Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
zurück.
    Unter vollen Segeln schoß der Rumpf der Drache, getrieben von den heftigen Winden, die zu dieser Jahreszeit immer den Süden unsicher machten, über die See. Goldgrün glitt die Küste an ihnen vorbei, und der Wind trug den Geruch von Zitrusfrüchten, vermengt mit den Ausdünstungen frischen Pinienharzes herbei.
    In Shaddorn hatten sich die Handelsschiffer vor den stürmischen Winden in sichere Gewässer zurückgezogen, wo sie nun mit wasserdicht verschlossenen Luken vor Anker lagen wie gekochte, gesalzene Krabben in einer Tonne.
    »Verdammte Handelskapitäne!« Erzürnt und überdies von einem Regenschauer bis auf die Haut durchnäßt, schälte sich Dhirken in der Finsternis unter Deck aus ihrem Ölzeug. »Dumm bis zu den Zehennägeln. Meine Drache geht um eines ehrbaren Geschäftes willen vor Anker. Aber seht sie Euch nur an! Kauern sich zusammen wie Schafe vor dem heißen Atem eines echten Drachen.«
    Sie unterbrach ihre Tirade gerade lange genug, sich von ihrem Smutje eine Schale Suppe geben zu lassen. »Sie haben keine Karten, sagen sie.« Brühe schwappte über den Rand, als sie ihre Worte mit einer rüden Geste unterstrich. »Alles nur reine Bosheit. Nur weil ich ihre elenden Kähne in den Häfen der Eltairbucht ausgestochen und ihre Preise unterboten habe, pflegen sie jetzt ihren nutzlosen Groll und legen uns Steine in den Weg, wo sie nur können.«
    Tage gingen dahin, während derer die Drache mit eingeholten Segeln nur langsame Fahrt machte. Zwei Männer hielten Ausschau. Einer gab die Landmarken an, der andere suchte die See nach Untiefen und Korallenriffen ab, um zu verhindern, daß das Schiff auf Grund lief. Solchermaßen gezwungen, jede Nacht bei Anbruch der Dunkelheit vor Anker zu gehen, stolzierte Dhirken wie ein gereizter Panther über das Achterdeck ihrer Brigg, während Jieret das tropische Klima verfluchte, das sein Leder modern ließ und Rostflecken auf Dolch und Schwert verursachte. Wohlweislich schob er jegliche Gedanken an seine Männer von sich. Inzwischen mußten die Neuigkeiten aus Jaelot Etarra erreicht haben; in diesen verlorenen Monaten, die er damit zugebracht hatte, Arithon zu finden, braute sich vermutlich eine Sturmfront bevorstehender Schlachten zusammen.
    Wenigstens das Wetter zeigte sich gnädig. Gemäßigte Winde begleiteten sie auf ihrer Reise, während die Drache die Küste hinab gen Southshire fuhr. Eingebettet zwischen Bergland und den von Eichen bewachsenen Hügeln des Selkwaldes ragten die Schindeldächer der Hafenstadt aus dem Rauch hervor, der von den Öfen aufstieg, auf denen Harze erhitzt wurden, um Terpentinöl zu gewinnen. Eine Münze, die sie einem Leichterschiffer zuwarf, brachte Dhirken die Gewißheit: in dem Durcheinander der Hafenstraßenmärkte ging auch ein Kartenmacher seinen Geschäften nach. Ausgestattet mit einem unbedeutenden Arsenal verschiedener Dolche, zusätzlich zu ihrem unvermeidlichen Entermesser, ruderte Dhirken allein an Land. Während ihre Männer grummelnd auf Deck damit beschäftigt waren, die Segel zu flicken, spazierte sie durch die Stadt.
    Auf der Hauptstraße herrschte dichtes Gedränge. Kürbisverkäufer, schwer beladen mit Körben und Stangen, an denen sie ihre Ware feilboten, huschten zwischen rumpelnden Rollwagen aus den Steinbrüchen von Elssine hin und her, zwischen Maultieren, vollgepackt mit Seidenballen aus Atchaz und Seeschneckenschalen aus Telzen für die Möbeltischler. Hobelspäne verstopften die Abwasserrinnen nahe den Schiffsbauwerften, auf denen halbfertige Rümpfe diverser Galeeren gleich Skeletten in ordentlichen Reihen aufgebahrt lagen. Dhirken schlenderte unter den im Wind flatternden Markisen durch die Straßen und Gassen des der Küste zugewandten Geschäftsviertels mit seinen Glasbläsern, den Schlangengiftverkäufern, den duftenden Kisten mit Zitrusfrüchten und Ständen, von denen der strenge Geruch herben Käses aufstieg, und vorbei an den in Roben gehüllten Männern aus Sanpashir, die flinke Ziegen durch die Straßen trieben.
    Mit den Ellbogen drängte sich Dhirken durch ein Rudel bettelnder Kinder, um den Laden des Kartenmachers zu erreichen. Dort angekommen, stürmte sie hinein und fand sich einem gnomenhaften alten Mann gegenüber, der inmitten unzähliger Federn und farbiger Tintenfässer thronte.
    Seine feuchten Augen betrachteten sie mit der typischen Neugier eines Gelehrten. Dann durchbrach ein fröhliches Lächeln seinen herabhängenden Bart. »Ich nehme an, Ihr seid gekommen, Karten von der

Weitere Kostenlose Bücher