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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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deinen Speer und geh deinen Keiler erlegen. So wirst du auf ungefährlichere Art weit mehr erreichen.«
    Mißbilligend verschränkte Lysaer seine Hände und sagte: »Ich schenke den Bittstellern an meinem Hof mehr Gehör.«
    Eine runzelige Hand hielt abrupt das Spinnrad an. »Würden diese Bittsteller ebenfalls einen Preis auf den Kopf ihres eigenen Halbbruders aussetzen?«
    »Haltet Ihr denn eine verwandtschaftliche Bindung für wichtiger als die Rechtsansprüche eines ganzen Königreiches?« In der Finsternis, der abgestandenen Luft, dem ranzigen Talggeruch, fühlte Lysaer den prüfenden Blick der Zauberin wie ein unterschwelliger Druck auf seinen Knochen. Eisern bis ins Herz, jeder Atemzug geprägt von königlicher Würde, unterdrückte Lysaer den Schmerz der Kränkung darüber, daß diese Zauberin es wagte, seine moralische Integrität in Frage zu stellen oder Zweifel an seiner Befähigung zu hegen, angemessene Schritte zu ergreifen, eine bedrohte Gesellschaft zu schützen. »Mit Rücksicht auf die Barmherzigkeit bitte ich indes um Eure Hilfe, um in einem wohlbemessenen Schlag das Übel auszubrennen. Wer sonst ist geeignet, sich dem Bösen entgegenzustellen? Oder soll die ganze Zivilisation dem Leiden überantwortet werden? Sollen die Menschen untergehen, nur um einer Sentimentalität willen, deren Ursprung in einer zufälligen Begebenheit verankert ist, in einer unglückseligen verwandtschaftlichen Bindung? Beschützen wir denn auch ohne Ansehen der Herkunft ein einzelnes Leben, um im gleichen Zug den Frevel eines Massenmordes zu unterstützen? Sagt mir ehrlich Eure Meinung: Kann die Kluft zwischen den Städtern und den Clanblütigen je wieder zusammenwachsen, solange der Prinz von Rathain am Leben ist?«
    Erneut quietschte das Pedal, und das Spinnrad nahm seine Kreisbewegung wieder auf. »Du glaubst also, der Ältestenkreis der Korianizauberinnen sei nachlässig. Morriel, unsere Oberin, hat bereits über Arithon s’Ffalenn entschieden.« Wollflusen lösten sich aus dem Griff der Alten und schwebten durch den kleinen Lichtkegel der Kerzenflamme. »Du irrst dich in uns. Wir sind nicht wie die Bruderschaftszauberer und verschließen unsere Augen vor den Vorgängen dieser Welt. Soviel kann ich dir verraten, Prinz von Tysan: Du sollst nicht beeinträchtigt werden. Solltest du deinen Feind finden und stellen können, so möge der Stärkere gewinnen.«
    »Ihr wollt mich ungehört fortschicken«, schrie Lysaer erbost.
    Eine kaum wahrnehmbare Bewegung, Fusseln in der Zugluft, dann ein schlangenartiges Zischen, das durch die Finsternis peitschte.
    »Wie kannst du es wagen!«
    Doch eine Erkenntnis blieb gewiß: Die Korianioberin wußte bereits, wo Arithon sich aufhielt.
    Lysaer stellte sich gefaßt und stolz ihrem Zorn. »Bevor der Nebelgeist Athera überfallen hat, hat Euer Orden seine Zeit nicht darauf verschwendet, Kranke zu pflegen. Damals hatten die Korianizauberinnen es nicht nötig, mit unbedeutenden Talismanen gegen die Iyats hausieren zu gehen und Kräuterhexen zu Geburten und krankem Vieh zu entsenden. Man sagt, es gab eine Zeit, in der die Magie der Korianizauberinnen allein ausgereicht hat, um die Wunden der Sterblichen zu heilen. Damals wurden die jungen Anwärterinnen nicht in den Waisenhäusern gesucht, sondern ihre Eltern haben sie zu Euch geschickt, damit ihre Gaben nicht ohne die rechte Lehre verkümmern. Wie steht es mit Eurer Hoffnung, diese verlorene Macht zurückzugewinnen? Will sich Eure Schwesternschaft auch weiterhin damit begnügen, im Schatten der Ereignisse zu verweilen? Als ein Prinz, der geschworen hat, die Risse im Land zu flicken und den üblen Haß zu beenden, denke ich, daß die Ziele Eurer Oberin im Grunde nicht so sehr von den meinen abweichen.«
    Der Blick der alten Vettel, scharf genug, um ihm die Schamesröte ins Gesicht zu treiben, schien ihn nun verzehren zu wollen. Angetrieben von seinem eigenen, beschleunigten Herzschlag, schloß Lysaer nun mit bissigem Ton: »Ich bitte Euch, zu verstehen, daß dieser Austausch mehr als nur ein billiger Handel ist. Er dient der Wiederherstellung eines moralischen Gleichgewichtes. Einst besuchte ich den Althainturm. Sethvirs Lagerräume bergen Schätze, die möglicherweise ans Tageslicht gebracht werden sollten.«
    »Du spielst ein Spiel, das du nicht beherrschst, Prinz!« Doch die Zauberin ließ von ihrem Spinnrad ab. Das Rad wurde langsamer. Aus der Spannung erlöst, flatterte das Garn wild durch die Luft, da die Zauberin sich nun voll und ganz

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