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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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mager, eingehüllt in einen staubigen Umhang, ging Pesquil weiter, um seine harschen Anordnungen auszuteilen.
    Seine eigene Truppe würde bleiben und die Straße aufs Schärfste bewachen, während die Division der Stadtgarnison sich von der Patrouille trennen und auf schnellstem Wege zurückkehren würde, um den Statthalter der nördlichen Territorien zu informieren.
    Wieder aufrecht, wenn auch noch bleich und zitternd, wischte sich der Offizier das Kinn und deutete auf die Leichen, die in einer Reihe, noch immer gefesselt, hinter den halb skelettierten Ochsen lagen, die in Joch und mit Schimmelpilzen überzogenen Lederriemen vor sich hin rotteten. »Euer Lordschaft, bevor wir reiten, sollten wir eine Stunde opfern, um die Gefallenen mit Anstand zu bestatten.«
    Neben seinem stämmigen, vernarbten Wallach streckte Pesquil den Arm aus und befreite einen Wasserschlauch aus seiner ledernen Verschnürung. Mit den Zähnen zerrte er den Korken heraus. Während der Offizier schüchtern wartete, nutzte er die letzten, warmen Tropfen, sich den Schmutz von den Fingern zu waschen. Endlich raffte er sich zu einer Antwort auf, ohne jedoch den Korken aus dem Mund zu nehmen. »Laß die Leichen liegen wo sie sind.«
    Nicht erschüttert genug, seine Empörung zu zeigen, faßte sich der Offizier mühevoll. »Aber …«
    Pesquil wirbelte herum. Ein einziger böser Blick, so hart wie Stahl, reichte, jeden Widerspruch zum Erlahmen zu bringen, noch ehe er den Korken in seine Handfläche spuckte. »Ich sagte, laß sie liegen.« Ohne Eile, doch äußerst effizient, verkorkte er den Schlauch wieder, kratzte sich Dreck unter seinem Daumennagel ab und schob die Finger unter seine Rüstung, um sie an seinem Hemd zu trocknen. »Taktik geht stets vor Sentimentalität. Ich will nicht, daß Rotbarts Kumpane durch den Rauch gewarnt werden. Die Barbaren sollen ihr Lager auch weiterhin in dieser Gegend aufschlagen, ohne sich der Gefahr bewußt zu sein. Und wenn sie den nächsten Überfall wagen, dann werden wir sie erwarten. Meine Männer werden die Prämien bekommen, die sie verdienen. Statt Begräbnisritualen, von denen deine ermordeten Gebeine auch nichts haben, sollen deine Opfer gerächt werden.«
    Durch zusammengekniffene, freudlose Augen sah Pesquil zu, wie der erschütterte Offizier sich beeilte, zu seiner Truppe zurückzugelangen. Dann trat er in den Steigbügel, saß auf, riß die Zügel herum und gab dem Tier die Sporen, um in die andere Richtung davonzureiten. Es war an der Zeit, sich dem Verdacht zuzuwenden, der an ihm nagte, dem Verdacht, daß diese Männer weder aus Boshaftigkeit noch aus Vergeltungssucht ihr Leben bei einem blutigen Überfall verloren hatten. Mit dem unbestechlichen Instinkt, dem er seine Stellung dankte, ahnte der Kommandant der Kopfjäger, daß dieser niedergemetzelte Wagenzug mit dem Herrn der Schatten in Verbindung stand.
     
    Zwei Wochen später, der Gestank verwesenden Fleisches war nurmehr eine Erinnerung, die doch nicht minder schmerzte, betrachtete Major Pesquil mit scheelem Blick die goldgefaßten Vorhänge, die Ebenholzfußbänke mit den Elfenbeinintarsien und einen prachtvollen, mit Troddeln verzierten Teppich, der seinen Raubtierschritt zur Geräuschlosigkeit dämpfte und einen schaurigen Kontrast zu den grün und purpur emaillierten Kacheln bildete. Der Geschmack des Seneschalls war typisch etarranisch und die glühenden Kohlen im Kamin heizten den Raum so sehr auf, daß selbst eine Gewächshauspflanze verdorren würde.
    Still wie eine Schlange baute er sich in seinem offiziellen, schwarzweißen Umhang und den silbernen Panzerhandschuhen vor einem gewaltigen Schreibtisch auf. Verärgert mahlten seine Kiefer, als der Stiefellecker von Sekretär davoneilte, den Seneschall des Gouverneurs aus seinem Nickerchen zu wecken.
    Die Höflichkeit, die jener Mann bei seinem Auftritt, gähnend damit beschäftigt, sich zu strecken, erwartete, gehörte nicht zu den Gebräuchen, deren Pesquil sich zu befleißigen bereit war. Von ihm kam weder eine Verbeugung, noch eine Begrüßung in blumiger Sprache; er verachtete Männer, die von Geburt her Privilegien genossen, mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der er die Barbaren haßte.
    Gleich einer Ohrfeige, nur dazu gedacht, einen inkompetenten Gesprächspartner zu beschämen, trug er brüsk sein Anliegen vor. »Wann ist zum letzten Mal ein Kurier oder eine Botschaft aus dem Süden in dieser Stadt angekommen?«
    Der pausbäckige Seneschall ließ sich in einen

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