Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
Qualen lindern, kein Wort ihn aufhalten. Sanft entzog er sich ihr und ging davon.
Als Talith sich endlich weit genug von ihrem Elend erholt hatte, seinem Bedürfnis nach einem Lächeln zu begegnen, da fiel bronzener Sonnenschein durch das Fenster herein, doch ihr Prinz hatte schon längst seine Jäger herbeigerufen und sich auf den Weg gemacht.
Die Suche nach dem königlichen Keiler führte landeinwärts durch die Berge, die sich in ihr junges Frühlingsgewand gehüllt hatten. Die kühlen Schatten, die noch immer in den Tälern ruhten, wichen nur langsam den ersten wärmenden Sonnenstrahlen. Lysaer wurde von drei Soldaten und seinem persönlichen Diener begleitet. Das einzige Zeichen seiner Königswürde, Stern und Krone, die in seine Satteldecke eingearbeitet waren, reflektierte unstet das Licht. Die Jagdhunde liefen an ledernen Riemen, und kein Putz zierte das Zaumzeug seines Pferdes.
Der polierte Speer aus Eschenholz war frei von Bändern und Intarsien, und die scharfe Spitze fraß sich während des Ritts gleich einer Flamme versilberten Stahls, umwölkt von gelben Schwaden aufgewirbelter Pollen, in das Laub der Bäume.
Jenseits der dicht wachsenden Efeuranken, die sich wie ein Netz über den Rand der Marschlandschaft zogen, entdeckten die Jäger eine frische Keilerspur. Dort, wo die Kreatur ihre eigene Kraft erprobt hatte, war die schwarze, morastige Erde aufgewühlt und zertrampelt. Nun nahmen die Hunde die Fährte auf. Gleich einem lebhaften Knäuel schwarzer und brauner Leiber stürzten sie bellend den Hang hinab, während unter ihren Pfoten herum die Farne peitschend zurückschlugen.
Der Prinz von Tysan gab seinem Roß die Sporen. Sein Schopf glänzte in der Sonne wie gesponnener Flachs, und seine Hände, die in schlichten Handschuhen steckten, lagen lässig auf den Zügeln. Feurig und nervös donnerte sein heißblütiges Pferd durch Sträucher und Gebüsch und löste einen geflügelten Sturm aufgeschreckter Finken aus.
»Sollen uns doch die Dämonen holen!« grollte der sonst eher schweigsame Hauptmann, als die königliche Eskorte sich anschickte, ihrem Gebieter zu folgen. »Eure Weiber nähen hoffentlich gern, denn hier werden wir unsere guten Kleider in Stücke reißen.«
Mit ursprünglicher Wildheit jagten die Hunde unter lautem Gebell durch das Unterholz. Gekleidet in eine schlichte, kreuzweise verschnürte Strumpfhose und eine Lederjacke, stieß der Jagdleiter ins Horn, um seine Leute anzutreiben, während die Reiter sich unter Zweigen hinwegduckten und durch Pfützen hetzten, in denen sich der Himmel spiegelte.
Schon im Verlauf dieses ersten, irrsinnigen Galopps verloren die Männer ihren Prinzen aus den Augen.
Gleich zu Beginn der Jagd waren die Jäger getrennt worden, und sogleich begann die Suche nach dem verlorenen Mann. Avenors Oberjäger erwies sich als erfahrener Fährtensucher. Innerhalb von nur einer Stunde hatte er des Prinzen Pferd gefunden, das knietief in Wiesengras und Eibisch versank und sich an den jungen Pflanzen gütlich tat. Abgerissene Blätter hingen an seinem Sattel und beide Steigbügel hingen locker herab. Der Speer war aus seinem Köcher verschwunden, und die Zügel hingen auf den Boden herab, doch waren sie weder gerissen noch ausgehakt.
Von Lysaer s’Ilessid fanden die Männer nicht die kleinste Spur.
Während die Hunde aufgeregt schnüffelten, sodann frustriert jaulten, nur um sich gleich darauf auf die Bäuche niederzulassen und am Boden zu rekeln, kräuselte der alte Jäger mit dem wettergegerbten Gesicht die Lippen, während er unsicher mit seiner Lederpeitsche spielte. »Ich sehe keine Anzeichen für einen Unfall. Wenn Ihr meine Meinung hören wollt, so laßt ab und geht wieder nach Hause. Seine Hoheit möchte allein sein.«
»Willst du das Risiko auf dich nehmen?« Der stämmige Hauptmann wischte sich das Laub von den Schenkeln und zog die Lederriemen seiner Handschuhe nach. »All unsere Hoffnung für die Zukunft ruht auf seiner Hoheit, und der Feind weiß das. Wir könnten es mit einer Falle der Barbaren zu tun haben.« Er wies des Prinzen persönlichen Diener an, zurückzureiten und Major Pesquil auszurichten, er möge mit seinen Männern herbeieilen, um eine organisierte Suche durchzuführen.
»Das ist Zeitverschwendung.« Zu lakonisch, sich wegen der Zweifel an seiner Kompetenz zu grämen, strich der Jäger sein strähniges Haar zurück und schnipste mit den Fingern, um eine knurrend vorgetragene Streiterei unter den Hunden zu beenden. »Ich würde
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