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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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vermengte sich mit dem übelkeitserregenden Gestank verkohlten Fleisches. Die Männer, die aufgestellt worden waren, den Krieg auf die Landspitze nach Merior zu bringen, lagen in dieser Nacht schlaflos und zitternd vor Furcht unter ihren Decken.

 
Caithdein von Shand
     
    Zwei Tage vor der herbstlichen Tagundnachtgleiche bereiteten die Arbeiter der Werft zu Merior abgelagerte, geteerte Pinienbretter vor, um mit dem Deck des neuen Zweimasters zu beginnen. Arithon war nicht zugegen, die Arbeiten zu verfolgen, noch würde er zusehen können, wenn der Kiel des zweiten Schiffes aufgebaut werden würde. Weit entfernt von seinen Arbeitern segelte er die komatöse Gestalt Dakars an Bord seiner kleinen, lackierten Schaluppe über die See. Er war nicht wieder zur Hütte der Kräuterfrau zurückgekehrt, nicht einmal, als die letzten Schienen vom Arm des Jungen entfernt worden waren, und ein voll ausgeheilter Unterarm zum Vorschein kam, dessen Knochen und Muskeln unter dem spinnwebförmigen Geflecht rosaroter Narben wieder sauber zusammengewachsen waren. An eben diesem Morgen, so sahen es die Fischweiber, kappte die Talliarthe die Ankertaue und setzte Segel.
    Ihr Kurs auf den sanften Wogen im milden Wind führte sie vom Riff aus nach Nordwesten, und die Reise, die sie vollbrachte war kurz. Im Hafen von Telzen ging sie vor Anker, um Aufträge im Sägewerk zu hinterlassen und ein Paket mit niedergeschriebenen Nachrichten in Empfang zu nehmen. Von den üblen Nachrichten aus dem Norden und der Aufzählung unfaßbarer Tragödien zu trübsinnigem Brüten getrieben, segelte Arithon eilends die Küste hinauf und ankerte schließlich in einer bewaldeten Bucht, etwa zwanzig Wegestunden von Elssine entfernt. Allein im strahlenden Sonnenschein eines wolkenlosen Morgens, ruderte er sein Beiboot an den Strand.
    An einem sorgfältig ausgewählten Ort zur nicht minder sorgfältig ausgewählten Zeit zog Arithon das Boot inmitten einer Explosion aufsteigender Seeschwalben ans Ufer, bis es oberhalb der Flutmarke lag. Eingehüllt in den Geruch von Nadelgehölzen und Treibholz, umgeben von den klagenden Rufen fischender Vögel, pfiff er eine saubere Dur-Triole.
    Dann setzte er sich auf den Stamm einer vom Sturm umgestoßenen Palme und wartete in der Hoffnung, daß seiner Bitte um ein Treffen bereitwillig entsprochen werden würde. Bald darauf trat ein in Rehleder gekleideter, schlaksiger Clanblütiger aus dem Gebüsch und kam auf ihn zu.
    Kein Blätterrascheln wies auf die Gegenwart weiterer Männer hin, obgleich die Kundschafter gewiß zugegen sein würden, zusammengekauert in ihren Verstecken in rankenüberwucherten Dickichten und Haferständen, wo sie mit gespannten Bogensehnen über die Ereignisse wachten. Keineswegs unerfahren im Umgang mit Clanangehörigen, wußte Arithon wohl, daß eine einzige falsche Bewegung reichen würde, und er würde von einem Pfeilhagel durchlöchert werden. Ohne aufreizend zu wirken oder sich im mindesten besorgt zu zeigen, gab er im hellen Sonnenlicht ein deutliches Ziel ab.
    Der Clankrieger sprach und erhielt die verabredeten paravianischen Worte zur Antwort. Ein kleines, hölzernes Begrüßungsgeschenk wechselte den Besitzer.
    Während seine freie Hand stets in der Nähe des Messers blieb, betastete er den eingravierten Falken in dem glattgehobelten, hölzernen Halbmond, das Wappen der einstigen Hohekönige von Shand. »Ath!« Ein gequältes Stirnrunzeln verunzierte sein Gesicht. Unter den verschmierten Farbtupfern, mit denen er sein Gesicht getarnt hatte, sah er nur wenig älter aus als der junge Jieret. »Seine Hoheit von Rathain? Tatsächlich? Unser Clanchef wird sein Silber verlieren. Er hat gewettet, der Prinz käme mit einer Galeere unter fliegenden Bannern und einem Gefolge, das vor großen Smaragden nur so funkelt. Ist Euer berühmter Prinz wirklich an Bord?«
    Ein Lächeln spielte um Arithons Lippen, als er sich erhob. »Auf meiner Schaluppe ist nur ein fetter Prophet mit Magenschmerzen. Er ist viel zu krank, an Land zu gehen.«
    Eine kurze Pause trat ein. Als der Besucher schließlich keine weiteren Passagiere mehr aufzählte, erinnerte sich der junge Kundschafter mit einer Glut, die ihm die Röte bis an den Haaransatz trieb, seiner Manieren. Ein zweites Mal musterte er die bescheidene Gestalt, die vor ihm stand, mit stechendem Blick, doch schon seine erste Erkundung hatte ihn nicht getäuscht: Der schwarzhaarige Fremde trug nicht ein Zeichen seines Ranges. Er war zierlich, machte einen ordentlichen

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