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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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so? Sie hatte Order, über die Vorgänge zu Avenor zu wachen. Gewiß würde sie ihren Posten nicht aus irgendeinem nichtigen Grund verlassen.«
    »Matriarchin, die Hexe Haltha ist hier«, gestand Lirenda, begleitet vom Rascheln ihrer Kleider. »Soll ich einen Bann errichten, unsere Ungestörtheit zu gewährleisten?«
    »Nein. Bring die Trägerin der Neuigkeiten herein. Ich werde selbst für jeden Schutz sorgen, der notwendig ist.« Während sich Lirenda zurückzog, ihre Pflicht zu erfüllen, verhüllte Morriel die Glassphären mit einem Kopftuch. Dann befreite sie sich mühsam von ihrer Decke und erhob sich.
    Gleich den Flügeln einer exotischen Motte hing der lavendelförmige Stoff ihrer Robe an ihrem knochigen Leib, als sie die Truhe an der Wand öffnete und ihr einen Seidenbeutel entnahm, der einen der weniger bedeutenden Kraftsteine des Ordens enthielt. Unverhüllt glühte der weiße Quarz im Feuer eingefangenen Lichts, funkelnd brannte die kalte Flamme in ihrer kristallinen Hülle. Morriel schenkte den Bewegungen ihrer Untergebenen, die durch die Tür traten, keinerlei Beachtung. Statt dessen umfaßte sie mit Handflächen, trocken wie totes Laub, den Kristall und versenkte den ruhigen Fluß ihrer Gedanken in seine Matrix, um ihre Macht durch seine Kraft zu erhöhen.
    Strahlende Wahrnehmungsgabe durchflutete ihr Sein. Ziegel und Mörtel drangen in ihre Sinne und kündeten von dem umgebenden Gebäude; Bretterböden, wie in einem geisterhaften Traum erfüllt von den Schritten ungezählter Frauen und den Tränen heranwachsender Kinder; und die leuchtenden Spuren vergangener Beschwörungen. Verbrauchte Fragmente alter Schutzzauber klebten wie feuchter Sand in dem alten Pflaster. Beinahe konnte Morriel das unterschwellige Stöhnen überbeanspruchter natürlicher Energien fühlen. Mehr denn je lastete das fiebrige Läuten nun in ihren fortgeschrittenen Jahren auf ihrem Bewußtsein, als würden die Maserungen lackierten Gußeisens und von der Seeluft durchfeuchteter Steinmauern vibrieren, sich, geleitet von den im Laufe vieler Jahre verblaßten Siegeln, in gegenläufige Strömungen ergießen.
    Morriel gab sich nicht mit derlei Phantastereien ab. Sich um leblose Substanzen zu sorgen, solange atmende Menschen noch immer leiden mußten, das war das Gehabe der Bruderschaft, und es war nicht minder ruchlos als ihre kaltblütigen, einsamen Entscheidungen und Taten.
    Ganz für sich allein zürnte sie in dem bitteren Wissen, daß die Zauberer der Bruderschaft seit dem Verlust des Großen Wegesteins ganz nach Gutdünken Einsicht in die Angelegenheiten ihrer Schwesternschaft nehmen konnten. Selbst der stärkste Schutzzauber, dessen die Korianizauberinnen mächtig waren, reichte niemals aus, Sethvirs Neugier oder Luhaines schwermütige Bewachung abzuwehren. Bestenfalls konnte Morriel einen Bann über sie legen, der vor der Anwesenheit der Bruderschaft warnte. Unter dem herrschaftlichen Siegel der Elemente würde jedes Geräusch in diesem Raum von magischen Runen verfolgt und aufgestöbert werden. Die Resonanz, die sie durch ihren Kristall erzeugte, hielt jede Signatur eines sich ausbreitenden Ereignisses gleich welcher Natur in einem Schimmern unterschwelligen blauen Lichtes fest.
    Sollte irgendeine fremde Macht versuchen, hier einzudringen, so würde Morriel sofort Kenntnis davon erhalten, wenngleich ihre Erste Zauberin es kaum bemerken dürfte. Doch die alte Oberste hatte im Laufe ihres langen Lebens gelernt, wann die Suche nach Perfektion nichts weiter als vergeudete Energie bedeutete. Verschlagen und tückisch zog sie es vor, herauszufinden, welche Fakten den Zauberern bekannt wurden, um sodann ihre Vorsichtsmaßnahmen zu einem schützenden Mantel zu verweben.
    Lirenda mochte entschlossen sein, doch über die Macht der Mäßigung hatte sie noch viel zu lernen. Nun gerade brodelte die Ungeduld unter ihrer steifen Haltung, während ihre Oberste die zerbrechlichen Knochen anordnete, bis sie einer bequemen Lage unter all den Decken so nahe waren, wie ihre Jahre es noch erlaubten.
    Ganz anders die Zauberin, die gerade aus Tysan angereist war und sich, die Kleider von der Reise zerknittert und die fahlen Gesichtszüge von Ermattung gezeichnet, der Audienz mit demütigem Schweigen stellte.
    »Euch zu Diensten«, murmelte sie. Unter dem prüfenden Blick der Obersten Korianizauberin sank sie ehrerbietig zu Boden.
    »Dir wird gestattet, zu sprechen.« Morriel barg ihre Hände in ihrer Robe. Kaltes Feuer magisch aufgeladener Luft

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