Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
hatten. Auch war der Ort wohl gewählt, lag er doch direkt an der Furt über einen Wasserlauf, was zu weiteren, zermürbenden Schwierigkeiten führte. Die Uferböschungen waren zu steil für Wagen und überdies so uneben, daß selbst ein unbelastetes Pferd kaum ohne Verletzungen davonkommen würde. Dort, wo das Terrain einen sicheren Übergang erlaubte und kein Kopfjägerkundschafter in der Nähe war, vor Fallhämmern und Schlingen zu warnen, starben weitere Männer. Die Glücklicheren wurden nach Luft schnappend, aber lebend, niedergestreckt. Diejenigen, die weniger Glück hatten, brachen sich die Hälse, wurden von schweren Stämmen zerschmettert, von Pfählen aufgespießt oder zerfetzt, und alle starben unter furchtbaren Qualen. Ein Kurier, entsandt vom Kopf des Zuges, zügelte sein Pferd so heftig, daß es beinahe den Halt auf dem aufspritzenden Kies verlor, als er die nachfolgenden Männer über die Fallen informierte, die das Heer weiter vorn erwarteten.
Der Weg nach Perlorn war abgeschnitten, die Ausrüstungswagen gestoppt, noch ehe ihre Führer Gelegenheit bekommen hatten, die Löcher in der Versorgung zu stopfen.
Die Anzahl der Kundschafter wurde zweimal verdoppelt. Selbst die verlassene Straße wurde bewacht. Die Barbaren schlugen zu wie substanzlose Geister, nur um gleich darauf wieder in den sommerlichen Ginstergestrüppen zu verschwinden. Späher, die allzu sorglos waren, starben außerhalb der Sichtweite ihrer Kumpane. Manche wurden getötet, wenn ihre von Pfeilen getroffenen Pferde durchgingen. Sie stürzten aus dem Sattel und brachen sich den Hals, nachdem die Tiere über dünne Seile gestolpert waren, die durch das Gestrüpp gespannt worden waren. Die Überfälle erfolgten scheinbar zufällig. Ochsengespanne starben im Pfeilhagel, Männer wurden überwältigt, während sie gerade ein Gebüsch aufsuchten, sich Erleichterung zu verschaffen. Gehetzt wie ein von Hornissenstichen geplagter Elefant stampfte der Rest des großen Heeres weiter. Ein Wetterumschwung brachte Regen, als die Straße sich steil und eng die felsigen Hänge hinaufwand, die den höhergelegenen Teil des Skyshielgebirges stützten.
»Ath, so kann es doch nicht weitergehen«, weinte ein junger Rekrut, dessen Sergeant in seinen Armen auf einem verlassenen Straßenabschnitt gestorben war.
»Es kann, und es wird. Die verdammten Clans werden dich noch weit mehr das Fürchten lehren, bis wir Werende erreichen«, krächzte Pesquil, der angehalten hatte, seinen dornenzerkratzten Wallach zwischen zwei Patrouillenritten an einer Gebirgsquelle zu tränken. »Ein kluger Soldat wird härter und überlebt.«
Doch hungernde Männer handhabten Rückschläge weniger geschmeidig. Wieder wurden die Rationen gekürzt, als es immer schwerer fiel, die knappen Vorräte zu ergänzen. Der Zorn der Männer wuchs mit den Leichenbergen. Kaum konnte Zeit erübrigt werden, eine Truppe zusammenzustellen, das Gestrüpp in Brand zu stecken und die schwer faßbaren Barbaren so in ihrem Versteck auszuräuchern. Zu groß war auch die Gefahr, daß der Wind sich drehte und Feuersbrunst und Rauch direkt auf das Heer zutrieb und die langsam dahinkriechenden Ochsenkarren zerstörte.
»Vergeßt nicht, das sind die Verbündeten Arithons«, sagte Lysaer auf seinen nächtlichen Stippvisiten zur Stärkung der Moral rund um die Lagerfeuer. »Wenn es unserem Heer nicht gelingt, Werende vor den ersten Stürmen zu erreichen, dann haben all die guten Männer ihr Leben umsonst gelassen. Jetzt den Mut zu verlieren und aufzugeben, würde dem Herrn der Schatten direkt in die Hände spielen.«
Die Mahnungen des Prinzen mochten die Männer vielleicht zu neuer Entschlossenheit treiben, doch nichts vermochte die Frustration zu lindern, als die Truppen endlich mit einem ganzen Monat Verspätung ins Hochland hinaufstiegen.
Dann erlag die letzte Hitzewelle des Sommers endgültig den heranziehenden Sturmfronten. Wolkenbruchartige, grimmige Regengüsse fielen ohne Unterlaß. Vom Hochland aus bahnten sich die Wassermassen in schlammigen Strömen ihren Weg hinab in die Ebenen, wo sie das Flachland überfluteten. Die Wasserrinnen schwollen an, entwickelten sich zu reißenden Strömen, bewehrt mit grauem Felsgestein, die zu überqueren trügerisch, ja gefährlich und für die Ochsengespanne allzu oft gänzlich unmöglich war. Die Wagen wurden entladen. Vorräte, Zelte und Ausrüstungsgegenstände wurden an Seile gebunden, ehe die Wagen mühselig zusammengezurrt und über Behelfsbrücken gezerrt
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