Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
Bogen das Sonnenlicht reflektierte, ehe er seinerseits zuschlug. Metall traf auf Metall. Der Clanführer konnte seine Waffe nicht länger halten. Mit einem lärmenden Klirren flog sie durch das dichte Gestrüpp davon, ehe sie mit der Spitze zuerst herunterfiel und sich in die dunkle Erde bohrte.
Blutend, zerschlagen und von Dornenranken zerkratzt, starrte Arithon wütend durch die feuchten Strähnen schweißgetränkter Haare, die über sein Gesicht fielen. Verschwitzt und klebrig auch seine Hände, die zitternd, bebend, von Krämpfen erschüttert das Schwert umklammert hielten. »Warum?« keuchte er, heiser und unstet, durchgerüttelt von der totalen Erschöpfung.
Erlien blickte nicht minder finster an der Klinge entlang und schwieg; und die Stille selbst erwies sich als heimliches Signal.
Clanblütige Bogenschützen erhoben sich rund um die Männer herum aus ihren Verstecken. Die Pfeile angelegt, hielten sie ihre Bogen in Händen, und jede einzelne Pfeilspitze zielte aus kurzer Distanz auf Arithon s’Ffalenn.
Mit einem wortlosen Schrei quittierte er ihre Gegenwart, ehe er um die eigene Achse wirbelte und sein Schwert von sich schleuderte. Mit einem scharfen, zornigen Klirren flog die schwarze Klinge durch das Geäst, ehe sie zu Füßen des Kundschafters zur Ruhe kam, welcher nicht wagte, sie aufzuheben. Den Bogenschützen den Rücken zugewandt, beide Hände gegen die Stämme zweier Bäume gestützt, als könnte er sich ohne Hilfe nicht mehr auf den Beinen halten, wartete Arithon.
Der Ausdruck in seinem Gesicht kündete nicht von Erleichterung, nicht von Furcht und nicht von Ungeduld: Zorn war es, der sich ungehemmt und glühend genug, seinen ganzen Leib mit Krämpfen zu erschüttern, in seiner Miene spiegelte. Als die Bogenschützen keinen Schießbefehl erhielten, sog er rasselnd Luft in seine Lungen. Mit all der Stimmgewalt eines Meisterbarden verlangte er nun gebieterisch zu erfahren: »Warum?«
Erliens richtete zuerst das Wort an seine Bogenschützen, denen er befahl, die Waffen zu senken. Ungebrochen folgte sogleich seine ebenso karge Antwort an Arithon: »Als verantwortlicher Clanführer dieses Reiches befand ich es für angemessen, Euch auf die Probe zu stellen.«
»Und Euer Leben dafür aufs Spiel zu setzen?« Ungläubiges Staunen überlagerte den Zorn Arithons. Die Hände zu Fäusten geballt, wirbelte der Herr der Schatten erneut herum, um dem Clanführer in die Augen zu sehen.
»Hat Steiven, Euer Gefolgsmann, Euch nicht aufgeklärt? Das ist die Art, wie die Caithdeins Prinzen prüfen, wenn ihnen keine andere Möglichkeit offensteht.« Erlien raffte seine Kraft zusammen und erhob sich, zerkratzt und müde, doch unbeeindruckt angesichts des königlichen Zorns. »Habt Ihr gehört, wie die gnädige Frau Maenalle von Tysan ihr Leben verloren hat?«
Ein schmerzliches Schaudern bahnte sich langsam seinen Weg durch Arithons Leib. »Ich habe vor zwei Tagen von Maenalle erfahren.« Dann preßte er bekümmert und erbittert die Lippen zusammen, nicht allein um des herben Schicksals der gnädigen Frau s’Gannley willen, die durch die Hand ihres eigenen Prinzen ihr Leben gelassen hatte, sondern auch wegen all der Reichtümer, die seine Schiffe finanzierten und ihm so die Schuld an ihrem Tod in die eigenen Hände legten. Erliens Worte jedoch nötigten ihn, sich auch noch einer anderen, noch schmerzlicheren Vergangenheit zu stellen, denn Herzog Jierets Vater, Steiven s’Valerient, hatte tatsächlich sein Leben eingesetzt, ihm den königlichen Eid vor der Schlacht im Strakewald abzuringen.
Nun aber sagte er zu diesem lebenden Diener eines Reiches, der ihn an das bittere Ende der eigenen Ehrbarkeit zu treiben versucht hatte: »Eure Begründung beantwortet meine Frage nicht.«
»Die Antwort liegt auf der Hand.« Erlien wischte sich den Schmutz von den schweißnassen Händen. »Ihr seid der lebendige Köder für ein fünfunddreißigtausend Mann starkes Heer. Solltet Ihr gekommen sein, meine Männer in die Sache zu verwickeln, so war es meine Pflicht, zunächst herauszufinden, was seinerzeit am Ufer des Tal Quorin geschehen ist. Habt Ihr mit Eurer Magie und Euren Schatten Eure Getreuen zu schützen versucht, oder wolltet Ihr lediglich Euer eigenes Leben retten? Kraft meines Amtes mußte ich das herausfinden.«
Arithon versteifte sich, und Erlien winkte rasch mit der Hand. »Gewiß wollte ich auch wissen, ob Ihr kämpfen könnt. Im Namen Aths habe ich gelobt, meine Leute nicht als Schild für einen weichlichen
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