Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
voller Unruhe darauf vorbereiten würden, zu handeln, beschloß er kaltschnäuzig, dafür zu sorgen, daß er selbst die Botschaft über die Neuigkeiten nach Etarra bringen würde. Eine handverlesene Kopfjägertruppe konnte immerhin sicherstellen, daß Prinz Lysaer die Information schnellstens erhielt.
Reiseprobe
An dem Morgen, an dem Pesquils Reisegesellschaft sich bei trübem, eisigen Wetter zu ihrer winterlichen Reise gen Avenor einschiffte, flatterten die Wimpel einer eben erst zu Wasser gelassenen Schaluppe, die inmitten glitzernder Reflexionen im fernen, türkisfarbenen Wasser vor Merior vertäut lag, unter sanften, südlichen Winden. Der Herr der Schatten, dessen Übeltaten in der versiegelten Botschaft Gouverneur Morfetts beim Namen genannt wurden, sah gewiß nicht aus wie ein magisch geschulter Günstling des Bösen. Außer einem Taklermesser trug der Mann in dem schlichten Leinenhemd und der lockeren Hose keine Waffe bei sich. Die sonnengebräunten Hände, die die Riemen des kleinen Beibootes auf dem Weg zur Küste pullten, traf keine Schuld der Zauberei oder Hinterlist.
Gewiß verdächtigte keiner der Ortsansässigen ihn als den Urheber unzivilisierter Taten, als er barfuß in das seichte Wasser sprang und sein kleines Boot an Land zog, ehe er durch die Dünen und den schulterhoch wachsenden Hafer zu dem schlichten kleinen Haus der guten Frau Jinesse eilte. Zwei Fischer, die faul am Strand herumlungerten, grinsten ihm mit lüsterner Neugier nach, denn die fest verriegelten Fenster in der Witwe Haus wiesen klar und deutlich darauf hin, daß sie mit Besuchern nichts zu schaffen haben wollte.
Arithon stand mit einem schiefen Grinsen auf den Lippen im sonnengefluteten Sand ihres Vorgartens. Dann zog er sein Taklermesser, schob die Klinge zwischen die Fensterflügel und zerschnitt die Kordel, die über Haken auf der Innenseite das Fenster geschlossen hielten. Als die nun nicht mehr verschlossenen Flügel knarrend aufschwangen, legte er eine Hand auf den Sims, salutierte mit der anderen seinen Beobachtern, und sprang mit eleganten Bewegungen hinein.
Ein schriller, wenngleich unerschrockener Aufschrei, gefolgt von den wüsten Verwünschungen eines Marktweibes, drang durch das aufgebrochene Fenster hinaus. Eine Spottdrossel, die auf dem Dachfirst gesessen hatte, erhob sich, schlug wild mit ihren gestreiften Flügeln und flog aufgeschreckt in die Lüfte. Dann wurde knirschend ein Riegel zurückgeschoben, und die lackversiegelte Haustür flog mit lautem Krach auf, nicht etwa, um einen mittellosen männlichen Werber auszuspeien, sondern um den zerzausten Kindern der Witwe die Freiheit zu schenken. Mit einem randvollen Sack zwischen sich, liefen die Zwillinge unter lautem Jubelgeschrei hinaus. Offen gähnte der Türrahmen der Seebrise entgegen. Irgend etwas, das sich verdächtig nach Steingut anhörte, landete krachend an einer der inneren Wände. Augenblicke später erschien Arithon vor dem Haus. Die Witwe schleppte er mit festem Griff an ihren Handgelenken hinter sich her.
»Wirklich!« Sie versuchte, sich ihm entgegenzustemmen, verlor jedoch das Gleichgewicht und stolperte direkt in ihn hinein.
Nicht der Mann, der sich so eine Gelegenheit entgehen ließ, schlang Arithon grinsend einen Arm um ihre Hüften. Mit einer Faust, die sie gerade erst aus seinem Griff befreit hatte, hämmerte sie auf seine Schulter ein, und die Hände, die zur Unzeit von einem unfertigen Brotteig gezerrt worden waren, setzten feine Wolken losen Mehls frei.
Jinesse kreischte: »Ihr solltet die Frau, die die Kräutertränke braut, mit in Eure Höhle zerren, nicht mich und ganz bestimmt nicht meine Kinder!«
»Ich bin wirklich nicht so unanständig, Euch gegen Euren Willen auf das Muschelfeld zu schleppen«, tadelte Arithon. Sein Lächeln wurde nur noch breiter, und da erkannte sie es: Sie gingen nach Osten, hinab zur Bucht. Rotangelaufen verdrehte sie sich den Hals, bis sie schließlich durch einen Vorhang zerzauster Haare hindurch die kleine Schaluppe entdeckte, die wie eine Möwe auf dem kristallin funkelnden Wasser hin- und herschaukelte.
Nun plötzlich wich sämtliche Farbe aus ihrem Gesicht, bis ihr Teint totenbleich erschien. »Teufel und Dämonen sollen Eure aufdringliche Seele holen. Ich mag keine Boote, also laßt mich in Ruhe!«
»Ganz im Gegenteil«, widersprach er, und seine sanfte Stimme klirrte unter ihrer wilden Gegenwehr. »Ich habe beschlossen, daß die erste Frau, die an Bord der Talliarthe geht, eine sein
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