Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
Prinz zu opfern, dem es an Courage mangelt. Und hättet Ihr Euch als wahrer Ehrenmann erwiesen und Euch keinen Vorteil durch Eure grausige Macht verschafft, wäret aber unter meinem Schwert gestorben, wäre doch auch das gerecht gewesen. Shand würde von den Auswirkungen Eures abscheulichen Zwistes verschont bleiben.«
»Und mein Leichnam wäre zur Einforderung der Kopfprämie nach Alestron gebracht worden?« Arithon löste seine Faust, um die feuchten Haarsträhnen zurückzustreichen, die auf seiner Stirn und an seinen Schläfen klebten. Sein Zorn war plötzlich von ihm gewichen. Sein Gesichtsausdruck und seine Bewegungen verrieten, daß seine Wunden schmerzten. Dessen ungeachtet troff seine Stimme nur so von beißendem Sarkasmus, als er hinzufügte: »Euch ist nur ein bitterer Fehler unterlaufen. Ich bin nicht gekommen, irgendeinen Eurer Männer zu bitten, mich zu beschützen.«
Herzog Erlien sah so verdrießlich aus wie ein Bär, der von einem Bienenschwarm gestört wird, während er sich gerade seine honigverklebte Schnauze leckt. »Bei allen Dämonen! Warum seid Ihr dann hier?«
Arithon stieß ein hartes Lachen aus. Widerwillig betrachtete er die größer werdenden Flecken auf seinem Hemd und sagte inmitten der neugierigen Kundschafterhorde. »Sobald meine Rolle als Objekt allgemeiner Neugier ein Ende gefunden hat, werde ich mich meiner Manieren erinnern und es Euch erzählen.«
Die Ratsversammlung, die Herzog Erlien auf Arithons Wunsch hin einberufen hatte, tagte unter freiem Himmel. Anwesend waren die Clanführer aus dem Atwald in West-Halla, ebenso wie jene aus dem Bergland von Orvandir. Nicht wenige von ihnen hatten eine beschwerliche Reise auf sich nehmen müssen, um an diesem Tage hier zu sein. Angesichts des Charakters des Caithdein und Regenten von Shand, vermochte der Geruch müder Pferde, das leise Geflüster und die abstoßende Neugier, die das Lager beherrschte, kaum zu verwundern.
Nur wenige der herbeizitierten Männer von Rang waren geneigt, ihren Rat im Beisein eines Fremden abzuhalten.
Arithon nutzte den Nachmittag, sich einen Einblick in den Charakter des Großherzogs von Alland zu verschaffen. Ein neugieriger Geist von rascher Auffassungsgabe kennzeichnete Erliens Autorität. Scherzend und unterhaltsam, ohne sich weiter um die Bogenschützen zu kümmern, die über ihren Anführer wachten, zeigte sich seine wahre Stärke in seinem eigenartigen Humor und dem unfehlbaren Auge für Details. Er mochte Überraschungen, stachelte Rivalitäten unter seinen Offizieren an und schien regelrecht aufzublühen, solange er die sorglosen und ungeordneten Unternehmungen seiner Untergebenen von leichter Hand nur mäßig lenken mußte.
Unter den Sandsteinklippen eines verlassenen Steinbruchs versammelte sich der innere Kreis der Adelsherren von altem Blute ohne jede Zeremonie um ein gemeinsames Feuer.
Mit der ihm eigenen Bissigkeit kam Herzog Erlien sogleich, als er seinen Gast vorstellte, auf den Punkt. »Ehrenhaft und unter Einsatz meines Lebens habe ich festgestellt, daß dieser Prinz nicht gekommen ist, um seiner Mutter willen unsere Loyalität zu fordern.«
»Hätte er das versucht, so wäre er hier gestorben«, krächzte eine alte hakennasige Dame mit einem schneeweißen Zopf in der aufziehenden Dämmerung.
»Mein Ältestenrat«, stellte Erlien die versammelten Clanführer vor, ehe er Arithon mit unbarmherziger Hand mitten hinein in die geschlossene Versammlung der Menschen stieß, die dem Reiche Shand in loyaler Untertanenpflicht verbunden waren. »Wie Ihr wohl seht, werdet Ihr nicht allzu erfreut willkommen geheißen.« Seine gewaltige, sonnengebräunte Hand schlug dem zierlicheren Mann so ausgelassen wie herausfordernd auf die Schulter.
Gewappnet, so steif wie Eisen, wenngleich gepeinigt durch die verkrusteten, unbehandelten Wunden, hielt Arithon seinem Hieb ohne das geringste Stolpern stand.
Mit lästerlicher Anerkennung fügte der Herzog von Alland hinzu. »Seht zu, wie Ihr mit ihnen fertigwerdet, Magier, denn, bei Ath, sie sind ein blutrünstiger Haufen. Die ganze Woche über haben sie gewetteifert, wer unter ihnen der erste sein würde, der Euren Kadaver den Raben zum Fraß vorwerfen wird.«
»Obwohl Ihr mir mit Eurem Leben für meine Sicherheit garantiert habt?« So kalt wie schimmernder Stahl verbeugte er sich. Die ausgefransten, blutverschmierten Säume seines Hemdes flatterten in der vom Pinienduft erfüllten Brise, die über die entferntesten Hänge des Steinbruchs
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