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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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das Gesicht. »Wenn wir Euren Prinzen finden sollten, dann hat er hoffentlich eine gute Erklärung dafür, den Kurs gewechselt zu haben. Eine Marotte reicht als Ausrede nicht. Die Häfen an der Südküste sind zu lasch, Zölle zu kassieren. Als Schmugglerschiff verschwenden wir unsere Zeit in diesen Gewässern ebenso sinnlos, wie eine Hure, die ihre Brüste einem Leichnam feilbietet.«
    »Verlangt nicht von mir, für meinen Herrn zu sprechen«, sagte Jieret, der viel zu besorgt war, Verständnis aufzubringen. »Seine Hoheit wird vermutlich nicht allzu erfreut über die Neuigkeiten sein, die ich aus dem Norden bringe.«
    »Glaubt nur nicht, Ihr könntet Euch an meiner Schulter ausweinen«, konterte Dhirken. »Tausendmal habe ich mir gewünscht, ich wäre diesem Mann nie begegnet.«
    Vollgepackt mit zotenreißenden, gutgelaunten Matrosen, hielten die Beiboote der Drache über den Wassern, die im Licht der untergehenden Sonne wie geschmolzenes Messing aufleuchteten, auf die Küste zu.
    Herzog Jieret blieb allein an der Reling zurück. Sein Stolz gestattete ihm nicht, sich in die sichere Zuflucht seiner Kabine zurückzuziehen, obschon ihm bewußt war, daß seine schneidige Sprechweise, der Akzent der Clangeborenen, den Städtern allein Grund genug wäre, ihn dem Scharfrichter zu übergeben. Er stützte sich auf das feuchte Holz, doch seine zur Schau getragene kühle Duldsamkeit war nichts weiter als eine Maske, hinter der sich seine wunden Nerven und seine Sorgen verbargen. Wieder einmal wartete er, und seine Finger spielten mit dem federgeschmückten Dolch, der vor sieben Jahren in dem Leichnam eines Kopfjägers gesteckt hatte, welcher für den Mord an Jierets Familie mit dem Tod bestraft worden war. Die Berührung des gewetzten Stahles erinnerte ihn an ein anderes Messer, und er fragte sich, ob Arithon s’Ffalenn das Schnitzmesser noch immer zu treuen Händen hielt, das er ihm zur Erinnerung überlassen hatte.
    Eine frische Brise belebte das Gewässer im Hafen mit lebhaften Wellen. Weiter entfernt, im Flußdelta, blitzte unbeständiges Flackern auf, Reflexionen eines Mühlrades im schwächer werdenden Tageslicht. Ein Kormoran flog vorbei, gefolgt von einem Schwarm kreischender Möwen. Jieret atmete den Hauch von Zimt, der aus der Hütte eines Gewürzhändlers herübertrieb, sah zu, wie sich die südlichen Wasser zwischen den vor Anker liegenden Handelsschiffen erst rot verfärbten, ehe sie sich in eisigem Purpur zeigten. Die Tagesgeschäfte an den Docks gingen ihrem Ende zu, und der Singsang der Stauer wich den Pfiffen, mit denen die Leichterschiffe herbeigerufen wurden. Hunde bellten, und Küstenschwalben segelten im ersterbenden Dämmerschein über die perlmuttfarbenen Türme. Handkarren und Bierrollwagen rumpelten durch die Straßen, begleitet von dem Hufgetrappel der Maultiere, während die Menschen ihre Arbeit beendeten und nach Hause verschwanden, nur um bald darauf in festlicherer Kleidung, reich mit Bändern geschmückt, wieder zu erscheinen. Messingkohlepfannen wurden auf ihren Stützpfosten, jeweils zwölf Spannen voneinander entfernt, entzündet und überzogen die Kais mit regem Funkenflug. Lampen beleuchteten die Balkone der Bordelle, die Decks der Schiffe, die vor der Stadt vor Anker lagen, und ihr Lichtschein kreierte einen Feuertanz strahlender Reflexionen auf dem schwarzen Wasser.
    Die Türme erstrahlten im Schein unzähliger Kerzen, und die Zimbalklänge der Straßenmusikanten hallten durch die Dämmerung. Das Fest der Tagundnachtgleiche des Frühjahres erwies sich zu Innish als verrückte, schwindelerregende Lustbarkeit, umrahmt von unzähligen hellen Lichtern.
    An Bord der unbeleuchteten Drache, nervös wie eine Wildkatze im Käfig, sah er sich doch von Feinden umgeben, lauschte Jieret dem Kreischen der Huren und den tieferen, kehligen Lauten ihrer Freier; dem wilden Gelächter aus den Puppentheatern und den dumpfen Schlägen, die über das Wasser hallten, wenn Boote unter genuschelten Entschuldigungen ihrer trunkenen Führer kollidierten, die bei weitem nicht mehr nüchtern genug waren, sich über Kleinigkeiten wie abgeplatzte Farbe oder verbeulte Ziermetallplatten Gedanken zu machen. Gepeinigt von fernen Erinnerungen an die Freudenfeuer des Frühjahres, die er in seiner Kindheit gesehen hatte, bemühte Jieret sich, nicht darüber nachzudenken, wie dieses Fest hätte zelebriert werden können, würden seine Clanmänner nicht von den Städtern verfolgt und wäre sein Prinz nicht ein Opfer des

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