Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
Diese Bruchstücke wiederum flogen durch allerlei Gestrüpp und verursachten allerorten ein verdächtiges Rascheln. Die Hand an der Waffe wirbelten die Männer herum, aufgeschreckt durch herabfallende Steine, die ihre angespannten Nerven zu blitzschnellen Reaktionen trieben. Heimliches Vorankommen war so gut wie unmöglich, und sollte ein Kundschafter in seiner Wachsamkeit nachlassen, weil er glaubte, all diese Geräusche wären harmloser Natur, so wäre er der erste, den die Pfeile versteckter Bogenschützen treffen würden.
Unbarmherzig strahlte die Sonne am Himmel, überzog die Felsoberflächen mit grellem Licht und spiegelte sich in jedem Wasserlauf und jeder Pfütze. Beständig von diesem Übermaß an Licht attackiert, dürsteten die Augen schon bald schmerzhaft nach einem Ausgleich; kaum war es ihnen noch möglich, die tiefen Schatten der Hohlwege und Fichtenhaine zu durchdringen. Unentdeckt mochte sich dort alles mögliche in Reglosigkeit verharrend verbergen. Die Ränder der Klippen waren einem steten, heftigen Wind ausgesetzt. Schnee, Regen und Wind hatten sie kahlgefegt, und der Frost, der beständig an ihren Rändern nagte, hatte sie zersplittert und scharfkantig zurückgelassen. Dort aufrecht zu stehen, bedeutete, ein klar erkennbares Ziel vor dem freien Himmel abzugeben; zu kriechen, sich auf dem Bauch voranzuschlängeln, wurde dagegen zu einer schauderhaften Qual, führte der Weg doch über Schieferscherben, die die Hände und Knie der Männer aufrissen, oder durch niedrig wachsenden Stechginster, der Kleider und selbst Kettenhemden durchdrang.
Das Gelände war geeignet, einem Mann ununterbrochen fürchterliche Schauer über den Rücken zu jagen. In der wilden Schönheit der Natur, die einer unerbittlichen Gefahr Zuflucht bot, durchsuchten die erfahrenen Soldaten Höhlen und Felsspalten, um jeden einzelnen Clanblütigen, der dort auf ein Ziel lauerte, auszuräuchern und die Straßen von tödlichen Fallen zu säubern. Die Zähne zusammengebissen, ein stummes Gebet auf den Lippen, tasteten sie sich mit bis zum Zerreißen gespannten Nerven weiter voran.
Keiner der Kundschafter hegte den geringsten Zweifel daran, daß die Barbaren sich versteckt hielten und darauf warteten, zu töten. Diese widernatürlichen Kreaturen waren wahre Teufel, wenn es um heimtückischen Mord ging, und die bösartigen Wasserrinnen und Felsspalten der Talkluft boten ihnen Möglichkeiten von solchem Ausmaß, wie sie sich ein Clanblütiger gewiß nicht entgehen lassen würde.
Stunden vergingen. Schwitzend vor wachsamer Ungeduld erwartete Pesquil eingangs der Schlucht die Berichte seiner Männer. Nichts, nichts und wieder nichts; in den Bergen war nicht die geringste Spur zu entdecken. Ungeduldig ging er auf und ab. Er löste den Sattelgurt seines Wallachs, dann zog er die Riemen seiner Armschienen nach und fluchte. Ganz in der Nähe thronte ein Hauptmann aus Anglefen auf der Abdeckung eines Wagens, zwirbelte sein Schnurrbarthaar und fragte sich, warum der Major wohl so unruhig sein mochte.
Heftig wandte sich der Kommandant der Kopfjäger zu dem Mann um, und sein Gesicht war eine einzige verzerrte, finstere Maske. »Ath! Diese Felsen bestehen größtenteils aus natürlichen Schießscharten. Da oben lauern Clanblütige, und sie sind auf ein Massaker aus, auf diese Gewißheit würde ich mein Leben verwetten.«
»Klingt mehr nach Besessenheit«, grummelte ein Wagenlenker mit verhaltener Stimme. Den Zorn des Majors wollte er nicht auf sich ziehen.
Eine weitere Stunde zog ereignislos dahin. Die Männer, die in der Mittagshitze unter der grellen Sonne warten mußten, wurden immer unruhiger. Ihre Sergeanten sandten immer häufiger Anfragen durch die Linien und drangen darauf, den Marsch fortzusetzen.
»Niemand bewegt sich«, herrschte Pesquil Lord Diegan an. »Sind die denn taub? Wenn die Straße sicher ist, habe ich gesagt, und nur dann. Sollen sie sich ärgern, damit sie sich hinterher freuen können, noch am Leben zu sein!« Zu den Kundschaftern, die neben ihm auf neue Anweisungen warteten, sagte er: »Ihr nehmt den Nordkamm, und ihr den im Süden. Geht auf die Kuppe und sorgt dafür, daß die Gruppen sich langsam voranarbeiten. Ich will nicht, daß irgend jemand unachtsam oder selbstgefällig durchs Gebüsch streift.«
Hohngeschrei erklang aus den Reihen der Garnisonssoldaten. Eine Stimme nörgelte über des Majors schwindende Courage und die unnütze Hinhaltetaktik angesichts der offensichtlich leeren Felsspalten der
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