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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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muß, die die See fürchtet.«
    Jinesse heulte laut auf. »Ihr habt dieses Mistding von einem Kahn Talliarthe getauft!« Ihr Entsetzen, nun mit Entrüstung vereint, verschaffte sich durch einen heftigen Hieb auf seine feste, muskulöse Brust Luft. »Wie passend.«
    »Nun, ja, das ist es«, sagte Arithon mit einem Ausdruck zustimmender Freude; die Namensgeberin seiner Schaluppe war jener legendäre Geist, von dem es hieß, er würde Jungfrauen ihrer Seelen berauben, wenn sie den Strand jenseits der Flutmarke beschritten. »Seid mir nicht böse. Eure Tochter Feylind hat diesen Namen vorgeschlagen.« Als die Frau, die zwei Fingerbreit größer war als er, wild um sich schlagend gegen seine Fassung zu Werke ging, reckte er das Kinn vor, veränderte seinen Griff und hob sie hoch.
    Jinesse stieß einen markerschütternden Schrei aus, der ihn beinahe das Trommelfell seines rechten Ohrs gekostet hätte, ehe sie sich bäuchlings über seiner Schulter wiederfand. Ein Schwarm Rallen schrak aus der Futtersuche auf und flog davon wie eine Handvoll aufgewirbelter Birkenspäne. Die Zwillinge ignorierten die Schreie ihrer Mutter und zogen das Boot ins Wasser, während Arithon sich galant entschuldigte und unerschrocken durch das Wasser watete.
    »Ihr wißt, daß ich nicht schwimmen kann!« Die Klage der Witwe brach in einem heftigen Atemzug ab, und Arithon zog den Kopf ein. Der Horizont spann einen weiten Kreis um sie. Unter zerzausten Locken, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatten, nachdem sie die meisten ihrer Haarnadeln verloren hatte, mußte Jinesse sich samt dem Sack am Heck des Bootes abgeladen sehen. Panik überwältigte sie. Sie griff nach einem Ruder und schlug nach ihrem Entführer, der nun bis zur Hüfte im grünlichen Wasser verschwand. Beide Hände um die Ruderbank gekrallt, mühte er sich, das Boot gegen die heranrollenden Wellen zu stemmen.
    Pfeifend flog das Ruder durch die Luft, doch Arithon wich dem Angriff geschickt aus, und das Holz schlug heftig auf der Wasseroberfläche auf. Salzwasser spritzte auf und ließ ihn durchnäßt, doch lachend zurück. »Sagt es mir nicht«, keuchte er außer Atem. »Wenn Ihr schwimmen könntet, würdet Ihr einfach über Bord springen. Es ist Aths Segen, daß Ihr es nicht könnt.«
    Jinesse spuckte aus, um sich von dem Salzgeschmack auf ihrer Zunge zu befreien. Sie wischte sich eine feuchte Haarsträhne aus dem Nacken, und ihr finsterer Blick konzentrierte sich einen Augenblick lang ausschließlich auf das salzige Wasser auf ihrer Haut. Dann trieb Arithon das Boot mit festem Griff auf die schaumigen Wellenkronen, und die Furcht entlockte ihrer Kehle einen angstvollen Aufschrei.
    Arithon kämpfte gegen die Wogen an. Geschmeidig, trotz seiner nassen Kleider, und so schlank wie ein Otter, zog er sich über das Dollbord. Diamantene Ströme herabrinnenden Wassers überzogen sein Haar und spritzten bei jeder Bewegung umher, was ihn nicht daran hinderte, das gestohlene Ruder aus dem festen Griff der Witwe zu winden. Während Schreie, die einer wilden Harpyie alle Ehre gemacht hätten, die vormittägliche Stille durchbrachen, trieb er ungerührt seine Entführung voran, und an der Küste versammelten sich Meriors untätige Bürger, die jede Einzelheit des Geschehens verfolgten und so lachten, bis ihnen die Bäuche weh taten.
    »Na, das paßt doch!« erklärte die Wirtin des Gasthauses, die, mitsamt ihrem Besen, von dem Aufruhr auf ihre Terrasse hinausgelockt wurde. »Diese Jinesse war ja schon ungesund sittenstreng, seit die See ihren Mann geholt hat. Und der junge Mann ist für einen Fremden doch recht attraktiv. Seine Nähe bringt vielleicht wieder etwas Farbe in ihr Gesicht. Hoffentlich hört sie bald mit dem Theater auf. Wenn sie so weitermacht, möchte man glauben, ihre armen Zwillinge wären im Garthsee ersoffen!«
    Es fand sich ein freundlicher Nachbar, der bereitwillig das Feuer im Herd der Witwe löschte und ihr verlassenes Haus verschloß. Über Waschtrögen und Brotteigen steigerte sich das Geschwätz der Bewohner Meriors in allerlei Spekulationen hinein. In der Geborgenheit unter südlicher Sonne, war keiner von ihnen sich der Tatsache bewußt, daß der wohlangesehene Besucher durch eine Reihe von Zufällen und Ereignissen mit der bevorstehenden Aufstellung von Armeen verbunden war.
    Der Prophet, dessen Gabe der Vorhersehung sie hätte warnen können, hielt sich selbst mit böser Absicht im Zustand ständigen Vergessens.
    Nachdem er bereits zweimal eine Vision schon im Ansatz

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