Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
mir später helfen, die Gaffel fertigzumachen.«
Der Vorschlag wurde mit freudigen Rufen begrüßt, und die Kinder trollten sich schnatternd. »Sie hat schöne Haare. Rot und braun auf einmal. Glaubst du, daß er sie küssen wird?«
Spöttisch hallte die Antwort herüber. »Feylind! Du Dummkopf! Warum sollte er das tun wollen?«
Gerade damit fertig, ihre Rocksäume auszuwringen, sah Elaira auf und entdeckte Arithon neben sich. Sein Griff, mit dem er sie am Ellbogen packte, war fester, als sie in Erinnerung hatte, und jeder seiner stählernen und doch so geschmeidigen Finger schien sich gleich einem Feuer durch ihren Ärmel hindurchzusengen. Seine Seemannskleidung und das zerzauste Haar ließen ihn exotisch und fremd erscheinen. Zu unmittelbar war seine Gegenwart, die Kluft langer Jahre der Trennung zu überbrücken.
Dann zog er sie schon durch den primitiven Türrahmen in den Raum hinein. In dem fahlen Licht, das durch die Ritzen in der groben Bretterwand hereindrang, erkannte Elaira Knäuel frischen Hanftaus, eine Kiste mit Klampen und Eichenklötzen, die sie den Fischern gebraucht abgekauft hatten, eine Reihe Haken, an denen die Lyranthe und das Schwert hingen, einen neuen Wollmantel und Öltuch. Arithon schloß die von Lederangeln gehaltene Tür. Gedämpft drang das schrille Geschwätz der Zwillinge und das Kratzen des Hobels herein, während gleichzeitig ein amorphes Gebilde in der Ecke röchelnd vor sich hin schnarchte.
Elaira erschrak unter Arithons Griff.
Solchermaßen zu vergnügter Strenge veranlaßt, rief er: »Dakar!«
Die Masse gab ein Ächzen von sich, löste sich aus ihrer aufgewickelten Haltung und schob wehleidig die plumpen Finger in ein Wirrwarr strohiger Haare. Dann tasteten die fleischigen Hände blind umher und schlossen sich schließlich um einen Whiskeykrug, als würde dessen Inhalt ihm Stütze sein und neues Leben bieten können.
Nach einer in übelster Gossensprache abgehaltenen Tirade, öffnete der Wahnsinnige Prophet rülpsend die verklebten Augen.
»Eine Frau!« Zu hastig sprang er auf die Beine, verschüttete dabei den scharfen Schnaps und zerrte sein Hemd hinunter, um die rosafarbene Wölbung seines Bauches zu verstecken. Als die Frau in Arithons Gesellschaft an dem unverhängten Fenster vorüberschritt, gefror sein Lächeln sogleich.
»Bei Dharkarons schwarzem Speer!« Aufgeregt stampfte Dakar mit den Füßen. »Was wollt Ihr denn hier?« Dann brüllte er Arithon gehetzt an. »Schickt sie weg! Sofort! Sie ist eine Koriani und schlimmer als eine ganze Meute Dämonen.« Von seinen wunden Nerven gepeinigt, umklammerte er seinen Krug. Ein tiefer Zug rann über seine Kehle, und seine Augen schlossen sich krampfhaft. Als würde es ihn beruhigen, nicht zu sehen, schloß er dann mit gezwungen klarer Aussprache: »Wenn Asandir wüßte, daß Ihr eine von denen hereingelassen habt, dann würde er das Dach über Eurem Kopf einstürzen lassen.«
Arithon führte Elaira an einem übervollen Kübel vorbei. »Wenn du so weiter schreist, wirst du das auch ganz allein schaffen.«
»Verdammt sollt Ihr sein«, fluchte Dakar. »Das ist nicht lustig. Merkt Euch meine Worte: Wenn Ihr diese Hexe nicht davonjagt, dann wird das eine Geheimnis, das zu teilen Ihr Euch nicht gestatten könnt, schon heute abend Morriels Ohr erreichen.«
Elaira hielt den Atem an. Mit der feinsinnigen Wahrnehmung, die den Korianischwestern eigen war, erkannte sie, daß sein Flehen echt war; daß Dakar, trotz der magischen Schulung und der herausragenden Schutzmechanismen, glaubte, Arithon könnte ein Übel zustoßen.
Verzweifelt wünschte Elaira, sie wäre blind und taub, auf daß die Pläne, für die ihr Orden sie mißbrauchte, keinen unerwarteten Glücksfall für die Schwestern hervorbringen würden, als Dakar seine Schimpftirade fortsetzte. »Sagt nur nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt.« Obwohl ein trunkenes Schwanken seiner Absicht, auf den Beinen zu bleiben, im Wege stand, stürmte er sodann entschlossen zur Tür. »Wenn Asandir mich fragt, werde ich ihm sagen, daß ich mit dieser Sache nichts zu tun habe.«
In dem finsteren Blick, mit dem er Arithon bedachte, brannte ein wahres Leuchtfeuer des Hasses. Elaira fühlte seine heftige Gemütserregung wie das plötzliche Kribbeln statischer Entladungen. Nie zuvor hatte er sich im Zustand der
Trunkenheit so gezeigt. Verunsichert angesichts der gewaltigen Veränderung des Mannes, sah sie ihm nach, wie er auf unsicheren Füßen stolperte und mit dem Kopf voran gegen das
Weitere Kostenlose Bücher