Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
Wange trug den Duft sauberer Haut und den gedämpften Rhythmus eines anderen Herzschlages mit sich. Mit einem Schlag wieder voll bei Bewußtsein, erkannte Elaira, daß sie in Arithons Armen ruhte.
Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sein feuchtes Hemd wieder anzuziehen. Die Hände, die der Lyranthe zuvor so überwältigende Kunst entlockt hatten, schmeichelten nun ihrer Wange und ihrer Leibesmitte. Die entstellenden Narben an seinem Handgelenk lagen offen vor ihren Augen. Seine Hüften lagen unter ihr, und seine Füße standen noch immer auf dem Bretterboden; als hätte er sich gesetzt, die Last ihres Gewichts in seinen Armen geborgen, in der Absicht, sie zu Bett zu bringen.
Eine Phrase, nicht ihr eigener Gedanke, erhob sich aus der Tiefe ihres Gedächtnisses und drang gewaltsam in ihr Bewußtsein: manche Versuchung konnte zu verlockend sein.
Noch immer von den vorangegangenen Mühen ermattet, machte sich Elaira mit der Möglichkeit vertraut, daß es zwischen ihr und dem Herrn der Schatten noch immer eine starke Verbindung geben mochte. Die Banne, die sie durch gemeinsame Schwingung erzeugt hatten, waren sehr machtvoll gewesen. Ihre Nachwirkungen konnten sich von jedem Bereich des Geistes aus entwickeln und in unvorhersehbare Richtungen führen.
Zufrieden angesichts der Harmonie zwischen seinen und ihren innersten Neigungen, schmolz sie in all der Glückseligkeit dahin, die sie diesem Augenblick, sicher und geborgen in seiner Fürsorge, eingebettet in die starken Arme, abringen konnte.
Mann, Prinz und Musiker wußten Frieden zu schätzen. Und auch Arithon hegte im stillen das zarte Wissen, daß dieses Glück niemals wiederkehren mochte.
Elaira wollte jedes Detail seiner Gegenwart in ihrem Herzen bewahren. Ihr dichtes, kastanienbraunes Haar, das er geflochten hatte, als es naß war, fiel nun gekämmt und glänzend über ihre Schultern. Keine nassen Röcke zerrten an ihren Beinen, und unter der behaglichen Decke trug sie nicht gerade viel außer ihrer Leinenwäsche.
Die Empfindung ihres Erwachens mußte sich einen Weg zu seinem Bewußtsein gegraben haben.
»Elaira?« sagte er so sanft und leise, als wäre es ein Seufzen. »Der Junge schläft ganz ruhig. Vergebt mir, doch ich mußte bleiben. Jemand mußte darüber wachen, daß Ihr das Bewußtsein zurückerlangt.«
Ein Stirnrunzeln zeigte sich in Elairas Gesicht, denn der Grund für seine Anwesenheit war offensichtlich: wäre sie nicht von selbst wieder erwacht, so verfügte allein er über die Fähigkeiten eines Meisterbarden, die notwendig gewesen wären, Geist und Körper wieder zusammenzuführen. Die Geweihten Aths wußten zwar ebenfalls zu helfen, doch hätte ihr Zusammenbruch ein schnelles Eingreifen erfordert, und die Herberge lag etliche Wegestunden weit entfernt.
Arithon hatte sich wirklich um alles gekümmert. Seine Lyranthe stand an der Mauer, wie er sie am Abend zurückgelassen hatte, und die vierzehn feinen Silberfäden zauberten im Kerzenschein bogenförmige Reflexionen an die Wände.
Nun, aus dem Schleier der Vergessenheit erlöst, umgeben von behaglicher Wärme, fiel Elaira noch etwas auf: Arithon s’Ffalenn hatte sie noch nie zuvor mit Namen angesprochen, während er mit ihr allein gewesen war. Diese späte Erkenntnis jagte einen prickelnden Schauder durch ihren Leib.
Als er ihren unruhigen Atem wahrnahm, zog Arithon seine Hand von ihrer Leibesmitte. Wie er es in den vergangenen Nachtstunden so oft getan hatte, strich er ihr auch nun wieder scheu mit den Fingern durch das Haar und zupfte eine eigenwillige Strähne von ihrer Schläfe.
Eine kaum wahrnehmbare Gänsehaut überzog sogleich ihren Rücken. Ein Laut der Enttäuschung drang über seine Lippen, so als wünschte er sich, sie würde in dem Zustand friedlicher Benommenheit verbleiben, und fühlte sich nun, da sie sich so schnell erholte, beraubt.
Elaira hätte in diesem Augenblick aus reiner Freude laut lachen mögen. Allein durch seine Gegenwart hatte er sie zurückgerufen. Eine Wohltat, die ihr kein anderer lebender Mensch hätte erweisen können.
Dann legte sich wieder der Schatten des realen Lebens über die Schönheit des Augenblicks. Dicht an seinen festen Leib geschmiegt, fühlte Elaira, wie er sich verspannte, um sich von ihr zu lösen und sofort aufzustehen. Ohne nachzudenken sagte sie: »Bitte, bleibt.«
Arithon begegnete ihrer Bitte mit Worten scheinbarer Gleichgültigkeit. »Gnädige Frau, ich bin froh, daß Ihr nun wieder wach seid. Unterwegs werde ich Jinesse
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