tadelnden Ausdruck der Besorgnis. Furcht hatte nach dem wundersamen Zauber, der den Himmel während der Exekution der barbarischen Clanführerin erfüllt hatte, auch die Städte Tysans veranlaßt, ihn zu unterstützen. Lysaer hatte all seine Kunst der Diplomatie aufbringen müssen, die Gildeherren, deren Mißtrauen gegenüber jeder Form der Magie tiefverwurzelt war, zu beruhigen, und nur Pesquils eiserner Hand war es zu verdanken, daß die Truppen auch während der Enge einer flautenreichen Überfahrt zum Hafen von Narms ihre Disziplin nicht verloren hatten.
    Nun gerade, Anspannung und Ermattung hinter einer Tarnung bunter Kleider verborgen, fing Prinz Lysaer ein Sträußchen auf, geworfen von einem jungen Mädchen hinter einer Fensteröffnung. Den klatschenden Händlern nickte er freundlich zu, während er mit einem eisigen Lächeln auf den Lippen durch die zusammengebissenen Zähne zu Diegan sagte: »Das waren einmal deine Leute. Du solltest

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