Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
amüsiert die düstere Stimmung seines Prinzen zur Kenntnis nahm. »Sei vorsichtig, sonst wirst du vor lauter Ärger noch den Vierzigkaräter an deinem Finger verschlucken. Willst du mir erzählen, wir könnten morgen nicht mit dem Verladen beginnen?« Als sich des Prinzen angespannte Miene nicht besänftigen lassen wollte, schleuderte Diegan seinen Umhang von sich, ohne sich noch weiter um die Löcher zu scheren, die darauf warteten, geflickt zu werden. »Dann solltest du die Stabsratssitzung absagen, andernfalls wird die hiesige Garnison deine königliche Haut in Stücke reißen. Werende kann keine dreißigtausend Münder versorgen. Sie haben schon ihre ganzen Erntevorräte verkauft, und soeben wurde die Neuigkeit verkündet, daß Clanblütige die Getreidevorräte von Oststadt verbrannt haben. Es ist gerade noch genug Überschuß auf dem Markt, die Stadt selbst durchzubringen, aber nur, wenn wir die Handelsschiffe für Getreidetransporte freistellen, ehe der Hafen zum Winter geschlossen wird.«
Wütend schleuderte Lysaer Handschuhe und das seidengefütterte Sturmcape von sich, direkt in die Arme des wartenden Kammerdieners, dem er gleich darauf bedeutete, er möge sich entfernen. Gereizt trat er an den Tisch heran, wo er ein Stück des Brotlaibes abriß, daß die Küche des Hauses unter Drohungen geopfert hatte. Für einen Augenblick starrte er den Dampf an, der von dem warmen Brot aufstieg, dann warf er einen kurzen Blick zum Fenster hinaus und wirbelte mit kaum verhaltenem Zorn um die eigene Achse. »Das darf nicht geschehen. Ich habe dieses große Heer nicht mühsam aufgebaut, um dann durch eine Reihe unglücklicher Zufälle und den lächerlichen Umstand, daß der Wind gerade jetzt südostwärts bläst, aufgehalten zu werden!«
»So?« Lord Diegan lehnte sich an die Mauer und verschränkte seine Füße auf einem Fußschemel. Seine Sporenrädchen hinterließen unschöne Spuren in dem Holz, ein Fakt, der vermutlich erneuten Ärger hervorbringen würde, nachdem sich der Hausdiener des Bürgermeisters bereits bei der Bitte um saubere Handtücher ausgesprochen schäbig gezeigt hatte. Nicht einmal das Holz für den Kamin war aufgefüllt worden. Während sein Prinz ruhelos und zu nervös, etwas zu essen, auf dem Teppich auf und ab ging, sagte Avenors Lordkommandant sanft ironisch: »Hätten dir die Rückschläge besser gefallen, wenn wir bei lebendigem Leibe unter einer bösartigen Mischung aus Zauberei und Schatten erfroren wären?«
Lysaer zeichnete mit den Fingern ein Zeichen zur Abwehr des Bösen in die Luft. »Paß auf, was du sagst! Nur Narren reden ein übles Schicksal herbei.« In jeder Stunde quälte ihn das Mißtrauen, daß der Herr der Schatten bei all dem die Hand im Spiel haben mußte. Zwar schienen die Fallen in der Talschlucht ausschließlich einem Rachefeldzug gegen Pesquil und seine Kopfjäger gedient zu haben, doch waren die Clanblütigen Rathains Arithons treue Untergebene. Niemand, der mit der Schliche der s’Ffalenns vertraut war, konnte ausschließen, daß all diese Anschläge nur ein kleiner Teil einer weit größeren Strategie waren.
Wie Säure in einer offenen Wunde nagte das Unbehagen an Lysaers Nerven, bis jede vernunftbetonte Überlegung sich allmählich zu einem Alptraum entwickelte.
»Der Wind wird drehen«, beharrte Diegan. Hilflos in seinem Bemühen, seines Herrschers Sorgen zu zerstreuen, organisierte er einen Kelch, um seinen Glühwein mit Lysaer zu teilen. »Wir haben unser gerechtes Maß an Rückschlägen längst hinter uns.«
Erschöpft und abgezehrt wie seine Offiziere, nahm der Prinz des Westens geistesabwesend den Kelch entgegen. Ihm fehlte die Kraft, auch jenen Punkt zu erwähnen, der unter den Flottenkapitänen hitzig erörtert worden war: würde der Wind drehen, so würde er die Winterstürme mit sich bringen. Mochten auch die großen Segelschiffe ihre Luken schließen und einigermaßen sicher durch den Sturm kommen können, waren doch die Galeeren nicht imstande, solche Unbill durchzustehen. Ihre niedrigeren Bordkanten und die Ruderöffnungen würden bei starkem Wellengang Wasser aufnehmen. Schwer beladen überdies, wären sie bei schlechtem Wetter gezwungen, in geschützten Häfen Zuflucht zu suchen, wollten sie nicht das Risiko auf sich nehmen, auf hoher See zu sinken.
»Die Versorgungsknappheit ist hier bereits an einem kritischen Punkt. Wenn unsere Truppen nicht verhungern sollen, dann müssen wir sie so schnell wie möglich in den Süden bringen.« Lysaer ließ
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