Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
sie mit ihren Hunden davon und wurden mit falschen Spuren im Kreis geführt.
»Die Barbaren haben eine Spur mit frischem Rehleder oder einem Fuchsfell gezogen«, berichtete Pesquil ganz und gar nicht überrascht. »Das ist das Werk von Rotbarts Kundschaftern.« Er wischte sich den Speichel aus dem Mundwinkel. »Es hat keinen Zweck, ihnen nachzujagen. Sie wissen zu gut, wie sie sich ein einfaches Ziel verschaffen können.«
Lysaers Haar leuchtete wie ein güldenes Signalfeuer vor den mit braunem, welken Gras bedeckten Berghängen, und seine Hände hielten entspannt die Zügel seines Schlachtrosses, während der Prinz kommentarlos lauschte. Auch als Pesquil ausspuckte, sagte er nichts.
»Meine Kopfjäger tun ein besseres Werk, wenn sie Überfälle fingieren, um unsere eigenen Wachen auf Trab zu halten!« Wie pechschwarze Perlen in gekräuseltem Leder blickten seine Augen, als der Kommandant der Kopfjäger sein Stoppelkinn vorreckte und angewidert schloß: »Diese Zwischenfälle sind nicht dazu gedacht, uns zu töten, sondern uns aufzuhalten. Sie könnten Erfolg haben. Die Stürme und die Kälte werden nicht warten, während wir hier hilflos umhertappen.«
Wortlos und voller Anspannung teilten Prinz und Major die Enttäuschung über die Tatsache, daß die Offiziere Avenors gerade für den Umgang mit derartig unbedeutenden Zwischenfälle ausgebildet worden waren.
»Die Garnisonskommandanten werden zu uns kommen und um Hilfe bitten müssen«, entgegnete Lysaer mit der stoischen Ruhe, die er in jenen Tagen wie eine Waffe zur Schau trug. »Ihre Offiziere müssen bereit sein, anderenfalls werden ihre Männer nicht bereit sein, mit ganzem Herzen für uns zu kämpfen. Das aber kann sie später durchaus noch das Leben kosten.«
Pesquil konterte mit einem verärgerten Grunzen. »Wenn Ihr mir nicht gestattet, diese Burschen an die Kandare zu nehmen, nun, dann muß ihr Blut eben fließen. Da kann man nichts machen. Hochwohlgeborene Häupter beugen sich nicht gern.« Er schüttelte den Kopf, wischte sich eine dünne Haarsträhne aus der Stirn und rammte den konischen Helm auf sein Haupt. »Narren. Mit ihrer Stümperei werden sie die jungen Burschen, die noch grün hinter den Ohren sind, ins Verderben schicken.«
Durch die Proviantknappheit arg in Bedrängnis, lernten die Männer bald, sich einer wachsameren Haltung zu befleißigen. Diese Veränderung brachte ihnen jedoch nur einen kleinen Aufschub ein, kam sie doch weit zu spät. Die Barbaren hingegen paßten ihre Taktik mit einer beängstigenden Behendigkeit den neuen Bedingungen an. Im dichten Morgennebel wurden ledergekleidete Gestalten gesichtet, die sich von der Pfostenreihe fortschlichen. Halbbekleidet erhoben sich die Männer von ihren Lagern, ergriffen ihre Pferde und Schwerter und machten sich auf die Jagd, nur um sich bald tief ins Gestrüpp hineingelockt wiederzufinden, umzingelt und gleich darauf von verborgenen Bogenschützen niedergestreckt.
Einen Tag verlor das Heer an Zorn und Furcht der Männer; einen zweiten an die Beerdigungsrituale für die Gefallenen.
Die Tatsache, daß gerade die Stadtgarnisonen als Opfer gewählt wurden, bestärkte noch Pesquils Theorie über planvolle und gemächliche Kundschafterarbeit.
»Es besteht kein Zweifel. Ort und Opfer sind sorgfältig ausgewählt worden.« Nicht von ungefähr kam seine taktlose Zusammenfassung der Ereignisse einer schweren Anschuldigung gegenüber den hochwohlgeborenen Offizieren gleich, die sich in Lysaers Feldzelt drängten. »Unsere Reihen sind um einige nutzlose, naßforsche Narren gelichtet worden. Vielleicht werdet Ihr blaublütigen Offiziere nun nicht mehr so laut jammern, wenn meine Männer ihre getarnten Patrouillen reiten.«
»Sie werden uns willkommen sein, aber wir haben unsere Lektion bereits gelernt«, versicherte ihm der Hauptmann der Garnison von Narms, der die schlimmsten Verluste hatte hinnehmen müssen. »Beim nächsten Mal wird keiner meiner Männer hastig zur Tat stürzen.«
»Nein, das werden sie wohl nicht«, entgegnete Pesquil feindselig. »Rotbart ist der Sohn von Herzog Steiven, und Clanblütige wiederholen ihre Tricks kein zweites Mal.«
Noch vor dem Mittag wurden seine warnenden Worte von den Ereignissen eingeholt, als die nächsten Soldaten in einer Fallgrube ums Leben kamen, die unter dem Lehm der Straße verborgen gewesen war. Die Grube war während der Nacht auf einem Streckenabschnitt ausgehoben worden, den noch bei Sonnenuntergang schwere Wagen unversehrt passiert
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