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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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»Die Schustersfrau hat es versucht. Hinterher sagte sie, es wäre weit einfacher, eine Auster mit bloßen Händen zu öffnen.«
    Ein wohlklingendes, leises Lachen entrang sich Arithons Kehle. »Ihr wißt, wer ich bin. Ihr habt von den gräßlichen Gerüchten gehört. Da Ihr mich aber niemals verraten habt, ziehe ich es vor zu glauben, daß meine Haltung Euch Anlaß zum Vertrauen gegeben hat.« Ein Fockmastsegel blähte sich leise flüsternd im Wind. Arithon streckte sich, löste ein Tau von der Klampe und, mit einer Kraft, die ihm niemand zugetraut hätte, spannte das Segel so geschickt wie präzise. Die Schaluppe nahm Fahrt auf und schoß unter dem Rauschen der Gischt voran.
    Wie herabfallende Funken glitzerten die aufgewühlten Fluten ihres Kielwassers.
    Unsicher biß sich Jinesse auf die Lippe. Wenn dieser Prinz, der einen zerrissen Faden ihres Schicksals wieder zusammengefügt hatte, auch entschlossen schien, die Dinge nicht weiter voranzutreiben, fehlte es ihr doch an Selbstsicherheit, das Thema ruhen zu lassen. »Nun, da Eure Absicht, mich zu bekehren, erfüllt ist«, drang sie weiter in ihn, »warum wendet Ihr das Schiff dann nicht und segelt wieder zurück?«
    Ihre Worte schienen ihn zu erzürnen; unter dem locker flatternden Hemd versteiften sich seine Schultern. »Es ist Nacht. Alles ist still. Warum verbeißt Ihr Euch wie eine alte Vettel in vage Ahnungen?«
    Nun war es an ihr, Zurückhaltung zu üben. Ihre Kinder waren unter Deck, und all ihre Sicherheit lag in seinen Händen. Doch wenn er kein Verbrecher war, so wollte sie erfahren, warum das Gerede der Händler ihn verunglimpfte.
    Ein Augenblick unduldsamer Stille verging, ehe er mit schroffer Stimme sagte: »Ich habe niemanden getäuscht, aber ich habe in Southshire Geschäftliches zu erledigen. Ein persönliches Versprechen wartet in Innish darauf, eingelöst zu werden.«
    Ein heftiger Windstoß schleuderte die Schaluppe voran. Die herausfordernden Worte, die Jinesse kaum zu äußern wagte, senkten sich gleich einem finsteren Schatten kaum hörbar über die Gischt, die vom Bug emporspritzte. »Warum bringt Ihr mich nicht erst wieder nach Merior zurück.«
    Er hatte sie wohl vernommen. Noch während er mit seiner Arbeit an der Ruderpinne beschäftigt war, erklang schonungslos seine zornige Entgegnung. »Weil ich nicht frei bin, zu tun was mir beliebt, gnädige Frau. Die Zeit sitzt mir begierig auf den Fersen, und die Zukunft bohrt sich wie ein Dorn in mein Gewissen. Eure Furcht vor der Seefahrt ist besänftigt. Eure Kinder sind nun in der Lage, ihre angeborenen Gaben zur Reife zu bringen. Ihr müßt in Southshire nicht an Land gehen.«
    »Und in Innish?«
    Ein trockenes, kummervolles Schluchzen blieb erstickt in seiner Kehle zurück. Mit gezwungener Leichtigkeit, geboren aus seinen schützenden Mauern, die einzureißen er nicht beabsichtigte, sagte er: »Habt Ihr denn nie daran gedacht, daß auch ich einmal Unterstützung brauchen könnte? Was mich in Innish erwartet, ist eine zurückgebliebene Gemahlin und eine erwachsene Tochter, die ihren Vater nie hat kennenlernen dürfen. Ihr Verlust läßt sich mit Mitgefühl nicht mehr lindern. Und als ein Mann, der ohne seine engsten Angehörigen hat aufwachsen müssen, bin ich in keiner günstigen Lage. Die Wege, die das Herz einer Frau einschlagen mag, sind in keiner Karte verzeichnet. Als Gesandter eines Freundes werde ich mich in ein feindlich gesonnenes Heim begeben. Vergebt mir also meine Vermessenheit, eine Fremde um die Freundlichkeit zu bitten, mich zu begleiten.«
    Beschämt wandte Jinesse das Gesicht ab. Doch der Schaden war bereits angerichtet, und die fragile Hülle der Zufriedenheit löste sich in Nichts auf. Ihre Fragen hatten seinen Glauben an ihr Vertrauen zu sehr überlastet, als daß sie noch imstande wäre, das Übel wieder auszuräumen.
    »Ihr wünscht ein baldiges Ende der Reise, gnädige Frau?« stichelte Arithon.
    Ohne Zögern bückte er sich, packte ein Tau und zurrte das Ruder fest. Angespornt zu einem Ausbruch ruheloser Energie, stürzte er auf das Vorderdeck, um das Gespräch, das fortzuführen es ihr so oder so an Mut fehlte, zu beenden. Das Topsegel und der Klüver wurden gesetzt und gnadenlos in den Wind gedreht. Die Talliarthe reagierte. Heftig, ja gewaltsam, ganz entsprechend der Stimmung ihres Meisters, legte sie sich auf die Seite. Dann kehrte Arithon bis auf die Haut durchnäßt zurück, um sich wieder dem Ruder zu widmen. Erbarmungslos trieb er ihren lackierten Bug um drei

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