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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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jedoch waren sauber und die Pflastersteine am Boden frei von Schmutz und Unrat. Durstig, mit wunden Füßen und beschleunigtem Herzschlag, trat Lysaer näher, um zu klopfen.
    Die Tür gab nach, kaum daß er sie berührt hatte. Aus der Finsternis, die nur vom Schein einer einzelnen, unruhig flackernden Kerze durchdrungen wurde, erklang eine krächzende Stimme, die ihn hereinbat. Den Speer, der zu sperrig war, ihn mit hineinzunehmen, ließ er draußen am Türrahmen zurück. Der hastige Atemzug, mit dem er seine Nerven zu beruhigen suchte, füllte seine Lungen mit den staubigen Ausdünstungen von Talg und ungewaschener Wolle, hinter denen sich der Geruch weit unangenehmerer Dinge wie schaler Asche und Insekten, die sich in Spinnweben verfangen hatten, wie von Rost und getrocknetem Blut verbarg. Eine Gänsehaut kroch über seinen Nacken, als die Bodenbretter unter seinem Gewicht laut zu knarren begannen.
    Etwas bewegte sich in der Finsternis jenseits der Kerze. »Du bist nicht gekommen, ein Tier zu erlegen, Sohn der s’Ahelas.«
    Erschrocken, den Namen seiner Familie mütterlicherseits zu vernehmen, wich Lysaer in dem vergeblichen Versuch, dem Kerzenschein zu entgehen, zur Seite. Von einem Eisengegenstand in Kniehöhe aufgehalten, ahnte er die Kräuterbündel und die Haken mit farbloser Wolle, die an den Sparren hingen, mehr, als er sie sah. »Ich kam, Rat zu erbitten.«
    Beißend korrigierte die Stimme: »Du bist gekommen, mich nach der Zuflucht deines Halbbruders, Arithon, zu fragen, den zu töten deine Absicht ist.« Kaum mehr als eine Silhouette im Flammenschein, hob sich eine verhutzelte Hand im Dunkeln. Unsichtbar wurde ein Pedal getreten, und ein Spinnrad setzte sich urplötzlich in Bewegung und wirbelte die Luft im Raum durcheinander.
    Schweißgebadet erkannte Lysaer endlich die Umrisse der Zauberin. Wie ein zerzauster Schemen saß die Frau mit ihren plumpen Kleidern und den Haaren, die an gesponnenes Glas, vermengt mit Spinnfäden erinnerten, in der Dunkelheit. Tief in den Höhlen liegende Augen blickten ihm wie aus einem Totenschädel entgegen. Ihre rissigen Lippen sahen aus, als wären sie zusammengenäht, so wie es die Ärmsten der Armen zu tun pflegten, wollten sie einen Verstorbenen für sein Begräbnis herrichten.
    Lysaer nahm all seinen Mut zusammen, um mit den unsäglichen Verhandlungen zu beginnen. »Duldet der Orden von Koriathain den rücksichtslosen und leichtfertigen Gebrauch magischer Fertigkeiten? Mauern und Gebäude in Jaelot wurden Stein für Stein zerlegt, und keinem der Geschädigten ist Gerechtigkeit zuteil geworden.«
    Das Spinnrad drehte sich nun in einem gleichmäßigen Rhythmus. »Du sprichst von einem Ereignis, das sich an einer Küste, weit jenseits der Grenzen Tysans, wie die Charta sie festschreibt, zugetragen hat.« Stoff raschelte. Dann ein Schaben trockener Wolle, und schon entwand die Alte mit ihren wächsernen, dürren Fingern dem Spinnrad einen Faden.
    »Der Herrscher über Rathain hat dieses Unglück herbeigeführt.« So gelassen wie möglich fuhr Lysaer unter dem fragenden Blick der Alten fort: »Gestatten die Mächtigen Atheras, daß ein Prinz eben jene Städte vernichtet, die unter seinem hochherrschaftlichen Schutz stehen müßten?«
    Die Vettel reckte das Kinn vor. »Ist das der Grund, warum du dir anmaßt, das Leben eines Mannes aus dem Schicksalsrad des Daelion zu stoßen?«
    Durchbohrt von Blicken gleich funkensprühendem Feuerstein, von oben bis unten einschließlich des bebenden Goldschopfes bis ins Detail gemustert, zwang Lysaer sich, einen kühnen Schritt nach vorn zu wagen. »Ich würde die Schwachen und Unschuldigen vor jedem Manne schützen, der ihnen durch den Mißbrauch großer Magie Schaden zufügen will.«
    Ächzend, doch gleichmäßig rotierte das Spinnrad, und die Schatten der Speichen flackerten über einen Brettertisch, eine lederbezogene Truhe und einen Korb aus Weidengeflecht in einer Ecke des Raumes. »Wenn ich dir die Weissagung gewähre, nach der es dich verlangt, so wirst du den Frieden brechen. Unser Glaubensbekenntnis als Zauberinnen von Koriathain kann niemals einen blutigen Krieg befürworten.«
    Lysaer trat vor, seine Chancen zu wahren. »Ich bin nicht mit leeren Händen gekommen.«
    »Bestechung? Wie vermessen bist du, anzunehmen, du könntest irgendeine Schwester meines Ordens mit weltlichen Gütern ins Wanken bringen?« Ein heiseres, krächzendes Gelächter entrang sich der Kehle der Alten. »Prinz, du verschwendest nur deine Zeit. Nimm

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