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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Wachen an der Lagergrenze auf, Euer Hoheit. Heute nacht, glaubt mir, werden wir die erste Welle der Deserteure erleben.«
    Am Morgen hatte Lord Harradene bereits zwölf Männer in einer Reihe Aufstellung nehmen lassen und ihnen die Hemden abgenommen, um sie öffentlich auszupeitschen. Diejenigen Garnisonsdivisionen, deren Wachen weniger aufmerksam gewesen waren, wiesen nun hingegen Lücken in ihren Reihen auf.
    Wie aufgeschichtete Schieferplatten verdeckten die Wolken die Hügelkette am Horizont, als sich die Kolonnen neu formierten. Mit frischen Vorräten, die sie zu horrenden Preisen aus den Lagerhäusern einer Stadt erstanden hatten, die sich auf die Entbehrungen des bevorstehenden Wintereinbruchs vorbereitete, setzten sie ihren Marsch gen Osten fort. Die Männer wühlten sich über Hügel und durch Täler, die beinahe unter der grauen Wand steten Sprühregens verschwanden, dann wieder plagten sie sich neben den beladenen Wagen einher, bespritzt mit dem Schlamm, den die schmutzstarrenden Räder verloren. Gespanne rutschten mühsam über Straßen, die sich durch die Nässe in schlammige Pfade verwandelt hatten oder von den angeschwollenen Bachläufen unterspült worden waren, welche den Höhenlagen des Skyshielgebirges entsprangen.
    Doch ob die Wagen ächzend im Schlamm steckenblieben, ob eine Achse brach oder jemand sich niedersetzte, seine Stiefel mit allerlei Fusseln und Wollfetzen zu polstern, um den nagenden Schmerz aufgerissener Blasen zu lindern, stets war Prinz Lysaer auf seinem schmucken Streitroß zugegen, die Männer aufzumuntern, Trost zu spenden oder sich an ihren derben Scherzen zu beteiligen.
    Müde Männer nahmen Haltung an, wann immer er an ihnen vorbeiritt. Wagenlenker kümmerten sich hingebungsvoll um ihr Zaumzeug, erfüllt von dem stolzen Gedanken, daß er gewiß auch ihr Gefährt passieren würde.
    Als die Straßen in den nordwärts gerichteten Hängen der Gebirgsausläufer immer steiler wurden, ging der Nieselregen in Graupel über. Längst hielt eisige Kälte die Berge umfangen. Die Gipfel, die sich über den südlichen Horizont zogen, trugen Kappen frischgefallenen Schnees, und die Kundschafter hörten, untermalt vom Klimpern unzähliger Beißstangen, auf ihren Ritten bereits den Gesang der Wolfsrudel, die aus den Hochlagen herabwanderten, um dem Wild zu folgen, das im Flachland Schutz vor der Kälte suchte. Die Vorhut scheuchte nordische Falken in den Bergen auf, die sich nun in ihr weißes Wintergefieder hüllten. Unter dem niederpeitschenden Graupel, gepeinigt von beißenden Winden, die heulend die Feuchtigkeit von der stürmischen See herbeitrugen, marschierten die Männer in Decken gewickelt voran, während sie sich des Nachts zusammenkauerten, um sich im Schlaf warmzuhalten. Das Vieh magerte ab, waren doch die Weidegründe dem Frost anheimgefallen, jeder Bach wurde zu einer Zerreißprobe, trockneten schließlich Stiefel und Hosen, die bei der Überquerung mit dem kalten Naß getränkt wurden, allzu langsam. Mit eingezogenen Köpfen überwachten die Offiziere elend frierend ihre Truppen, und doch erlahmte die Moral der Männer nicht. Als die ermatteten Soldaten zu sehr unter ihren Frostbeulen zu leiden schienen, ihre Waffen zu pflegen, beschämten die Truppen Avenors sie durch ihr herausragendes Vorbild. Rivalität wuchs und erblühte auf diesem Weg über schweres Gelände, bis schließlich keine Kompanie sich weniger glänzend zeigen mochte als des Prinzen persönliche Garde.
    Nach Wochen in einer menschenverlassenen Wildnis, entwickelten sich die letzten vierzig Wegestunden zu einer harten Prüfung von Disziplin und Ausdauer. In der von salzverätzten Bäumen bewachsenen Ebene verloren die Pferde zwischen den flechtenverkrusteten Felsen ihre Hufeisen. Die Stimmung der Offiziere wurde allmählich schlechter. All die stolzen Kolonnen, die so prachtvoll aus Etarra ausmarschiert waren, stolperten schließlich mit drei Monaten Verspätung in die Stadt Werende hinein, zerlumpt, hundemüde, doch vereint in eherner Entschlossenheit.
    Der Herr der Schatten war nur ein Mann gegen Tausende von Bewaffneten, und Merior war nichts weiter als ein Dorf auf einem Sandhaufen.
    »Zur Pflanzzeit im Frühjahr werden wir schon wieder mit unseren Familien vereint sein«, so sagten die Männer scherzend, glaubten sie sich doch unverwundbar im steten Sog des unerschütterlichen Selbstvertrauens ihres Prinzen. Trotz all der Widrigkeiten, war es ihnen gelungen, den Hafen von Werende zu erreichen, ehe er wegen

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