Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
Eingefangen von dem sicheren, wissenden Blick seines Herrschers, blieb ihm nichts, als aufzugeben, doch mit einem Schaudern, das ihm so sehr durch Mark und Bein ging wie das Kreischen gekreuzter Klingen. »Ja, es gibt noch mehr, Euer Hoheit. Herzog Bransian s’Brydion zu Alestron würde seine Staatsfinanzen plündern, nur um des Kopfes jenes Zauberers habhaft zu werden, der seine Waffenkammer in Trümmer gelegt hat. Die Beschreibung auf dem Befehl zur Gefangennahme jenes Mannes paßt so unverkennbar auf Eure Person, daß Lysaer sich die Umstände zunutze machen und noch mehr bewaffnete Unterstützung erbitten kann.«
»Und Alestron ist im Notfall imstande, ein Heer von fünfzehntausend Mann aufzustellen«, spann Arithon den Gedanken wenig erfreut weiter. Die mit Perlen besetzten silbernen Enden seiner Stulpenbänder blitzten auf, als er nervös die Hände bewegte. Dann plötzlich, als hätte Magie sie gebannt, waren sie wieder vollkommen reglos. »Es ist kein Geheimnis, daß s’Brydions Gold genug Söldner ernährt hat, um den größten Teil Osthalles wieder zu bevölkern.«
Hüstelnd unterdrückte Jieret ein Grinsen, das sich trotz seiner wunden Nerven nicht ganz verhindern ließ. »Ich hätte mir eigentlich denken können, daß Ihr etwas mit dieser Geschichte zu tun habt.« So intuitiv und unerschrocken wie seine Mutter, stellte er nun die Geduld seines Herrschers auf die Probe. »Zweifellos werdet Ihr Eure königlichen Gründe gehabt haben. Aber die s’Brydions sind Clanblütige. Ein schlauer Prinz in Eurer Lage hätte sich ihnen als möglichen Verbündeten nähern sollen.«
»Ich verzichte auf Verbündete«, schoß Arithon zurück. »Dieses Mal wird sich kein Clangefolge hinter mich stellen, um sein Leben in meinem Namen zu verlieren. Ich brauche Schiffe und zwei Jahre Zeit, sie zu bauen.«
»Eure Feinde werden wohl kaum darauf warten, daß Ihr fertig werdet.« Neugierig wider besseren Wissens, wog Dhirken das Kräfteverhältnis dieses messerscharfen Wechselspieles ab. »Ich habe das Gerede in den Häfen vernommen, und Ihr dürft mir glauben, daß der Name s’Ffalenn den Menschen ein Greuel ist.«
Arithons Kopf ruckte herum. Seine Augenbrauen, so oder so schon zu einem Ausdruck säuerlichen Erstaunens hochgezogen, wanderten plötzlich mit giftigem Vergnügen noch weiter nach oben. »Was denkt Ihr Euch eigentlich? Glaubt Ihr, ich hätte seit Jaelot nichts Besseres zu tun gehabt, als für ein paar Münzen in Tavernen zu spielen? Ihr selbst habt mir doch die Fracht hergebracht, die Maenalle von Tysan mir geschickt hat, diese berühmte Armee auszuhungern. So laßt mich nun erzählen, wie ich vorzugehen gedenke.«
Mit gemessenen Worten begann der Herr der Schatten zu sprechen. Lange, bevor er am Ende war, war Jierets mühevolle Anspannung faszinierter Aufmerksamkeit gewichen. Er fragte nicht einmal, was aus dem Siegelring mit dem Banner Rathains geworden war, der nicht länger den Finger des Teir’s’Ffalenn schmückte. Kapitän Dhirken schien ihrerseits unfähig zu sein, ihren Blick von den geschickten Musikerhänden abzuwenden, die gefaltet und reglos auf ihrem Kartentisch lagen. Eiseskälte machte sich in ihrem Magen breit, als sie daran dachte, daß sie es gewagt hatte, diesen Mann zu mißhandeln und in Ketten zu legen wie irgendeinen gemeinen Schurken.
Sein Geist arbeitete sich durch unzählige Lagen subtiler Planung, die so feinsinnig erdacht waren, daß Dhirken erschauerte. Während seiner Reisen hatte Arithon sein Königreich durchquert. Was er gesehen hatte, daran erinnerte er sich nun, und er fügte all sein Wissen zusammen, um es einer schonungslosen Analyse zu unterziehen. Er hatte jede Straßenbiegung Rathains studiert, die er mit Hallirons Ponywagen passiert hatte. Ihm war jedes Loch bekannt, das geeignet war, eine Armee in einen Hinterhalt zu lotsen, jede Hügelkuppe, die als Aussichtspunkt für einen Kundschafter dienen konnte. Er kannte all seine Städte; hatte alles gelesen, wußte um ihre Statthalter, den Rat und die Gildehäuser, und nun brachte er ihre Stärken und Schwächen mit gerade ein oder zwei präzisen Sätzen auf den Punkt. Daß seine Ader für Subversion und Strategie zum Untergang der Armeen Etarras im Strakewald geführt hatte, stand nach diesem Vortrag für Dhirken vollkommen außer Zweifel. Zu beurteilen, ob, wie Lysaer hartnäckig behauptete, der Herr der Schatten gejagt und getötet werden mußte, mangelte es ihr an moralischer Sicherheit. Doch all die weinerlichen,
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